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Beschluss für Graben um ReichstagsgebäudeBundestag wird verklagt

Das Transparenzportal „Frag den Staat“ verklagt das Parlament, weil es den Beschluss zum geplanten Graben vor dem Reichstagsgebäude nicht herausrückt.

Der Graben soll an der Westseite, also vor dem Platz der Republik, verlaufen Foto: Joachim Herrmann/reuters

Er hat ja zuletzt für viel Aufsehen gesorgt, der Graben, der vor dem Reichstag ausgehoben werden soll. Als Ende August bei einer Anti-Corona-Demo Rechtsextreme die Treppe des Reichstags erklommen haben, kam er wieder ins Gespräch und wurde vor allem verlacht. Ob darin dann auch Krokodile schwimmen würden, witzelten einige bei Twitter.

Arne Semsrott von der Open Knowledge Foundation will ganz genau wissen, wie der Graben aussehen soll und hat mit dem Transparenzportal „Frag den Staat“ das Parlament verklagt. Semsrott möchte den Beschluss sehen, den die zuständige Kommission des Ältestenrats zur Errichtung des Grabens verabschiedet hat. Der Beschluss ist von Mitte 2018 – und gesehen hat ihn scheinbar noch niemand. Außer natürlich die Mitglieder des Ältestenrats, also der Bundestagspräsident, seine Stellvertreter*innen und 23 weitere Abgeordnete.

Semsrott will sich nicht auf das verlassen, was der Bundestag preisgibt: dass der Graben an der Westseite, also vor dem Platz der Republik, in 60 Meter Abstand zur Fassade verlaufen, 2,50 Meter tief und zehn Meter breit sein soll. Dass er an der Nord- und Südseite des Gebäudes durch einen Zaun ergänzt werden soll. „Die sagen das, aber wir wissen ja nicht, ob es stimmt oder ob in dem Beschluss noch etwas anderes drinsteht“, sagt Semsrott. Er würde das einfach gerne kon­trollieren.

Deswegen hat er auch schon im Juli 2019 um den Beschluss gebeten – schriftlich, mit der Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz, welches einen Zugang zu amtlichen Informationen aus Behörden des Bundes garantiert. Nicht beim Ältestenrat, sagt ein Sprecher des Bundestags; „der parlamentarische Bereich fällt nicht unter den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes.“ Laut „Frag den Staat“ verweist die Verwaltung zudem auf das freie Mandat der Abgeordneten. Das sei gefährdet, wenn der Beschluss offen gelegt würde, so die Befürchtung.

Der Bundestag sei lediglich auskunftspflichtig, wenn er „öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt“. Das tue der Ältestenrat aber zum Beispiel mit dem Bauvorhaben, sagt dagegen Semsrott. Der Rat ist das höchste Gremium der Parlamentsverwaltung und falle damit unter das Gesetz. Er möchte mit seiner Klage eine Grundsatzfrage klären: ob der Ältestenrat all seine Beschlüsse, nicht nur jene um den Burggraben, offenlegen muss.

Die Verwaltung scheint von so viel eingeforderter Kon­trolle verunsichert zu sein: Ihre Anwälte, heißt es bei „Frag den Staat“, hätten ihnen angeboten, „die Kosten der Klage zu übernehmen, wenn wir die Klage zurücknehmen“.

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9 Kommentare

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  • Die "Volksvertretung" gibt nicht Auskunft? Da liegt wohl ein Missverständnis vor. In Baden-Württemberg ist die IHK, eine öffentliche Selbstverwaltungsorganisation vom LIFG ausgenommen. Auch ein Missverständnis, das dringend behoben werden muss!

  • gibt es eigetlich noch jemanden, der sich am Namen "Reichs"tag stört. Ich finde das ist einer Demokratie und erst recht nicht einer Bundesrepublik weder würdig noch passend.

    Eigentlich stört mich schon das historische Gebäude an sich, es verkörpert eine Herrschaftsimmobilie.



    Wenn dann noch ein Burggraben drumherum kommt, wird es noch unpassender.

    Erinnert mich im übrigen alles an Trump und das weiße Haus.

  • "... dass der Graben an der Westseite, also vor dem Platz der Republik, in 60 Meter Abstand zur Fassade verlaufen, 2,50 Meter tief und zehn Meter breit sein soll. Dass er an der Nord- und Südseite des Gebäudes durch einen Zaun ergänzt werden soll."

    Soll das ein 'Aprilscherz' sein oder haben unsere "Volksvertreter" so etwas tatsächlich vor?

    • @Ricky-13:

      Sach mal so - “…es geht alles vorüber



      Es geht alles vorbei - auf jeden September - folgt immer ein Mai.“



      Lale laß gehn is recht mirisscho schlecht



      m.youtube.com/watch?v=B17H7E4Bsb0

      • @Lowandorder:

        'Scherz' wäre wohl treffender gewesen als 'Aprilscherz', obwohl man nicht weiß, ob der Bundestag sich diese "Idiotie" - anders kann man es ja nicht mehr nennen - nicht vielleicht doch am 1. April ausgedacht hat.

        In Wikipedia steht folgendes: "Als Aprilscherz bezeichnet man den Brauch, seine Mitmenschen am 1. April durch erfundene oder verfälschte, meist spektakuläre oder fantastische Geschichten, Erzählungen oder Informationen in die Irre zu führen und so „zum Narren zu halten".

        Wie ich unsere "Volkvertreter" aber kenne, werden die das wohl mit dem Graben tatsächlich ernst meinen, sonst würde "Frag den Staat" nicht sogar mit Anwälten eine Auskunftspflicht verlangen. Tja, der 'große Graben' zwischen dem Volk und seinen "Vertretern" besteht ja schon lange, da ist es also nur normal, den "Graben" jetzt auch mit Baggern in die Realität umzusetzen.

  • Ich das geil!

    Jetzt wird der Graben zwischen den Politikern und dem Volk auch tatsächlich baulich umgesetzt.



    W-U-N-D-E-R-B-A-R

    • @Bolzkopf:

      Klar - Volkers 👄 - tut Wahrheit kund -

      “Der Stein - bestimmt das Bewußtsein!“



      & Däh!



      Des kann auch gernmal ein Graben sein.

  • Niemand hat eineAbsicht, eine Mauer zu bauen....

    Das wäre das Ende der Demokratie, wenn sich "Volksvertreter" vor dem Volk durch Schutzwälle schützen müssen.

    • @Rolf B.:

      Zitier mal

      “ Ben Akiba - Nichts neues unter der Sonne

      &

      Zitier gern einen ganz unverdächtigen:

      Papa Heußner - Berichterstatter - in KA

      “Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung“ -



      & Däh! -



      “ Überliefert ist von ihm die Anekdote, dass er Vorschläge, das Gebäude des Bundesverfassungsgerichts nach dem Deutschen Herbst mit einem Wassergraben gegen terroristische Anschläge zu schützen, mit den Worten „Aber dann auch mit Krokodilen.“ lächerlich machte.[7] “



      kurz - Das wärs doch.



      unterm———-

      de.wikipedia.org/w...rmann_Heu%C3%9Fner



      Hoffe - Er macht erneut Schule.

      (Daß die gesamte Exekutive noch heute über diese bahnbrechende Entscheidung - Schaum vorm Mund hat & noch vor Wut in jede Tischkante beißt

      Läßt leider nichts Gutes ahnen!) - 👹 - “

      Sumpf mit Bachblüten - Heiko Werning -



      taz.de/Plan-fuer-G...eichstag/!5706799/

      kurz - Wünsche alles schlechte - 👹 -