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Berliner Senat debattiert LockerungenMüller drängt auf Gemeinsamkeit

Vor dem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin mahnt Berlins Regierungschef seine Chef-Kollegen.

Regierungschef Müller mit weißem Mundschutz in den Händen – er hätte lieber einen gemusterten Foto: dpa

Regierungschef Michael Müller (SPD) hat am Dienstag vor immer neuen Lockerungsideen mehrerer Bundesländer in der Coronakrise gewarnt. „Ich sehe mit Sorge, was sich gerade bundesweit entwickelt“, sagte er am Dienstag nach der Sitzung des rot-rot-grünen Senats. Mit Blick auf die für Mittwoch angesetzte erneute Beratung der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin mahnte Müller seine Kollegen, den gemeinsamen Weg nicht zu verlassen – „in der Zielsetzung waren wir uns immer einig.“ Unabhängig davon beschloss der Senat eine 1.000-Euro-Prämie für rund 25.000 Corona-Helden im Landesdienst.

Müller wirkte gar nicht so sorgenvoll, als er nach einer vierstündigen Senatssitzung vor die wartenden Journalisten trat. Mit echtem oder gespieltem Neid guckte er auf den grün-braun gemusterten Mundschutz, den neben ihm Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) hervor holte. „Er hat den schöneren – wann krieg ich auch so was?“, fragte Müller, der selbst nur einen standardmäßigen weißen vorweisen kann. „Vielleicht übermorgen“, verspricht Kollatz. Keiner von beiden trug allerdings während der Pressekonferenz einen Mundschutz, egal ob gemustert oder weiß – man saß auch eineinhalb Meter auseinander.

Übermorgen, am Donnerstag, will der Senat möglicherweise in einer weiteren Sondersitzung zusammen kommen – schon am Mittwoch nach der Videokonferenz der Ministerpräsidenten ist es ein erstes zusätzliches Treffen an gesetzt. Müller wollte nicht so verstanden werden, als lehne er Rücksichtnahme auf regionale Besonderheiten ab. Aber vergangene Woche habe man sich im Kreis der Länderchefs verabredet, bis zum nächsten Treffen nichts zu verändern – stattdessen kündigten keine 48 Stunden später die ersten seiner Kollegen weitreichende Lockerungen an.

„Es ist tatsächlich so, dass wir Lockerungen zulassen können“, sagt Müller. Aber ein Stück Normalität zurück zu gewinnen, bedeute nicht, dass es keine Gefahr mehr gebe: „Wir werden mit Regeln weiter leben müssen, und ich glaube, sehr lang.“

Gastro-Lockerungen nächste Woche

Lockerungen in der Gastronomie hält der Regierungschef „im Laufe der nächsten Woche“ für möglich, ohne sich auf einen Tag festlegen zu wollen, „das muss nicht der 11., das muss nicht der 15. sein.“ Müller setzt dabei weiter auf ein bundesweit einheitliches Vorgehen – „ich habe immer noch Hoffnung, dass wir am Mittwoch Dinge miteinander verabreden können.“ Falls es nicht zu einer bundesweiten Verständigung komme, hat der Senat laut Müller einen eigenen Plan in Reserve. Fest steht aus seiner Sicht, dass bundesweit unabhängig von Größe und Branche alle Einkaufsgeschäfte wieder öffnen werden können.

Die im Senat beschlossene 1.000-Euro-Prämie für jene, die sich gerade zu Beginn der Krise im März besonders engagierten, geht allein an Landesbedienstete – etwa Polizisten, Rettungskräfte, Klinikpersonal. Damit beispielsweise auch die Krankenschwester in einer nicht-staatlichen Klinik eine Anerkennung in dieser Form bekommt, drängte Müller private Arbeitgeber zum Nachziehen: „Wir erwarten, dass sie ähnliche Überlegungen anstellen.“

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2 Kommentare

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  • "Drosten beunruhigt über Schüler-Studie 'Wenn das in Schulen passiert, dann darf man Schulen nicht öffnen'

    In Frankreich hatten sich in einem Gymnasium rund 40 Prozent der Schüler mit dem Coronavirus angesteckt. Das ergab eine Studie mit Antikörpertests. "

    www.tagesspiegel.d...fnen/25805780.html

  • Der Berliner Senat eierte schon bei den Einführungen von Maßnahmen herum und hinkte hinterher, z. B. Tragen von Masken, und der Berliner Senat hinkt bei den Lockerungen hinterher. Den Ruf nach Gemeinsamkeiten verstehe ich, aber wir leben eben in einem föderalen System. Und jetzt gehen die Minister auf Stimmenfang, indem sie um die Wette lockern und die Wähler von den Corpna-Zwängen befreien.