Berliner Klima-Sondervermögen: Besser ganz genau hingucken
Der Senat hat das Gesetz für ein Klima-Sondervermögen auf den Weg gebracht. Nur: Was das am Ende genau bedeutet, weiß noch niemand.
W as Finanzsenator Stefan Evers (CDU) in der vergangenen Woche unter dem Titel „Sondervermögen „Klimaschutz, Resilienz und Transformation“ vorgestellt hat, ist eine klassische Black Box: Niemand weiß letztendlich, was am Ende drinsteckt, aber alle haben so ihre Theorien – und Befürchtungen. Manche glauben sogar, es handele sich nur um eine Finte des Senats, neues Geld für die alten Zwecke ausgeben zu können, was dank der eigentlich geltenden Schuldenbremse sonst nicht möglich wäre.
Zumindest der Preis dieser Überraschungskiste scheint klar zu sein: 5 Milliarden Euro jetzt, vielleicht noch einmal 5 Milliarden obendrauf ab 2026. Die ganze Wahrheit ist das aber auch nicht. Schließlich kommt dieses Geld Berlin deutlich teurer zu stehen, je nachdem, zu welchen Konditionen die entsprechenden Kredite aufgenommen werden, wie konsequent diese Schulden bedient und getilgt werden, und wie sich in der selben Zeit die Einnahmen des Landes entwickeln. Auf Steuerüberschüsse, wie sie in den letzten Jahren sprudelten, sollte sich niemand verlassen.
Natürlich kann man es als grundsätzlich problematisch betrachten, dass das Land auf diesem Weg noch tiefer in die Verschuldung rutschen wird. Andererseits lautet eine alte Wahrheit: Der Staat kann nicht pleite gehen. Und auch wenn öffentliche Schulden über die Zinszahlung private Vermögen vermehren: Grundsätzlich ist die Erreichung von Klimaneutralität ein Ziel, das klar darüber stehen sollte. Mit einem kaputten Klima bringt auch ein ausgeglichener Haushalt nicht mehr so viel.
Aber dann stellt sich natürlich die Frage, ob das Sondervermögen uns dieser Klimaneutralität – und der Anpassung an den schon unvermeidlichen Klimawandel – wirklich so viel näher bringt. Und das weiß heute wirklich noch niemand. Zu Recht kritisierte Linken-Fraktionschef Carsten Schatz das Fehlen konkreter Informationen zu den Klimaschutzmaßnahmen, die aus dem Sondervermögen finanziert werden sollen. Mehr als „grobe inhaltliche Schlagwörter“ habe man noch nicht vernommen.
Tatsächlich lautet eine der wichtigsten Fragen, die jetzt im Raum stehen: Werden Maßnahmen, die direkt oder indirekt dem Klimaschutz dienen, über kurz oder lang aus den Sonderschulden beglichen? Während die entsprechenden Gelder im regulären Haushalt in Richtung weniger klimarelevanter Dinge umgeschichtet werden?
Was ist neu, was alt?
Zwar heißt es jetzt, Maßnahmen das Sondervermögens dürften keine laufenden Programme ersetzen. Aber die „groben inhaltlichen Schlagwörter“, die im Bereiche Mobilität etwa „Verbesserung der Angebotsqualität des ÖPNV“, „mehr Investitionen in Fuß- und Radverkehr“ oder „beschleunigter Ausbau der CO2-armen Fahrzeugflotte für den öffentlichen Dienst“ lauten, lassen das nicht erwarten. All das findet sich ja jetzt schon auf die eine oder andere Weise im Portfolio der Verkehrsverwaltung wieder.
Der Bund der Steuerzahler (der natürlich eine ganz eigene Agenda hat) stellt die Vermutung in den Raum, künftig könnten aus dem kreditfinanzierten Sondervermögen auch marode Schulfenster saniert werden, weil das als Gebäudesanierung einen Klimanutzen hat – aber solche Investitionen hätten längst auch ohne Kreditaufnahme erfolgen sollen. Und wirklich besteht jetzt auch die Gefahr, dass das Geld für Maßnahmen fließt, die mit dem Klima eher am Rande zu tun haben.
Gut ist, dass das Parlament in Gestalt des Hauptausschusses darüber mitentscheiden kann, wofür genau die Milliarden eingesetzt werden. Die ParlamentarierInnen sollten diese Rolle in jedem Fall ernst nehmen und auch im Fall der Koalitionsfraktionen nicht einfach die Vorlagen abnicken, die der Senat ihnen vor die Nase hält.
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