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Berliner Humboldt Forum öffnetSo ein schönes Boot

Die Debatte um die Herkunft der besten Exponate im Humboldt Forum ist in vollem Gange. Besonders brisant ist die Geschichte des „Luf-Boots“.

Das 15 Meter lange „Luf-Boot“ aus dem heutigen Papua-Neuguinea Foto: Stefan Müchler/SPK

Man könnte meinen, die Staatlichen Museen im Humboldt Forum seien in den bahnbrechenden Lernprozess eingetreten, endlich. Drei Wochen sind es noch bis zur Eröffnung der ersten Ausstellungen im 680 Millionen teuren Zentrum für Kultur, Kunst und Wissenschaft hinter den cremegelben Barockfassaden des Berliner Hohenzollernschlosses. Dann wird die Öffentlichkeit die mit 14.000 Quadratmetern größte Präsentation des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst besichtigen können, wo rund 20.000 Exponate ausgestellt werden sollen.

Am Mittwochvormittag erlaubte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) einigen Jour­na­lis­t*in­nen unter der Führung von Präsident Hermann Parzinger und Direktor Lars-Christian Koch einen Einblick in diese Schau. Gerade in letzter Zeit ist diese wieder hoch umstritten – Stichwort Provenienzforschung, Rückgabeforderungen, deutsche Kolonialzeit und Benin-Bronzen. Darum war es erwartbar, dass bei den Mu­se­ums­ma­che­r*in­nen vor allem von Offenheit die Rede war. “Es wird sich vieles verändern im Laufe der nächsten Jahre“, so Parzinger. „Wir lernen konstant dazu“, so Koch. Das Humboldt Forum werde vor allem ein Ort für die Zusammenarbeit mit den Kol­le­g*in­nen aus den Herkunftsländern der Exponate.

In einem Raum für die Debatte um die Kunst Afrikas, wo kaum Originale zu sehen sein werden, füllt Provenienzforscherin Julia Binter diese Einsicht mit Inhalten. Sie berichtet von einer Reise nach Namibia – und wie die For­sche­r:in­nen vor Ort über den Völkermord der Deutschen an den Herero denken. Vor allem erzählt sie von einem Kunstwerk der Modeschöpferin Cynthia Schimming aus Namibia, die für die Ausstellung ein Herero-Kleid neu interpretiert hat.

Raum für Diskussionen

Wie viele andere Aus­stel­lungs­ma­che­r*in­nen im Humboldt Forum geht Binter in die richtige Richtung, dank ihnen wird das Humboldt Forum tatsächlich so etwas wie eine Plattform für Diskussionen werden. Viele Kurator*innen, darunter die der Ausstellung Berlin Global aus dem Berliner Stadtmuseum und Humboldt Labor aus der Berliner Humboldt Universität, verstehen sich schon jetzt eher als Moderator*innen. Sie sprechen schon jetzt nicht mehr nur von Zusammenarbeit, sondern davon, dass sie die Ausstellungen in weiten Teilen an zivilgesellschaftliche Organisationen oder Studierende abgegeben haben.

Anders als in anderen Ländern galt das Museum in Deutschland eher als Bewahrer denn als Räuberhöhle. Doch diese Auffassung gerät gerade mächtig ins Wanken. Noch im Winter hieß es aus dem Humboldt Forum, die Benin-Bronzen würden ein Publikumsmagnet. Nun wird Deutschland diese restituieren. Doch ist die Diskussion trotzdem längst nicht, wo sie sein müsste.

„Das Prachtboot“

Das wird im Humboldt Forum besonders deutlich, als die kleine Führung am eindrucksvollen, 15 Meter langen „Luf-Boot“ aus dem heutigen Papua-Neuguinea ankommt, einem der Herzstücke des neuen Vorzeigemuseums. Anfang Mai hat der Berliner Journalist und Historiker Götz Aly mit seinem Buch „Das Prachtboot“ eine ganz neue Phase der Debatte eröffnet.

Bis dahin hatte die SPK behauptet, das Boot sei rechtmäßig erworben worden. Doch Aly erzählt noch einmal anschaulich, was eigentlich bekannt ist: Wie die deutschen Kolonialherren im „Schutzgebiet“ Deutsch-Neuguinea töteten, vergewaltigten und die Bewohner zur Zwangsarbeit auf ihren Plantagen verschleppten. 1882 sorgte der deutsche Unternehmer Eduard Hernsheim dafür, dass deutsche Marineinfanteristen im Rahmen einer „Strafaktion“ etwa die Hälfte der Einwohner von Luf umbrachten, ihre Dörfer, Felder und Boote verbrannten. 20 Jahre später besuchte Max Thiel die Insel, der inzwischen Direktor von Hernsheim & Co geworden war, und brachte das Boot unter nicht geklärten Umständen in den Besitz der Firma.

Aus dieser gut erforschten Geschichte einen „rechtmäßigen Erwerb“ zu machen ist ein starkes Stück – und das wissen die Museumsleute eigentlich. Umso hilfloser wirkt es, wenn Dorothea Deterts, Kuratorin der Sammlung Ozeanien im Ethnologischen Museum, am Mittwoch davon spricht, an diesem Ort gehe es um „Mensch und Meer in Ozeanien“ – und damit Schluss.

Keine offensive Auseinandersetzung

Über die blutigen Hintergründe des Erwerbs werde man dann in einer Broschüre berichten – sowie an anderer Stelle im Haus. Parzinger springt ihr bei, er habe kürzlich Kontakt zum Honorarkonsul gesucht und sich so rückversichert, es gebe von dort keine Rückforderungen. „Man freut sich, dass das Boot hier ist.“ Aha!

Auf die Frage, warum direkt am umstrittenen Objekt keine offensive Auseinandersetzung stattfindet, weiß man keine Antwort. Die Staatlichen Museen sind nicht nur unbeweglich, sondern sie verteidigen nach wie vor knallhart die Pfründen, die ihnen noch bleiben. Ihre bisherige Rolle als Fels in der Brandung der Kolonialismusdebatte werden sie so jedenfalls kaum los.

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23 Kommentare

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  • Klarer Fall,

    es handelt sich um gestohlene Kunst, die sofort zurückgegenem werden muss

    • @V M:

      Übrigens will Papua-Neuguinea das Boot nicht zurück.

    • @V M:

      Echt?



      Das ist für sie ein klarer Fall?

      Obwohl im Artikel von "ungeklärten Umständen" die Rede ist`?

    • @V M:

      Ein "Zurück" im engen Sinne ist nicht mehr möglich. Das Volk, welches das Luf-Boot erschaffen hat, wurde von den Deutschen komplett ausgerottet. Ein Genozid, u.a. befohlen von dem Bismarck, nach dem in Berlin eine große Straße benannt ist.

  • Man hätte den Palast der Republik renovieren und darin Kunst der Arbeiterklasse im Sinne des sozialistischen Realismus zeigen sollen. Das ist zeitgemäßer und vermittelt jüngeren Besucher*innen mehr Hoffnung und Handlungsimpulse, als die blutige Kolonialgeschichte, die jetzt im Preußenmuseum zelebriert wird.

    • @C.O.Zwei:

      Als Kind der DDR mit 62 Lebensjahren und davon sehr viel Sozialismus-Erfahrung, frage ich mich, welchen sozialistischen Realismus sie den jüngeren Besuchern vermitteln wollen. Alles ist gut? Hoch lebe die Partei? Kämpft für den Sozialismus? Es ist sicher interessanter sich mit der deutschen Geschichte auseinander zu setzen. Denn was ich im DDR-Geschichtsunterricht gelernt habe, war nur von den Russen vorgegeben. 2. Weltkrieg... Schlacht um Berlin... Lenin... Stalin... Ulbricht... Honecker...

    • @C.O.Zwei:

      Ich älter.!

      experience the double system







      Klingt gar nicht schlecht.



      Von außen, gesehen, war der PdR eine architektonisch, betrachtete Gräultat!



      Das Innere -Bilder, Restaurants, die Gläserne Blume(ganz neu..) Menschliches..wunderbar!



      Die Ausstellungen die kommen werden, Jazz im Schlüterhof ,gut, my generation!

      ..Kunst der Arbeiterklasse im Sinne des sozialistischen Realismus zeigen sollen..

      Da, verweise ich doch auf



      Saal 25!

  • Das Panzermuseum Munster hat da eine deutlich andere Politik. Es versucht dem Besucher nicht nur die Technik und Geschichte der Exponate zu vermitteln, sondern auch unter welchen Umständen und von wem diese gebaut wurden, Zwangsarbeiteiter. So sieht man nicht nur ein Exponat, sondern bekommt auch vermittelt, dass bereits in der Herstellung von genau diesem Tank Menschen gestorben sind. Man lässt die Fahrzeuge nicht einfach nur so rumstehen, sondern setzt dies alles in den Kontext.



    Wieso das ein Haus wie das HF nicht aufarbeitet und transparent macht ist mir unklar.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Die Geschichte des jeweiligen Exponates immer parallel zu der großen Erzählung der Ausstellung mit zu erzählen hätte für den Betrachter einen großen Reiz und würde das originale Objekt in seiner Bedeutung sehr viel anschaulicher machen.



    Genau, wie es dieser Bericht mit der Geschichte des Bootes sehr anschaulich illustriert.



    Was zurückgegeben wird könnte dokumentiert werden und trotzdem in die Ausstellung mit einbezogen sein. Damit würde der Prozess, der aktuelle Umgang mit Sammlungsobjekten, abgebildet werden



    Der Betrachter bekäme Einblick in das verantwortungsbewusste Verhalten eines Museums.

  • Interessanter Beitrag.

    Ich schwanke auch immer, schwer im Meinungswind.



    Mal Götz Aly mal Parzinger.



    Das Boot im HF zu besuchen hat natürlich was.

    www.dw.com/de/raub...t-forum/a-57491837

    ....Der Honorarkonsul für Papua-Neuguinea in Berlin, Thomas Bockhold, sagte in einer Stellungnahme, die Anfang Mai 2021 im rbb zitiert wurde, die Republik Papua-Neuguinea wolle auf gar keinen Fall eine Rückgabeforderung. Man betrachte das Luf-Boot und auch alle anderen Kulturgüter aus dem Gebiet des heutigen Papua-Neuguinea als Werbeträger für das Land, als Botschafter materieller Art....

    de.wikipedia.org/wiki/Luf-Boot

    Ich habe bis heute, noch nicht, so richtig begriffen, was ein Honorarkonsul ist.



    www.auswaertiges-a...orarkonsuln/217698

  • So ein schönes Boot und so ein dummes Forum.

    • @Waldo:

      Jau! Geiler kann man diese erbärmliche Situation nicht zusammenfassen. Das könnte man glatt aufs T-Shirt drucken und damit dorthin gehen!

    • @Waldo:

      Das Boot ist schön, das Forum ist dumm und das ganze Gebäude ist reaktionärer Mist.

      Deshalb: Abreißen das Ding und den Palast der Republik wieder aufbauen.

      • @Jim Hawkins:

        Wir bauen auf und reißen nieder, haben wir Arbeit immer wieder! (DDR-Handwerkerspruch)

        Habe ich schon mal die Gläserne Blume aus dem PdR erwähnt.



        Die hätte original, restauriert in's HF gehört.



        ..„Ost-Berlin(the capital of the GDR :-)) – Die halbe Hauptstadt“ muss auf gläserne Blume verzichten..



        Totale Depri!



        Das jute Stück war fünf Meter hoch!



        Statt dessen fühl ick mir... „von Politkitsch verschaukelt oder verwippt...“.

        • @Ringelnatz1:

          Schade um die Blume.

          Schade um so manches. Die gesamte architektonische sozialistische Moderne wurde ja abgeräumt.

          Um nach und nach preußischem Disneyland Platz zu machen.

          Kein Schwanz wäre nach 1945 auf die Idee gekommen, die faschistische Architektur des Flughafens Tempelhof dem Erdboden gleichzumachen, oder das heutige Finanzministerium zu sprengen.

          Natürlich nicht.

          Hätte der Führer noch die Gelegenheit gehabt, seinen Architekten die "Halle des Volkes" bauen zu lassen, sie stünde wohl heute noch.

          Und ein Flussbad an der Spree gegenüber des Plastikschlosses?

          Um Gottes willen, das würde ja Spaß machen.

      • @Jim Hawkins:

        Aber bitte das Spritzasbest weglassen!

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @Jim Hawkins:

        Der ist ja genauso reaktionär. Wo sind die großen Bauprojekte angelegt für die Jahrhunderte die die Republik und Demokratie feiern?

  • Solange sich der Verein "Preußischer Kulturbesitz" nennt, sollten man deren Aktivitäten sehr kritisch auf die Finger schauen. Tradition? Zu viel Schändliches wird mit diesem Wort vertuscht.

    • 9G
      91491 (Profil gelöscht)
      @Peter Lorenz:

      Mit dem riesigen Kreuz auf dem Dach des HF hat man klar zementiert welcher Wind hier weht.