Berliner Häuserkämpfe: Kein Recht auf Gewinnoptimierung
Der Eigentümer der Habersaathstraße darf Mieter:innen nicht kündigen, weil er abreißen und neu bauen will. Das hat nun das Landgericht entschieden.

Das Landgericht Berlin hat in einem nun veröffentlichten Beschluss von Mitte März ihre Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen. Damit ist die Eigentümerin mit dem Versuch gescheitert, Mieter*innen mit der Begründung zu kündigen, dass sie nicht genügend Profit aus den Wohnungen schlagen könne.
Diese sogenannten Verwertungskündigungen hatte das Amtsgericht im vergangenen Jahr bereits in 6 Fällen widersprochen und dabei mit klaren Worten zurückgewiesen. Dem schloss sich das Landgericht nun an. In dem Beschluss heißt es: „Die Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrags ein erheblicher Nachteil entsteht, ist vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und des Bestandsinteresses des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, vorzunehmen.“
Dabei kommt das Gericht zu dem eindeutigen Schluss: „Das Eigentum gewährt dem Vermieter keinen Anspruch auf Gewinnoptimierung oder auf Einräumung gerade der Nutzungsmöglichkeiten, die den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil versprechen.“ In der Entscheidung wird zudem betont, dass das Besitzrecht des Mieters an seiner Wohnung ebenfalls gesetzlich geschütztes Eigentum ist.
Wohnraum keine Ware
Bewohner*innen und Unterstützer*innen können sich damit in ihrer Argumentation bestätigt sehen, dass Wohnraum nicht zur Ware werden dürfe. „Nun ist es also amtlich und der erste Fall ist endgültig gewonnen“, kommentiert Altmieter Daniel Dieckmann die Entscheidung erfreut.
Das Haus ist längst zu einen Symbol für den ausdauernden Kampf gegen Leerstand und Verdrängung geworden. Wenige Altmieter:innen wehren sich seit Jahren gegen ihre geplante Verdrängung und einen Abriss des intakten Hauses. Teil des Kampfs waren auch mehrfache Besetzungen leerstehender Wohnungen durch wohnungs- und obdachlose Menschen.
Auch wenn der Sekt für die Siegesfeier schon kalt gestellt wird, vorbei sind die juristischen Auseinandersetzung zwischen der Arcadia und den Bewohner*innen noch nicht. Vor dem Amtsgericht Mitte soll am 23. April über eine weitere Klage entschieden werden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen