Berliner Filmfestivals streamen online: Beim Erwachsenwerden zuschauen
Manche Festivals lassen sich nicht unterkriegen – und streamen anspruchsvolles wie die Langzeitdoku „Adolescentes“ bei der Französischen Filmwoche.
W ie plant man in diesen schwer vorhersehbaren Tagen ein Filmfestival? Am besten gar nicht, könnte man jetzt sagen. Doch: „the show must go on“, irgendwie jedenfalls.
Das Kurzfilmfestival „Interfilm“ hat sich für den Gang ins Netz entschieden: Bis zum 13. 12 steht das Programm auf der Streaming-Plattform Sooner zur Verfügung. Die Macher des Festivals „Around the World in 14 Films“ haben hingegen vorerst die Reißleine gezogen. Sie planten ein Präsenzfestival ab 3. 12 und verlegen nun auf einen Termin „gleich nach dem Lockdown“ – wann immer das sein mag.
Auch die Berlinale hat schon verkündet, keine Filme online spielen zu wollen. Ob dann im Februar überhaupt ein Festival stattfinden kann und wie man das mit entsprechenden Hygienekonzepten hinbekommt (entweder Festival deutlich verkleinern oder mehr Kinosäle anmieten?), wird die entscheidende Frage sein. Planen muss man ja jetzt schon, aber wie?
Nach der Absage im Frühjahr fällt die umfangreiche Hommage an die französische Schauspielerin Marina Vlady, die das Kino Arsenal nun im Dezember spielen wollte, bereits zum zweiten Mal aus. Übrig geblieben sind vier als Ergänzung der Retrospektive gedachte Filme im Streamingbereich „Arsenal 3“, darunter jeweils ein Werk von Chris Marker und Constanze Ruhm, die auch gut für sich selbst stehen können.
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Irgendwann wird sozialer Hintergrund wichtig
Als Hybrid-Festival geplant war die 20. Ausgabe der Französischen Filmwoche, die ausgerechnet im Jubliläumsjahr nun online stattfindet: 13 Spiel- und Dokumentarfilme, eine Serie und einen Kurzfilm sind während der Festivalwoche vom 26.11. bis 2.12. auf Sooner zu sehen.
Einer Highlight ist die Langzeitdokumentation „Adolescentes“ von Sébastien Lifshitz, der über mehrere Jahre hinweg die französischen Schülerinnen Anaïs und Emma beim Erwachsenwerden begleitet: Während sich anfangs angesichts ähnlicher Erfahrungen – Stress in der Schule, Streitereien mit den Müttern, erstes keusches Interesse für Jungs – die Unterschiede in Charakter und sozialem Hintergrund noch verwischen, wird letzterer immer wichtiger, je älter sie werden.
Anaïs, aufgewachsen in einer sozial schwachen Familie mit gehandicaptem Bruder, muss schneller erwachsen werden und viel mehr Verantwortung übernehmen als die musisch veranlagte und geförderte Emma, die mit ihrer sehr fordernden Mutter kämpft und gerne Film studieren möchte.
Am Ende blicken die Freundinnen wie Veteraninnen auf die gemeinsame Zeit zurück – und recht hellsichtig auf einen weiteren Lebensweg voraus, auf dem sie sich vermutlich wegen unterschiedlicher Ziele aus den Augen verlieren werden.
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