Berliner Abgeordnetenhaus: Die Umlage ist auf dem Weg
SPD, Grüne und Linke stützen als inoffizielles Linksbündnis das Gesetz zur Ausbildungsumlage. Die CDU macht mit, weil die im Koalitionsvertrag steht.

Ein Gesetz zu eben dieser Umlage hatten CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vom Frühjahr 2023 verabredet. Es galt lange eher als Drohkulisse, um auf 2.000 zusätzliche Ausbildungsplätze zu kommen. Nur wenn die – so der Vertrag – „nicht bis zum 30. April 2025 dauerhaft“ geschaffen, sollte es kommen. Ein „Bündnis für Ausbildung“ sollte sich ab Herbst 2023 daran abarbeiten.
Führende Wirtschaftsverbände reagierten schon damals ablehnend. „Diese Kopplung von 2.000 zusätzlich unterzeichneten Ausbildungsverträgen mit der Ausbildungsumlage verkennt die tatsächliche Lage auf dem Ausbildungsmarkt“, äußerte sich beispielsweise Sebastian Stietzel, Präsident der Industrie- und Handelskammer, die auf Einladung des Senats im Bündnis mitarbeite.
In dieser Woche erneuerte er seine Kritik. „Viele Unternehmen blicken fassungslos auf die Debatte um die Ausbildungsplatzumlage. Sie würden Arbeitsplätze schaffen, zahlen Steuern – und sollen jetzt mit einer Abgabe bestraft werden“, schrieb Stietzel in einem offenen Brief an die Abgeordneten. Der IHK-Präsident führte als aus seiner Sicht abschreckendes Beispiel Bremen an, wo die Umlage schon gilt: Dort gebe es mehr Bürokratie, mehr als 330 Klagen gegen das Gesetz und weniger Ausbildungsverträge. Kritik kam auch von der Handwerkskammer.
CDU: Beim Mindestlohn hätten Warnungen nicht bestätigt
Diese Argumente kennt natürlich am Donnerstagnachmittag auch der CDU-Abgeordnete Pätzold. Er geht mit all dem zweigleisig um. Zum einen erinnert er daran, dass es auch 2013 bei der Debatte um die Einführung des Mindestlohns Warnungen aus der Wirtschaft gab. Die hätten sich aber nach seiner eigenen Kenntnis als Wirtschaftswissenschaftler nicht bestätigt.
Zum anderen macht es Pätzold wie schon am Dienstag Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) gegenüber der taz: Er hofft darauf, dass das Gesetz gar nicht zur Anwendung kommt, weil sich bis Jahresende noch die verabredete Zahl von Ausbildungsverträgen findet. Der Gesetzentwurf geht nun jedenfalls erst einmal in gleich vier Parlamentsausschüsse – und wie viel Zeit diese sich zur Beratung nehmen, ist offen.
Am Donnerstagnachmittag bildet die SPD jedenfalls mit den Fraktionen von Grünen und Linkspartei einen festen Unterstützerblock für die Ausbildungsumlage. Der SPD-Abgeordnete Sven Meyer weist dabei Kritik aus der Wirtschaft zurück. „Die Umlage ist notwendig und sinnvoll“, sagt er, „wer von Strafabgabe spricht, verbreitet bewusst fake news.“ Auch Tonka Wojahn von den Grünen sagt über die Umlage: „Sie ist kein Strafsystem.“
Der Linkspartei-Abgeordneten Damiano Valgolio schließlich berichtet davon, in seiner 25-köpfigen Anwaltskanzlei auch zwei Auszubildende zu beschäftigen. Die Umlage betrachtet er als „eine gerechte Verteilung der Ausbildungskosten.“ Er verweist darauf, dass sich einzelne Handwerksinnungen bereits für eine Umlage ausgesprochen hätten. Dabei hebt er die Dachdeckerinnung hervor, bei der es bereits eine solche Umlage gebe.
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