Berlin vor der Omikron-Welle: Lockdown kommt nicht – vorerst

Regierende Giffey (SPD) und Charité-Vorstand Kroemer sprechen von „schwieriger Übergangssituation“ vor Omikron-Welle. Krisenstab trifft sich Mittwoch.

Charité-Vorstandsvorsitzender Kroemer und die Regierende Giffey (SPD) am Dienstag vor der Charité Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Monika Skolimowska

BERLIN taz | Die Regierende bemühte sich um Zuversicht in der Dezemberkälte: „Wir sind noch nicht an einem Punkt, wo wir über einen Lockdown reden müssten“, sagte Franziska Giffey (SPD) am Dienstag vor der Campus-Klinik der Charité in Mitte. Dort hatte sie sich vom Vorstandsvorsitzenden Heyo K. Kroemer zuvor die Lage auf der Covid-Intensivstation der Uni-Klinik erklären lassen. Berlin zentriert an der Charité in Mitte seit Pandemiebeginn die besonders schweren Covid-Fälle. Giffey sagte aber auch zur Einschätzung der Lockdown-Frage: „Es ist ein ‚vorerst‘. Wir werden die Situation in den nächsten Tagen sehr aufmerksam beobachten.“

Bereits am Mittwoch, kündigte Giffey an, werde sie sich mit Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) und dem Krisenstab der Innenverwaltung zusammensetzen. Man werde diskutieren, wie angesichts eines befürchteten erhöhten Krankenstands durch die hoch ansteckende Omikron-Virusvariante die kritische Infrastruktur aufrechterhalten werden könne. Es gehe dabei um verschiedene Szenarien von 10, 20 und 30 Prozent Personalausfall in der Krankenhausversorgung, bei Feuerwehr, Polizei sowie bei Gas-, Wasser- und Stromversorgern und in Supermärkten. „Unsere Aufgabe als Politik ist es, da sehr, sehr kurzfristig Handlungsbereitschaft sicher zu stellen“, sagte Giffey.

Man sei jetzt „in einer Übergangssituation“, sagte Charité-Vorstandschef Kroemer. Es sei, auch angesichts einer schwierigen Datenlage über die Feiertage, „sehr schwer abzuschätzen: Was passiert in den kommenden Wochen?“ Kroemer ergänzte: „Wenn wir ehrlich sind, wissen wir es nicht so genau.“

Zwar sehe man derzeit eine „leichte Entspannung“ bei der Anzahl der Covid-PatientInnen auf der Intensivstation. Seien es auf dem Höhepunkt der „Weihnachts-Welle“ 160 gewesen, seien es jetzt noch 80, sagte Kroemer. Auch sei der Krankenstand zum Glück noch sehr gering: Etwa sieben Prozent der Pflegekräfte und drei bis vier Prozent der ÄrztInnen fielen derzeit aus.

Mehr Omikron-Fälle

Man sehe aber zugleich eine „rasante Zunahme der Omikron-Variante“ auch in Berlin, so Kroemer. Laut Daten des Robert-Koch-Instituts gab es am Dienstag in Berlin 67 bestätigte Fälle (+25 zum Vortag) und 354 Verdachtsfälle, wo der PCR-Nachweis noch aussteht (+229 zum Vortag). Vor einer Woche waren es am Stichtag 23. Dezember noch 21 Omikron-Fälle gewesen.

Hoffnung mache, so der Charité-Vorstand, dass die Daten der letzten Tage darauf hindeuteten, dass Krankheitsverläufe unter der neuen Virusvariante leichter ausfallen könnten. Ob der „Nettoeffekt“ – trotz gestiegener Inzidenzen – dann sei, dass die Welle trotzdem einigermaßen glimpflich auch mit Blick auf die Belastung der Krankenhäuser verlaufe, müsse man aber erst noch sehen. Laut Covid-Lagebericht der Gesundheitsverwaltung steht die Ampel für die Intensivbettenauslastung mit 19,4 Prozent auf „gelb“.

Weit entfernt sah Kroemer indes Berlin von einer Triage-Situation. Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag geurteilt, der Gesetzgeber müsse Regelungen zum Schutz von Menschen mit Behinderung schaffen, sollte es zu einer Triage-Situation in der Pandemie kommen: „An diesem Punkt sind wir nicht.“ Giffey sagte, man werde sich die Rechtsprechung zunächst „genau ansehen“, sah das aber als Thema für die nächste Bund-Länder-Runde, die für den 7. Januar terminiert ist.

Bereits am Donnerstag wird der Hygienebeirat der Bildungsverwaltung zusammenkommen, um über den Schulstart in Berlin nach den Weihnachtsferien zu beraten, wie ein Sprecher der taz bestätigte. Es bleibe vorerst bei einer täglichen Testpflicht in der ersten Schulwoche. Grundsätzlich beobachte man das Infektionsgeschehen „sehr aufmerksam“ und passe die Maßnahmen „den Bedingungen an“. Thüringen hatte als erstes Bundesland am Montag angekündigt, im Januar zu Distanzunterricht zurückzukehren. Giffey betonte am Dienstag erneut, man werde in Berlin „alles tun, um den Schulbetrieb in Präsenz aufrecht zu erhalten“.

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