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Berlin kippt Abstand in SchulenDer Anfang vom Ende

Kommentar von Stefan Alberti

Schritt für Schritt lockert Berlin die Corona-Beschränkungen – bislang scheint der Senat mit dieser Strategie richtig zu liegen.

Ganz nah dran: Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) zu Besuch in einer Berliner Schule Foto: dpa

I st es der erste Schritt zum Ende der Kontakteinschränkungen? Nein, nein, das habe man noch nicht vor, sagte die Bildungssenatorin, als sie am Dienstag Vollbetrieb in den Schulen nach den Ferien ankündigte. Damit das geht, fällt dort die 1,5-Meter-Abstandsregel. Doch nicht nur, weil die Antwort von Sandra Scheeres ein „noch“ enthält, dürfte damit klar sein, dass in absehbarer Zeit generell und nicht nur in den Schulen das vorgeschriebene distancing vorbei sein dürfte. Die Thüringer Landesregierung hat die Kontaktbeschränkungen bereits am Montag aufgehoben.

Dafür gab es zwar heftige Kritik aus Bayern – unverantwortlich sei das. Aber wenn der Sommer nicht einen großen Rückschlag und einen rapiden Anstieg der Corona-Infektionen mit sich bringt, wird man auch in Bayern umdenken. Berlin mit seinen zwar nicht so niedrigen Ansteckungszahlen wie Thüringen, aber einer besseren Lage als Bayern wird sich diesem Trend nicht entziehen können.

Schon allein, weil das distancing-freie Verhalten der Schüler aus dem Unterricht und vom Pausenhof sich in ihr Freizeitprogramm übertragen wird. Vormittags eng nebeneinander, nachmittags auf Dis­tanz? Das würde ein zu hohes Differenzierungsvermögen voraussetzen.

Und so wie jetzt schon Eltern mit dem Argument der Gleichbehandlung auf die komplette Öffnung von Kitas und Schulen drängten, werden nach den Ferien andere sagen: Warum nur in Schulen, warum 400.000 von 3,7 Millionen Berlinern bevorzugen? Umso mehr, wenn die Infektionszahlen weiter zurückgehen sollten. Dann wäre es zwar immer noch klüger zu warten, bis es überhaupt keine neuen Ansteckungsfälle mehr gibt.

Aber der öffentliche Druck wird mutmaßlich zu groß sein, um das durchzuhalten. Das war schon bei ersten Lockerungen in den Geschäften so, als Wissenschaftler kritisierten, bei einem zwei, drei Wochen längeren Shut-down wäre man auf der sicheren Seite gewesen.

Warum nur in Schulen, warum 400.000 Berliner bevorzugen?

Ist das nun alles richtig so? Da gilt wie so oft in Coronazeiten: Das zeigt sich erst versetzt, gut 14 Tage nach Schulbeginn, nach zwei Wochen Inkubationszeit. Bislang scheint der Senat mit seiner „Schrittweise-Strategie“ richtig zu liegen: ausprobieren, beobachten, Ergebnisse abwarten, erst dann weitere Lockerungen.Fraglich ist bloß, warum der Senat bei den Schulen das Ende des Abstandsgebots nicht mit einer Maskenpflicht verbindet, wie es etwa der Philologenverband fordert.

Ähnliches hat diese Woche auch der SPD-Innenexperte Tom Schreiber mit Blick auf Demonstrationen vorgeschlagen, wo der Abstand zuletzt am Alexanderplatz nicht durchsetzbar war. Das würde weit besser zur „Schrittweise-Strategie“ passen – später wieder aufheben ließe sich die Maskenpflicht immer noch.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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