Berlin kauft 670 Wohnungen: Ein Beispiel, das Mut macht
Der Ankauf Hunderter Wohnungen durch die Stadt Berlin ist ein Signal an Spekulanten: Ihr mögt gerissen sein, aber wir sind auch nicht blöd.
W as nicht zum Verkauf steht, kann auch nicht erworben werden. Aber was, wenn entgegen allen Erwartungen doch Hunderte Wohnungen auf den Berliner Markt gelangen – und die Kommune sie erwirbt? Dann ist das nicht Verstaatlichung, sondern stinknormaler Kapitalismus.
Der Verkauf von 670 Wohnungen durch die bisherige Eigentümerin Predac an die kommunale Gewobag – und eben nicht an die börsennotierte Deutsche Wohnen – darf als Signal an alle Immobilienspekulanten verstanden werden. Ihr mögt gerissen sein, aber wir sind auch nicht blöd. Und: Wenn PolitikerInnen lernfähig sind und sich die Sorgen der BürgerInnen zu eigen machen, können sie tatsächlich etwas bewegen. Dass die 670 Wohnungen zufällig auch noch in der geschichtsträchtigen Berliner Karl-Marx-Allee liegen, darf da fast schon als Fingerzeig verstanden werden.
Die Erleichterung darüber, dass ausnahmsweise mal nicht der Markt gewinnt, ist groß. Aber Berlin ist eine Ausnahme. In den Ballungsgebieten im ganzen Land haben MieterInnen keine Ruhe mehr vor Spekulanten. Wohnen ist eine der großen Fragen unserer Zeit. Das Land trennt sich zusehends in Eigentümer und Mieter – in dem Graufeld dazwischen operieren global verzweigte Fonds mit der Lebenszufriedenheit von Menschen.
Immer mehr Mieter entschließen sich gezwungenermaßen zum Kauf, weil ihre Miete zwar steigt und steigt, sie aber trotzdem nicht sicher sind vor Eigenbedarfskündigungen oder überteuerten Modernisierungen. Und jene, die kein Erbe, kein Vermögen, keine Sicherheit vorweisen können, müssen wegziehen. Es geht aber nicht nur um Geld, sondern auch um Selbstverständlichkeiten. Ob ein Kind weiter in der Schule bei seinen Freunden bleiben kann, ob die alte Dame ihre gewohnte Nachbarschaft kennt, das sind keine Kleinigkeiten. Ein Kiez ist ein Schatz, keine Zwischenstation. Das Beispiel in Berlin macht Mut, dass die Politik tatsächlich in der Lage sein kann, die Bürger zu schützen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin