Benzin-Engpässe in Großbritannien: Gerücht führt zu Hamsterkäufen
In Großbritannien sind viele Tankstellen leergekauft. Die Regierung sagt, es gebe keine Knappheit – und versetzt die Armee in Bereitschaft.
Bereits am Wochenende hatte die Regierung vorübergehende Einreisevisa für ausländische Lkw-Fahrer*innen bewilligt, dazu ein höheres Angebot an Fahrschulplätzen und Führerscheintests und ein Bittschreiben an alle Menschen mit Lkw-Führerschein.
Zu den neuen Maßnahmen gehört nun die kurzfristige Aufhebung der Wettbewerbsregeln für den Treibstoffhandel. Dieser Schritt erlaubt der Regierung detaillierte Einsichten in die Bestände und Verkäufe an den britischen Tankstellen, womit dann die Zufuhr besser koordiniert werden könne. Außerdem steht zur Erwägung, Fahrer*innen der Notdienste und der Gesundheitsversorgung Priorität beim Tanken zu geben.
Wegen einer unbestätigten Meldung über Lieferprobleme für Benzin und Diesel, die letzte Woche an die Öffentlichkeit geraten war und sich dann rasch verbreitete, war unter britischen Autofahrer*innen eine Panik ausgebrochen. Überall im Land kam es so zu Hamsterkäufen für Treibstoffe mit teils kilometerlangen Schlangen vor den Tankstellen.
Benzin-Vorräte gehen zu Neige
Nach Angaben des Verbands des britischen Treibstoffhandels (Petrol Retailers Association, PRA) meldeten inzwischen bis zu 85 Prozent ihrer Mitglieder, dass ihre Vorräte zu Neige gingen. Ein Drittel der Tankstellen des Ölkonzerns BP hatten am Montag gar keine Vorräte mehr. Laut Verkehrsminister Grant Shapps bestehen in den sechs britischen Raffinerien und 47 Treibstofflagern ausreichend Vorräte – aber das nützt wenig, wenn es nicht genug Transportkapazitäten gibt, um sie zu den Tankstellen zu bringen.
Der Ursprung der Knappheitsgerüchte bleibt umstritten. Verkehrsminister Shapps beschuldigte am Sonntag den Verband der Logistikunternehmen Road Haulage Association (RHA), absichtlich die Meldung über angebliche Lieferprobleme in die Welt gesetzt zu haben. Zuvor hatte schon die konservative Tageszeitung Daily Telegraph behauptet, dass die vom RHA vertretenen Logistikunternehmen ein Interesse an billigen Arbeitskräften aus dem Ausland hätten, weswegen sie schon gegen den Brexit gewesen seien.
Sie wollten nun die Regierung dazu zwingen, die Zuwanderungsbestimmungen zu lockern. RHA dementierte das und konterte, dass die Regierung versuche, die eigene Schuld anderen zuzuschieben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften