Benachteiligung von Frauen: Groko pro Gleichstellung

Die Bundesrepublik hat ihre erste ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie. Ministerin Giffey feiert das als „Meilenstein“ – doch es gibt Kritik.

Franziska Giffey (SPD), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, kommt zur wöchentlichen Kabinettssitzung im Kanzleramt.

Ein Meilenstein? Opposition und Frauenverbände sind wenig begeistert von Franziska Giffeys Plänen Foto: Michael Sohn/ap

BERLIN taz | Es passiert selten, dass Beschlüsse der Bundesregierung als so elementar erachtet werden, dass bei ihrer Vorstellung das Grundgesetz bemüht wird. „Artikel 3, Absatz 2: Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, zitierte Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) am Mittwoch auf der Pressekonferenz in Berlin die Verfassung. „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Denn darum soll es gehen bei der „nationalen Strategie“, die am Mittwoch im Kabinett beschlossen und im Anschluss vorgestellt wurde: um ressortübergreifende Gleichstellung. „Es ist ein Meilenstein, der Maßstäbe setzen wird für das Regierungshandeln“, sagte Giffey. Die Strategie sei „ein gemeinsames Bekenntnis“, das Gleichstellung als Querschnittsthema in den verschiedenen Ressorts verankere – zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik überhaupt.

Neun Ziele der lang erwarteten Strategie gibt es, die Grundlage für alle Ministerien sein sollen, Gesetzgebungsverfahren und Förderprogramme auf Gleichstellung hin zu prüfen. 67 Maßnahmen der verschiedenen Ministerien werden ihnen zugeordnet, allesamt bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Zu den Zielen zählen beispielsweise Wirtschaftliche Sicherung, Sorge- und Erwerbsarbeit und Gleichberechtigung in der Demokratie.

Zugeordnet werden im Fall der Wirtschaftlichen Sicherung beispielsweise die Maßnahmen „Entgelttransparenz erhöhen“, „Recht auf befristete Teilzeit“ oder „Frauen im ländlichen Raum unterstützen“. Auf der ebenfalls am Mittwoch freigeschalteten Webseite, auf der die Gleichstellungsstrategie vorgestellt wird, ist ersichtlich, welches Ressorts für welche Maßnahmen verantwortlich sind und wie der Stand der Umsetzung ist.

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Neu ist keine dieser Maßnahmen. „Aber man kann immer sagen, das wussten wir schon alles“, sagte Giffey. „Es hat Jahrzehnte gedauert, bis all diese Themen unter einen Hut gebracht wurden und wir klar machen konnten, dass dafür nicht nur das Frauenministerium zuständig ist.“

Opposition ist „enttäuscht“

Der Deutsche Frauenrat kritisierte, die Strategie habe „zu wenig Zielstellungen“. „Im Wesentlichen bündelt sie die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen und benennt die jeweiligen Verantwortlichkeiten“, sagte dessen Vorsitzende Mona Küppers. „Wir hätten es begrüßt, wenn alle Ressorts verpflichtet worden wären, die Gleichstellung von Frauen und Männern zum roten Faden all ihrer Vorhaben zu machen. Dieser Faden fehlt.“ Zudem lasse die Strategie verbindliche Ziele vermissen, die über diese Legislaturperiode hinausgehen.

Die stellvertretende Fraktionschefin der FDP, Katja Suding, sagte, sie sei „enttäuscht, dass nur altbekannte Forderungen aneinandergereiht wurden“. Als „schwach und wenig innovativ“ bezeichnete die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ulle Schauws, die Strategie. Sie sei eine Beschreibung des Ist-Zustandes, Konkretes für die Zukunft fehle.

Die gleichstellungspolitische Sprecherin der Linken, Doris Achelwilm, sagte: „Es fehlen konkrete Ziele, die mit Daten und Terminen hinterlegt werden: Wie und in welchem Zeitraum wollen wir den Gender Pay Gap zurückdrängen?“ Die Strategie müsse viel weiter gehen, um massive Rückstände in der Gleichstellungspolitik aufzuarbeiten.

Neben der Gleichstellungsstrategie bekräftigte Giffey das Vorhaben, bis Ende des Jahres ein Gleichstellungsinstitut auf den Weg zu bringen. Im Januar hatte es geheißen, es solle ein „Ort für Gleichstellungskompetenz“ werden, das Netzwerk-, Informations- und Bildungsarbeit leisten soll. Veranschlagt waren zunächst aber nur ein Budget von 1,5 Millionen Euro und drei Mitarbeitende.

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