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Beliebteste Vornamen 2024Mohammed weiterhin auf Platz 1

Derya Türkmen
Kommentar von Derya Türkmen

Seit 2018 ist der Name Mohammed in Berlin total im Trend. Noah dagegen ist bundesweit der beliebteste Name.

In Berlin, Hamburg und Bremen ist der Mohammed sehr beliebt Foto: dpa | Uwe Zucchi

M ohammed, Muhammed, Mohammad, Mahmud, Mehmet. Dieser Name hat viele Variationen. Und ist in Berlin im Vornamen-Ranking mal wieder auf Platz 1 gelandet. Dies teilte am Dienstag die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) mit. Die in Deutschland benutzte Schreibweise ist allerdings Mohammed. In der restlichen Bundesrepublik hält sich jedoch der Name Noah auf Platz 1.

Das in Berlin der Name Mohammed am beliebtesten ist, mag für die meisten keine Überraschung sein. Denn seit 2018 hält sich der Name auf dem ersten Platz. Die AfD äußerte sich damals völlig empört und forderte auf die Islamisierung in Berlin zu stoppen. Der Tagesspiegel schrieb: „Mohammed beliebter als Karl-Heinz“. Doch ist dieser Trend weder die Ablösung von traditionellen deutschen Namen noch stellt er eine Islamisierung Berlins dar.

Frauke Rüdebusch, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der GfdS, hat nämlich eine ganz einfache Erklärung dafür: Mohammed ist ein arabischer Name und im Islam von besonderer Bedeutung. Der Name sei nicht nur in Berlin so beliebt, sondern auch in Hamburg und Bremen. Der Anteil an Migranten sei im städtischen Raum höher als auf dem Land, sagt Rüdebusch in einer Pressemitteilung. Und eben durch die vielen Variationen des Namens wurden mehrere Schreibweisen von Mohammed in die Statistik aufgenommen.

Mohammed war auch der Name des Propheten, ein gesandter Allahs und der Religionsstifter des Islams. Deshalb ist dieser Name in muslimischen Familien inzwischen als traditionell zu betrachten und das vor allem im arabischen Raum. So bekommt der erstgeborene Junge meistens den Namen Mohammed.

Der erstgeborene Junge bekommt den Namen Mohammed

Aber was genau bedeutet dies nun für die gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung der Deutschen? Während anscheinend in Berlin mehr muslimische Kinder auf die Welt kommen, sieht es im restlichen Land anders aus. Die halten sich weiterhin an den Namen Noah, der auch seit 2018 bundesweit den ersten Platz belegt. Noah ist ebenfalls ein religiöser Name. Eine Figur von Bedeutung in der jüdisch-christlichen Tradition. Bekannt für die Arche. Auch im Koran wird von Noah dem Propheten erzählt.

Man könnte nun behaupten, dass die deutsche Gesellschaft seit 2018 immer spiritueller wird. Die Entscheidung von Eltern, ihre Kinder bedeutungsvoll Mohammed und Noah zu nennen, könnte als ein Zeichen dafür interpretiert werden, dass die Suche nach spiritueller Bedeutung in der modernen Welt an Bedeutung gewinnt. Diese Entwicklung könnte auch darauf hindeuten, dass die deutsche Gesellschaft zunehmend offen für Vielfalt und kulturellen Austausch ist.

Die Tatsache, dass Namen mit starken religiösen Konnotationen wie Mohammed und Noah an Beliebtheit gewinnen, spiegelt möglicherweise eine wachsende Toleranz und Akzeptanz gegenüber unterschiedlichen Glaubensrichtungen und kulturellen Traditionen wider.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Beliebtheit von Namen nicht zwangsläufig eine direkte Verbindung zu religiösen Überzeugungen oder spirituellen Praktiken der Gesellschaft insgesamt hat. Die Entscheidung, einem Kind einen bestimmten Namen zu geben, kann von persönlichen Präferenzen, familiären Traditionen oder einfach von ästhetischen Vorlieben der Eltern beeinflusst werden.

Dennoch regt der Anstieg der Namen Mohammed und Noah in den Namensrankings sicherlich zum Nachdenken über die sich wandelnde kulturelle Landschaft an. Ob diese Verschiebung tatsächlich eine Zunahme der spirituellen Suche in Deutschland signalisiert oder einfach nur ein Spiegelbild der Vielfalt und Offenheit der modernen Gesellschaft ist, bleibt eine spannende Frage.

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Derya Türkmen
Seit Oktober 2023 Chefin vom Dienst im Berlin Ressort
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7 Kommentare

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  • Was mich immer schon interessiert hat, worauf ich aber nie eine Antwort erhalten habe:

    Warum geben Deutsche mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund ihren Kindern auch in der vierten Generation so gut wie nie deutsche Namen?

    Ernstgemeinte Frage und echtes Interesse an Aufklärung. Ist es in der türkischen Kultur üblich, Kindern z.B. den Namen ihrer Großeltern zu geben?

    Oder gibt es tatsächlich keinen einzigen deutschen Namen, der in türkischen Ohren schön klingt? Wäre Marie partout keine Alternative zu Meryem?

    In den USA ist es dagegen üblich, dass selbst Einwanderer der ersten Generation sich englische Vornamen zulegen. Warum ist das in Europa anders?

     

  • Mohammed ist der häufigste Vorname der Welt, auch wenn Mehmet und andere Formen gesondert gezählt werden.

  • Es ist zu vermuten, dass die Wahl des Vornamens eines „Propheten“ in der Mehrheit der jeweiligen Fälle völlig unterschiedliche Hintergründe hat. Während Muslime (-:innen?) ihre Religion offen nach außen tragen, vielleicht auch um Zugehörigkeit in einem Land zu spüren, das sie immer noch deutlich ausgrenzt, dürften die Kartoffel-Noahs mit Religion wenig am Hut haben. Spannend wäre hier gewesen, eine Taufstatistik der Kirchen hinzuzuziehen.



    Davon abgesehen bedeutet das Wort „Prophet“ im Falle von Mohammed etwas anderes als bei Noah, es ist in jedem Fall ein Fremdwort gegenüber der Sprache der jeweiligen „Offenbarung“. Und was ist überhaupt mit den „heidnischen“ Namen, etwa der all der Svens und Björns? Vergleichbar wäre in Deutschland doch wohl höchstens der Zweitname Maria für Jungs unter Katholiken.

  • Naja, es ist schon eher langweilig, sich immer aufs neue auf "Ach, nennen wir das Kind Mohammed (Andreas, Kevin, Leon, Daniela, Nicole, Maria Carmen, Juan José), dann ist auch der Opa zufrieden..." zu einigen, gibt es doch sehr viele andere schöne Namen.

    Oder wie es ein Freund sagte: Meine syrischen Eltern waren so einfallslos - in Deutschland wär ich sowas wie Andi, Kevin oder Peter, je nach Generation...

    Traditionell häufige Namen als Zeichen einer modernen, offenen Gesellschaft? Gewagte These :)

  • Wie kann man nur ein Kind mit einem Namen von falschen Propheten bestrafen. Beide Namensgebungen sind doch absolut regressiv.

    Ansonsten schließe ich mich DIMA an. Hoffe die Menschheit überwindet irgendwann die Spaltung durch religiösen Aberglauben.

    • @Gostav:

      Ostdeutschland ist die unreligiöseste Gegend der Welt.

      Und? Ist es auch ein Paradies der Aufklärung und der zwischenmenschlichen Harmonie?

  • Ich verstehe nicht, weshalb diese Tatsachen als Spiegelbild für Vielfalt und Toleranz gelesen werden soll. Dies wäre möglicherweise der Fall, wenn jüdisch-christliche Eltern ihre Jungen Mohamed und muslimische Eltern ihre Kinder Noah nennen würden. In der jetzigen Ausprägung sehe ich es eher als Zeichen der Segration.