Belarus und die EU-Außengrenze: Polen schließt Grenzübergang
Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze spitzt sich zu. Forderungen nach verschärften Sanktionen gegen die Regierung in Minsk werden laut.
Am Montag hatten Gruppen von hunderten Flüchtlingen und Migranten in der Nähe von Kuznica vergeblich versucht, die EU-Außengrenze von belarussischer Seite aus zu durchbrechen. Nach Erkenntnissen der polnischen Behörden halten sich gegenwärtig zwischen 3.000 und 4.000 Migranten im belarussisch-polnischen Grenzgebiet auf – viele kommen aus Krisengebieten wie Afghanistan und dem Irak.
Auf am Montagabend in sozialen Netzwerken veröffentlichten Videos war zu hören, wie polnische Beamte Menschen in einem provisorischen Zeltlager per Lautsprecher vor illegalen Grenzübertritten in die EU warnten.
Berichte über angebliche Schüsse
Staatsnahe belarussische Medien berichteten unter Berufung auf den Grenzschutz von angeblichen Schüssen auf polnischer Seite. Aus Polen gab es dazu zunächst keine offiziellen Angaben. Die Regierung in Warschau und die EU werfen dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus verschiedenen Krisenregionen visafrei einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen.
Der immer wieder als „letzter Diktator Europas“ kritisierte Lukaschenko hatte erklärt, Geflüchtete auf ihrem Weg nach Europa nicht mehr aufhalten zu wollen – als Reaktion auf Sanktionen gegen sein Land.
„Zynische Instrumentalisierung von Migranten“
Angesichts der Lage an der polnisch-belarussischen Grenze forderte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusätzliche Sanktionen. Belarus müsse mit der „zynischen Instrumentalisierung von Migranten“ aufhören, sagte sie am Montagabend. „Ich fordere die Mitgliedstaaten auf, die erweiterte Sanktionsregelung gegen die belarussischen Behörden, die für diesen hybriden Angriff verantwortlich sind, zu billigen.“
Die EU arbeite insbesondere daran, Fluggesellschaften von Drittstaaten zu sanktionieren, die am Transport von Migranten nach Belarus beteiligt seien. EU-Kommissions-Vize Margaritis Schinas sagte, er werde in den kommenden Tagen in die Herkunfts- und Transitländer der Migranten reisen.
Auch der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, der CSU-Politiker Manfred Weber, sprach sich für verschärfte Sanktionen aus. „Die europäische Botschaft muss sein: Es reicht!“, sagte Weber der Bild-Zeitung. Kritisch äußerte Weber sich mit Blick auf die Türkei – eins der Länder, von denen aus Migranten mit Flügen nach Belarus gelangten: „Wenn der türkische Präsident Erdogan nun mittels zahlreicher Migranten-Flüge aus der Türkei nach Belarus neue Erpressungsversuche gegen die EU unternimmt, braucht es eine unmissverständliche Antwort.“
Weber sagte. „Damit wird er genauso scheitern wie mit seinem Versuch, Migranten über die griechisch-türkische Grenze zu schleusen. Die Kommission muss umgehend Gespräche mit der türkischen Regierung aufnehmen.“
Polen will bisher keine Hilfe aus Brüssel
Auch der geschäftsführende Bundesinnenminister Horst Seehofer forderte Engagement aus Brüssel: „Wir müssen der polnischen Regierung bei der Sicherung der Außengrenze helfen“, sagte der CSU-Politiker der Bild. Die EU-Kommission hat jedoch nach eigener Aussage Polen bereits mehrfach ermuntert, Hilfe anzunehmen. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex, die Asylbehörde Easo und die Polizeibehörde Europol stünden bereit, bei der Registrierung von Migranten, Bearbeitung von Asylgesuchen und dem Kampf gegen Schmuggel zu helfen, hieß es am Montag.
Die EU erkennt den 67-jährigen Lukaschenko seit der weithin als gefälscht geltenden Präsidentenwahl im vergangenen Jahr nicht mehr als Staatsoberhaupt von Belarus an und hat in diesem Zusammenhang auch Strafmaßnahmen verhängt. Unterstützt wird Lukaschenko unter anderem von Russland.
Die EU-Staaten Polen und Litauen haben in den vergangenen Monaten Tausende Grenzübertritte gemeldet. Deutschland gilt als ein Hauptziel der Flüchtlinge und Migranten. Menschenrechtler fordern immer wieder Hilfe für die im Wald gestrandeten Menschen und warnen vor einer humanitären Katastrophe. In der Grenzregion sind bereits mehrere Migranten gestorben.
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