Belarus im Ukraine-Krieg: Lukaschenkos Zwickmühle
Der belarussische Präsident kündigt die Aufstellung einer Eingreiftruppe mit Russland an. Grund dafür seien Angriffspläne der Ukraine auf Belarus.
Zur Begründung sagte Lukaschenko, die Bedrohungslage an den westlichen Grenzen des Unionsstaates (eines Staatenbundes zwischen Belarus und Russland auf der Grundlage eines Vertrages von 1999; Anm. d. Red.) mache diese Entscheidung notwendig. Grundlage der Militäreinheit sei die belarussische Armee. Die Aufstellung habe vor zwei Tagen begonnen. Schon bald würden mehr als 1.000 russische Soldaten nach Belarus kommen.
Angeblich habe er am Sonntag über inoffizielle Kanäle Informationen erhalten, wonach die Ukraine einen Angriff auf Belarus plane, so Präsident Lukaschenko. Anstifter sei der Westen, der Belarus in den Krieg hineinziehen wolle. „Mein Antwort darauf an unsere Militärs ist einfach: Beweist dem ukrainischen Präsidenten und den anderen Verrückten, dass die Krim-Brücke ihnen wie ein paar Blumen vorkommen wird, wenn sie mit ihren schmutzigen Händen auch nur einen Meter unseres Territoriums berühren“, sagte Lukaschenko.
Olga Karatsch, belarussische Menschenrechtlerin
Bisher hatte er steif und fest behauptet, Belarus werde sich nicht aktiv an den Kampfhandlungen beteiligen. Dabei ist der Nachbar der Ukraine schon längst mitten drin in der sogenannten Spezialoperation. Seit dem Ausbruch des Krieges am 24. Februar 2022 stellt Belarus den russischen Truppen bereit- willig Logistik sowie seinen Luftraum zur Verfügung. Immer wieder erfolgen Angriffe auf die Ukraine auch von belarussischem Territorium aus.
Generalmobilmachung in Belarus erwartet
Lukaschenko befindet sich in einer Zwickmühle. Die Mehrheit der Belaruss*innen lehnt den Krieg gegen die Ukraine, der sich viele verbunden fühlen, entschieden ab. Seit Monaten häufen sich Berichte über die Flucht von Männern im wehrfähigen Alter, die sich einem drohenden Einsatz in der Ukraine zu entziehen versuchen,.
Gleichzeitig ist Lukaschenko, Belarus gehört dem von Moskau angeführten Militärbündnis „Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit“ (OVKS) an, komplett von Russland abhängig – politisch wie wirtschaftlich. Vor diesem Hintergrund war es für viele Beobachter*innen ohnehin nur noch eine Frage der Zeit, wann Lukaschenko sich einem entsprechenden Begehr von Putin nicht mehr würde widersetzen können. Mit ausbleibenden Erfolgen Moskaus auf dem Schlachtfeld sowie einer Teilmobilisierung, die ebenfalls nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, scheint dieser Zeitpunkt offensichtlich gekommen zu sein.
Lukaschenkos Kehrtwende wieder Willen hatte sich bereits vor knapp einer Woche angedeutet. Belarus nehme an der „kriegerischen Spezialoperation“ gegen die Ukraine teil, entsende seine Soldaten aber nicht in das Konfliktgebiet und töte auch niemanden, hatte er gesagt. Kurz darauf erklärte der belarussische Verteidigungsminister Wiktor Chrenin, Belarus müsse vorbereitet sein, um einen Angriff von Polen, Litauen, Lettland und der Ukraine abzuwehren. Am vergangenen Samstag war der ukrainische Botschafter in Minsk, Igor Kisim, ins belarussische Innenministerium einbestellt worden. Dort war ihm eine Protestnote folgenden Inhalts übergeben worden: Die Ukraine plane einen Angriff auf Belarus.
Laut der belarussischen Menschenrechtlerin Olga Karatsch dürfte eine Generalmobilmachung in Belarus nicht lange auf sich warten lassen. „Leider hat der Westen unsere verzweifelten Hilferufe ignoriert“, sagt sie. „Das betrifft auch die Öffnung humanitärer Korridore für diejenigen, die nicht an Putins Seite in der Ukraine kämpfen wollen. Doch dafür ist es noch nicht zu spät.“
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