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Bayerns neue WindkraftregelungSöders ein bisschen weniger 10 H

Bayern will an der umstrittenen Abstandsregel für Windkraftanlagen festhalten, aber mehr Ausnahmen zulassen. Das finden nicht alle gut.

Geht doch: Windräder vor Alpenvorland Foto: Alexander Rochau/imago

München taz | Stundenlang rangen die CSU-Abgeordneten mit sich und miteinander, bis am Mittwochabend Fraktionschef Thomas Kreuzer und Ministerpräsident Markus Söder aus der Frak­tions­sitzung kamen und den großen Erfolg verkünden konnten – oder zumindest das, was sie als solchen sehen möchten: Bayern will an seinem restriktiven Kurs in Sachen Windkraft festhalten, aber genügend Ausnahmen gewähren, damit ein weiterer Ausbau möglich ist. Der Entschluss sei einstimmig getroffen worden, so die Söder’sche Auslegung – mit nur fünf Gegenstimmen.

Ein Großteil der Fraktion hatte sich im Vorfeld sehr skeptisch gegenüber einer Aufweichung der 10-H-Regel gezeigt. Konkret votierte sie nun für Folgendes: Künftig soll es auf bestimmten Flächen leichter möglich sein, Windräder zu errichten, zum Beispiel entlang von Autobahnen, Bundesstraßen oder Haupteisenbahnstrecken sowie in Wäldern.

Hier soll dann ein Mindestabstand von 1.000 Metern zur nächsten Wohnbebauung genügen. Dasselbe gilt für ausgewiesene Windkraftvorranggebiete.

Bislang besagt die umstrittene und nur in Bayern existente 10-H-Regel, dass der Abstand mindestens das Zehnfache der Windradhöhe betragen soll, bei modernen Anlagen also gut und gerne zwei Kilometer oder mehr. Auch bei bestehenden Rotoren, Truppenübungsplätzen und industriellen Nebenanlagen will die CSU nun großzügiger sein. Koalitionspartner Freie Wähler, der Windkraft gegenüber ohnehin aufgeschlossener, begrüßt das.

Zwei-Prozent-Ziel soll erreicht werden

800 weitere Windenergieanlagen sollen so laut Söder in Bayern zusätzlich gebaut und das Zwei-Prozent-Ziel von Bundesklimaminister Robert Habeck (Grüne) erreicht werden. Ob Habeck, der gefordert hatte, zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft zu nutzen, das ebenso sieht, bleibt abzuwarten. Andernfalls könnte er selbst die 10-H-Regel außer Kraft setzen.

Sein Parteifreund Ludwig Hartmann vermutet, dass es so kommen wird. Jedenfalls zeigt sich der Grünen-Fraktionschef im Landtag skeptisch angesichts der Ein-bisschen-weniger-10-H-Formel: Die CSU bleibe „in der Energiepolitik ein Drückeberger-Verein“.

Der grüne Energieexperte Martin Stümpfig kritisierte ein bloßes „Herumdoktern“ an der 10-H-Regel. Auch Annette Karl von der SPD findet den CSU-Kompromiss ungenügend. „Erst werden die politischen Entscheidungsprozesse maximal verzögert, und jetzt kommen Ausnahmen, die in der Konsequenz den Ausbau wieder auf die lange Bank schieben.“

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7 Kommentare

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  • Die auf dem Bild gezeigten Windräder gehören zum "Energiedorf" Wildpoldsried im Allgäu www.wildpoldsried....l?energie_homepage , wo man im Hinblick auf Erneuerbare vergleichsweise aktiv ist.

  • Man muss schon fair sein. Bayern hat diverse Geothermie-Projekte am laufen.



    Wenn man die einzelnen Bundesländer vergleicht, muss man den öko-Strom bzw. Wärme insgesamt erfassen.

    Ich bin sehr für die Ausweitung der Geothermie-Projekte. Natürllich dürfen da keine Anfänger ran, sonst gibt´s Risse in den Häusern.



    Alles machbar!



    Auch sollte die Lithium-Gewinnung im Oberrheintal-Grabe massiv vorangetrieben werden.

  • Bildunterschrift: "Geht doch: Windräder vor Alpenvorland".



    Sind es nicht eher "Windräder vor den Alpen" oder "Windräder im Alpenvorland"?

  • "Ob Habeck, der gefordert hatte, zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft zu nutzen, das ebenso sieht, bleibt abzuwarten. Andernfalls könnte er selbst die 10-H-Regel außer Kraft setzen."

    Die Frage heißt schon lange nicht mehr wieso welches Bundesland welche Abstandsregeln hat, sondern warum Habeck nicht schon längst bundesweit Klarheit geschaffen hat, damit all die WKA-Bauwilligen endlich planen und loslegen können.

  • Auch wenn man noch so viele Windräder baut bläst nicht mehr Wind in Bayern.

    • @Günter Witte:

      Das wird durch bloße Wiederholung sicher nicht richtiger. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. [1] Bayern hat genauso windreiche Gebiete wie die Nordseeküste. Interessant sind vor allem Vorranggebiete am Alpenrand und auf den Gipfeln und Höhenzügen im Oberpfälzisch-Bayerischen Wald. Diese sollten zuerst ausgewiesen und auch am schnellsten bebaut werden – mit modernsten Anlagen, um möglichst schnell umfassende Windernten zu erzielen und CO₂-Emissionen zu dezimieren.

      Wir bekommen Druck aus dem Treibhauskessel, erhalten zugleich durch konstanteren Wind höhere Grundlastsicherheit, werden unabhängiger von Energieimporten und stabilisieren und senken den Strompreis.

      Es ist also sowohl klima-, als auch sicherheitspolitisch, als auch wirtschaftlich klug und geboten.

      ·

      Auf obigem Bild sind zwei Dinge falsch: Die Farbe der Rotorblätter, die zwar einem widersinnigen, steinzeitlichen Verständnis von "Hinderniskennzeichnung" genügt, keinesfalls aber dem Vogelschutz. [2] Und die Nichtbebauung der Berge im Hintergrund.



      [1] www.dwd.de/DE/leis...bundeslaender.html de.wikipedia.org/w...tschlands_plus.png

      [2] de.wikipedia.org/w...Windenergieanlagen



      www.spiegel.de/wis...-91ac-d1b3424c5f34

      • @What would The Doctor do?:

        Aber Alpengipfel und Bayrischer Wald machen nicht 2% der Landfläche in Bayern aus !!