Baugenehmigung für Schacht Konrad: Ein Spiel auf Zeit?

Niedersachsens Umweltministerium prüft seit fast einem Jahr, ob die Baugenehmigung für das Atommüllendlager noch gilt. Derweil wird weiter gebaut.

Mitarbeiter und Besucher stehen in einem Schacht im still gelegten Eisenerzbergwerk Schacht Konrad.

Irgendwann ist das Atomendlager dann fertig: Bauarbeiter im Jahr 2018 im Schacht Konrad Foto: dpa / Julian Stratenschulte

Göttingen taz | Knapp ein Jahr ist es her, dass Umweltverbände und Bürgerinitiativen beim niedersächsischen Umweltministerium beantragten, die Baugenehmigung für das Atommüllendlager Schacht Konrad in Salzgitter aufzuheben. Dieser im Behördendeutsch sogenannte Planfeststellungsbeschluss war vor 20 Jahren ergangen. Die Antragsteller begründeten ihre Initiative damit, dass der Bau von Schacht Konrad aufgrund veralteter Planungen und längst nicht mehr nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erfolge. Und dass seit Beginn des Baus 60 Änderungsgenehmigungen ohne Öffentlichkeitsbeteiligung erteilt wurden.

Schacht Konrad ist ein altes Eisenerzbergwerk. Als nationales Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle soll es bis zu 303.000 Kubikmeter Atommüll aufnehmen. Als er den Antrag der Atomkraftgegner entgegennahm, sagte Landesumweltminister Olaf Lies (SPD) eine sorgfältige Prüfung des Begehrens zu. In den folgenden Monaten versicherte das Ministerium, auch gegenüber der taz, immer wieder, dass der Antrag auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses sorgfältig geprüft werde – und dass diese Prüfung einige Zeit dauern könne. Gründlichkeit gehe eben vor Schnelligkeit.

Während die Ministeriumsfachleute also prüfen und prüfen, geht der Ausbau des Schachtes zur Atommüllkippe durch die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) munter weiter. So würden „nicht revidierbare Fakten geschaffen“, bemängelt die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, unter deren Dach Bürgerinitiativen, Kommunen, Gewerkschaften und das Landvolk zusammenarbeiten.

Zudem verschlingt der Ausbau viel Geld. Bis zur von der BGE für 2027 anvisierten Inbetriebnahme seien weitere Investitionen von derzeit knapp zwei Milliarden Euro geplant, also in jedem Jahr mehrere Hundert Millionen, rechnen Atomkraftgegner vor. Die gesamten Baukosten sind von ursprünglich kalkulierten 900 Millionen auf derzeit knapp 4,5 Milliarden Euro gestiegen.

Die gesamten Baukosten sind von ursprünglich kalkulierten 900 Millionen auf derzeit knapp 4,5 Milliarden Euro gestiegen

„Hier wird offenkundig auf Zeit gespielt“, ist sich die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad sicher. „Wenn dann das Atommülllager 2027 plötzlich fertiggestellt wäre – wer glaubt dann noch ernsthaft, dass es dann gleich wieder zugeschüttet würde? So kann sich dann die gründliche Prüfung als grobes Foulspiel erweisen, um ein 50 Jahre altes, völlig überholtes Lagerkonzept überhaupt noch durchziehen zu können.“

Die Arbeitsgemeinschaft fordert deshalb nun einen sofortigen Baustopp: „Alles andere zementiert den Eindruck, dass die gründliche Prüfung nur dem Zweck dient, unumkehrbare Fakten zu schaffen“, so Edgar Vögel, einer der Sprecher des Dachverbandes der örtlichen Konrad-Kritiker.

Aus Sicht von Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU) gebietet allein die Verpflichtung zu sparsamer Haushaltsführung einen Baustopp für Schacht Konrad. Und Matthias Wilhelm von der IG Metall in Salzgitter sagt: „Es ergibt überhaupt keinen Sinn, jetzt Milliarden in Schacht Konrad zu verbauen, ohne zu wissen, ob das Endlagerprojekt sicher ist.“

Die Mittel für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle seien begrenzt, so Wilhelm. Derzeit werde der Umbau von Schacht Konrad vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsfonds finanziert, in den die Atomkraftwerksbetreiber Geld einbezahlt hätten: „Wenn das Geld zu Ende ist, müssen wir als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler alle weiteren Kosten tragen. Deshalb darf nicht einfach munter weitergebaut und letztlich unser aller Geld in Konrad verbrannt werden.“

Die in der Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Gruppen und Organi­sationen wollen es indes nicht bei verbalem Protest belassen. Für den 22. Mai, den 20. Jahrestag des Planfeststellungsbeschlusses, haben sie einen Sternmarsch und eine Sternfahrt aus der Region mit anschließender Umzingelung des Schacht­geländes angekündigt. Die Strecke um das eingezäunte Areal misst 1.242 Meter.

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