Batterie-Recycling wird einfacher: Akkus aus dem Altpapier
Das Recyceln von Batterien und Elektroschrott soll in diesem Jahr einfacher werden. Doch welche Vorgaben sind wirklich sinnvoll?
2024 müsste eigentlich einen riesigen Schub bringen für das Recycling von Batterien und Elektroschrott. Zahlreiche neue Vorschriften und Anreize treten in Kraft, um Metallrohstoffe länger zu nutzen, von EU-weiten Quoten für das Batterierecycling über Vorgaben, mehr Nickel, Kobalt oder Kupfer aus Recyclingverfahren einzusetzen bis hin zum Recht auf Reparatur für Verbraucher. Das führt dazu, dass in Produkten gebundene Rohstoffe länger genutzt und häufiger wieder verwendet werden, so die Hoffnung.
„Die Recyclingwirtschaft steht voll im politischen Spotlight“, sagt Kilian Schwaiger, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Metallhändler und Recycler (VDM). Der Wille, die Branche zu fördern sei da, ihre Bedeutung für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft werde anerkannt. „Allerdings wird immer noch zu wenig verstanden, dass die Unternehmen nur dann in Recycling investieren, wenn bestehende Absatzmärkte gesichert und neue geschaffen werden“, sagt Schwaiger.
Neue Vorschriften etwa für den Außenhandel mit Recycling-Rohstoffen seien daher genau das falsche Signal, genauso wie die anhaltend hohen Energiekosten. Zudem greifen einige der neuen Gesetzestexte, etwa die EU-Batterieverordnung, zu kurz: So regelt die Verordnung etwa akribisch, wann welche Batterietypen wie austauschbar und gekennzeichnet sein müssen. Aber ein Batteriepfand wurde nicht eingeführt. „Das ist schwierig“, sagt Schwaiger, „denn falsch entsorgte Batterien sind ein riesiges Problem“.
Die meisten Schwierigkeiten bereiten dabei falsch gesammelte, batteriehaltige Elektroaltgeräte. Kai Kramer, Mitarbeiter der Goslarer Recyclingfirma Electrocycling GmbH kann davon ein Lied singen: „Wir entladen die Container mit den gesammelten Altgeräten, die leider auch viele Batterien enthalten, im Außenbereich. Die in den Geräten enthaltenen, fest verbauten oder eingeklebten Lithiumbatterien müssen durch unsere Mitarbeiter aufwändig ausgebaut werden“, sagt Kramer. Dabei gehe es nicht immer ohne eine Beschädigung der Batteriezellen ab, die sich entzünden könnten. „Wegen der Brandgefahr bringen wir am Ende des Arbeitstages alle Batterien und Geräte mit Batterien wieder nach draußen, weit weg von unseren Hallen“, so der Fachmann.
Das Unternehmen habe mittlerweile große Schwierigkeiten, noch eine bezahlbare Brandschutzversicherung zu bekommen, „auch der Selbstbehalt ist so groß, dass es kaum noch finanzierbar ist“, sagt Kramer. Ein noch größeres Problem entstehe, wenn die batteriehaltigen Geräte sowie Geräte wie Einweg-E-Zigaretten, Grußkarten mit elektronischen Funktionen oder Kleidung mit Beleuchtungen in den gesammelten Verpackungsabfällen, also im gelben Sack oder der gelben Tonne, im Altpapier oder im Restmüll entsorgt würden.
Lithiumbatterien, egal ob Knopfzellen aus einer Fernbedienung, Akkus aus Smartphones, Zahnbürsten, dem E-Bike oder E-Auto können sich bei falscher Behandlung oder Beschädigung entzünden. Fast wöchentlich lese man in Branchenblättern von abgebrannten Recyclinganlagen, so Kramer.
„Wir müssen die Endnutzer besser darüber informieren, dass jegliche Batterien im Hausmüll oder im Gelben Sack verboten sind“, sagt auch Andreas Kröninger, Mitglied der Geschäftsführung beim Münchner Batterierücknahmesystem Rebat. „Die Strukturen, Batterien einzusammeln und zu verwerten, sind da“, sagt Kröninger, „aber wir müssen die Sammelquoten erhöhen“. Bislang etwa kommuniziere Rebat in Broschüren oder online mit den Endverbrauchern nur auf Deutsch.
Geringer Rücklauf bei Männern zwischen 30 und 40 Jahren
Das Gleiche gilt auch für die gemeinsam von allen Batterierücknahmesystemen betriebene Informationsplattform. „Die Rücknahmemengen in den Ballungszentren mit hohem Migrationsanteil sind aber geringer als auf dem Land“, so Kröninger, „dort müssten wir mehrsprachig kommunizieren“. Am geringsten sei der Rücklauf bei Single-Männern zwischen 30 und 40 Jahren, sie gelte es zu erreichen. „Für die nötigen Marketing-Kampagnen fehlt der Branche aber das Geld“, sagt der Recycling-Fachmann. Man versuche das Thema in Kindergärten und Schulen einzubringen. Das helfe langfristig, sorge aber nicht dafür, dass die neuen Sammelquoten 2027 erreicht würden.
„Wenn wir die Batteriebrände nicht in den Griff bekommen“, sagt Schwaiger vom VDM, „gefährden wir Mitarbeiter auf dem Platz, die Betriebe werden teilweise nicht mehr versichert, wir vernichten Rohstoffe.“ Er sorgt sich, dass einige Betriebe dauerhaft geschlossen bleiben, nachdem ihre Anlagen abgebrannt sind. „Dann erreichen wir das Gegenteil von dem, was wir mit den ganzen Gesetzen und Verordnungen erreichen wollten“, so Schwaiger. Die nächste Chance, eine Pfandpflicht für Batterien einzuführen, biete das Elektroaltgeräte-Gesetz, das die Bundesregierung im kommenden Jahr vorstellen werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?