Bamf-Affäre im Innenausschuss: Ringen um Aufklärung
Und wieder tagt der Innenausschuss des Bundestages zum Bamf-Skandal. Am Freitag stehen weitere Befragungen an. Worum geht es?
Scheinost dürfte im Ausschuss seine Vorwürfe gegen die Amtleitungen, insbesondere gegen Ex-Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise wiederholen. Weise, so der Gesamtpersonalrat, habe die Bamf-Entscheider dazu angehalten, „Schnelligkeit über Sorgfalt und Qualität“ zu stellen. Darunter hätten die Asyl-Entscheidungen gelitten.
Dieser Vorwurf ist nicht neu. Schon Ende 2015 hatten Personalräte in einem Brief die Abkehr von rechtsstaatlichen Prinzipien bei den beschleunigten Asylverfahren für bestimmte Flüchtlingsgruppen kritisiert. Dass die Anzahl der Klagen gegen Asylbescheide vor den Verwaltungsgerichten in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist und im Jahr 2017 40 Prozent von ihnen erfolgreich waren, stützt diesen Vorwurf.
Weise wiederum hatte Anfang der Woche die Vorwürfe weitergereicht und die Probleme des Bamf auf mangelnde Weitsicht früherer Verantwortlicher zurückgeführt. „Das Ansteigen der Flüchtlingszahlen wurde zu spät bemerkt, da es kein Controlling gab“, sagte Weise der Deutschen Nachrichten-Agentur (dpa). Namen nannte er nicht, er dürfte aber seinen Vorgänger Manfred Schmidt gemeint haben. Dieser wird am Freitag gemeinsam mit Weise vom Ausschuss befragt. Es könnte ein munterer Nachmittag werden.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Hintergrund der Sondersitzungen waren ursprünglich Unregelmäßigkeiten in der Bremer Außenstelle des Bamf. Im April war bekannt geworden, dass zwischen 2013 und 2016 in etwa 1.200 Fällen Asylanträge positiv beschieden wurden, bei denen unklar ist, ob es die rechtliche Grundlage dafür gab. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte bei der ersten Sondersitzung in der vergangenen Woche in diesem Zusammenhang von einem „handfesten Skandal“ gesprochen.
Worin der aber genau bestehen soll, wird immer unklarer. Inzwischen hat sich die Debatte auf den Gesamtzustand des Bamf ausgeweitet, auch wenn die Probleme der Behörde seit Jahren öffentlich bekannt sind. Am Donnerstag hat der Bundestag sogar Anträge von FDP und AfD zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beraten, die auch die Entscheidungen der Bundesregierung im Sommer 2015 untersuchen wollen, als Hunderttausende Geflüchtete ins Land kamen.
Bei der Debatte warf FDP-Fraktionschef Christian Lindner den anderen Fraktionen vor, ihre Zögerlichkeit in Sachen Untersuchungsausschuss liege vor allem an der AfD. „Wir werden uns nicht davon abhalten lassen, das richtige zu fordern, weil die falschen zustimmen“, so Lindner. Doch er weiß: Die Stimmmen von FDP und AfD reichen für die Einsetzung eines Untersuchungsschusses nicht aus.
SprecherInnen der anderen Fraktionen warfen den beiden Parteien vor, dass es ihnen nicht um Aufklärung, sondern um PR gehe. Von „Schwestern im Geiste“ sprach Patrick Schnieder von der CDU, von Populismus Dietmar Bartsch von der Linksfraktion. Sie setzten auf Aufklärung im Innenausschuss. Zustimmung kam allein von der ehemaligen AfD-Chefin Frauke Petry, die als Fraktionslose im Bundestag sitzt.
Verbesserungen für die Zukunft
Anders als FDP und AfD setzen die Grünen auf Aufklärung im Innenausschuss. Und was genau ist dabei das Erkenntnisinteresse? „Dass im Bamf die Politik ‚Quantität vor Qualität‘ galt, war uns bekannt und haben wir oft kritisiert“, sagt die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Luise Amtsberg. Jetzt müsse es darum gehen herauszufinden, wann die Entscheidung dafür getroffen wurde und wer verantwortlich sei. Und natürlich gehe es um Verbesserungen für die Zukunft.
Wie schon bei der ersten Sondersitzung, als Innenminister Seehofer und Amtsleiterin Cordt befragt wurden, haben die Grünen auch jetzt einen langen Katalog von diesmal 53 Fragen eingereicht. Darin geht es um die Fachaufsicht durch das Innenministerium und das interne Controlling des Bamf, aber auch ganz konkret um die Asylverfahren. Darunter sind auch Fragen danach, ob im Bamf auf Identitätsfeststellungen und persönliche Anhörungen verzichtet wurde und statt dessen Fragebögen eingesetzt wurden. Dies wird unter anderem der Bremer Bamf-Leiterin vorgeworfen. Die Frage ist, ob sogenannte vereinfachte Asylverfahren bei Geflüchteten aus Herkunftsländern mit besonders hoher Schutzquote temporär im Bamf gängig waren, wie eine Studie nahelegt.
Die Bamf-Leiter werden an diesem Freitag vielleicht nicht alle Fragen beantworten. In der kommenden Woche aber geht es weiter, mit einigen der politisch Verantwortlichen: Der ehemalige Innenminister Thomas de Maiziére und Ex-Kanzleramtschef Peter Altmaier, zeitweilig Flüchtlingskoordinator ber Bundesregierung, werden dem Ausschuss dann Rede und Antwort stehen. Auch dann gilt: Ende offen.
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