Bahn transportiert zu wenig Getreide: Ukrainebauern bitten um Exporthilfe
Da die Häfen blockiert sind, kann die Ukraine nur einen Bruchteil ihres Weizens verkaufen. Nun will sie von der EU mehr Waggons für den Bahntransport.
Die Ukraine kann derzeit fast nur auf der Schiene Getreide exportieren, weil das russische Militär die Häfen des Landes kontrolliert oder blockiert. Auch deshalb rechnet die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) damit, dass die Zahl von unterernährten Menschen weltweit 2022/23 um 8 bis 13 Millionen steigen könnte. Die Ukraine lieferte vor dem Krieg 12 Prozent der globalen Weizenexporte. Besonders abhängig davon sind Nordafrika und der Nahe Osten. Wegen der befürchteten Lieferausfälle sind die Nahrungsmittelpreise stark gestiegen.
Dabei wird die Ukraine in diesem Frühling nach neuen Schätzungen des UCAB trotz des Kriegs auf immerhin 14 Millionen Hektar oder 75 Prozent der ursprünglich geplanten Anbaufläche vor allem Getreide aussäen. Doch wenn die Ernte nicht die VerbraucherInnen etwa in Afrika erreicht, kann sie dort auch nicht die für viele Arme zu hohen Lebensmittelpreise senken.
Normalerweise gelangen 98 Prozent der ukrainischen Agrarexporte über Häfen am Schwarzen oder Asowschen Meer per Schiff auf den Weltmarkt. Weil das derzeit nicht möglich ist, wird nun vermehrt Ware per Bahn etwa in den rumänischen Schwarzmeerhafen Konstanza gefahren und dort auf Schiffe verladen. Bulgarien hat gerade zugesagt, dass auch über seinen Hafen Warna ukrainische Agrarexporte laufen können.
Aber die Bahn kann laut UCAB theoretisch höchstens 20 Prozent des normalen Getreide- und 50 Prozent des Sonnenblumenöl-Exportvolumens aus der Ukraine herausfahren: mit 560 beziehungsweise 130 Waggons pro Tag. Im April waren es dem Verband zufolge insgesamt lediglich 305 Wagen. „Im März konnten wir nur 200.000 Tonnen Getreide exportieren, was nichts ist“, sagte Kateryna Ribatschenko, Geschäftsführerin des ukrainisch-schwedischen Großbetriebs Agro-Region Ukraine.
Verschiedene Spurweiten
„Von europäischer Seite fehlt es manchmal an Kapazitäten, um diese Waggons aufzunehmen, manchmal fehlen Waggons, manchmal gibt es nicht genug Platz in den Häfen, um die Waggons zu entladen und auf die Schiffe zu laden“, klagte Slastjon. Zudem ist die Bahn teurer. „Es kostete 20, 25 US-Dollar pro Tonne, Getreide aus der Nord- oder Zentralukraine nach Odessa zu bringen. Es jetzt mit der Bahn beispielsweise nach Konstanza zu transportieren, kostet uns 100 Dollar“, so Ribatschenko. Das liegt auch daran, dass das ukrainische Schienennetz eine andere Spurweite als etwa Rumänien hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen