Bahn-Konkurrent kehrt zurück: Zweite Chance für die Billigschiene

Zwischen Berlin und Stuttgart rollen jetzt wieder Locomore-Züge. Nach der Insolvenz kooperiert der neue Eigentümer mit Flixbus.

In einem orangenfarbenen Zugabteil sieht man zwei Reisende, auf dem Zugabteil steht "Stuttgart-Berlin 22 Euro / Frankfurt-Hannover 13 Euro"

Diesmal leider ohne Strickabteil, aber die Bahn kriegt wieder Schienenkonkurrenz Foto: dpa

BERLIN taz | Für 9,90 Euro von Berlin nach Stuttgart rollen, und das in knapp sieben Stunden. Klingt unwahrscheinlich, ist aber bald immer mal wieder möglich: Ab dem 24. August sollen die Züge des alternativen Bahnanbieters Locomore wieder Fahrt aufnehmen.

Das insolvente Fernzug-Start-up wurde vom tschechischen Verkehrsunternehmen Leo Express übernommen, das künftig den Betrieb regelt. Es kooperiert mit dem Fernbusbetreiber Flixbus, der für Ticketvertrieb, Marketing und Service zuständig ist.

Am 24. August soll es losgehen. Die Tickets kosten für Schnellbucher 9,90 Euro, auch später soll es einige dieser Spartickets geben. Nach der Startphase soll der Preis steigen, noch ist unklar, wie hoch. Zunächst fährt Locomore nur einmal täglich von Donnerstag bis Montag, ab September werde das Angebot erweitert, sagte Flixbus-Pressesprecherin Bettina Engert.

Locomore hatte seit Dezember letzten Jahres Fahrten auf dem deutschen Streckennetz angeboten. Das Konzept klang zu schön, um wahr zu sein: deutlich billiger als die Deutsche Bahn, dazu kostenloses WLAN, Ökostrom und Bio-Catering. Im Mai hatte das Unternehmen Insolvenzantrag gestellt, weil die verkauften Bahntickets nicht die hohen Kosten decken konnten. Als sich kein neuer Investor fand, war der Betrieb im Mai eingestellt worden.

Optimismus der Betreiber, Skepsis vom Fahrgastverband

Der neue Kooperationspartner Flixbus ist überzeugt, mit dem Konzept mehr Erfolg zu haben. Die Ticketnachfrage bei Locomore sei schon ziemlich hoch gewesen, über die Flixbus-Plattform könne man die nötige Zahl an Kunden gewinnen, um einen nachhaltigen Betrieb bei günstigen Ticketpreisen zu ermöglichen, sagte Flixbus-Geschäftsführer André Schwämmlein.

Auch beim privaten Bahnunternehmen Leo Express, das in Tschechien bereits länger mit Flixbus kooperiert, zeigt man sich optimistisch: „Wir glauben an das Produkt Locomore“, sagte Geschäftsführer Peter Köhler.

Kritischer sieht das Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverbands Pro Bahn. Er ist skeptisch, ob die neuen Eigentümer das Unternehmen langfristig finanzieren können. „Die Rahmenbedingungen für alternative Bahnanbieter sind sehr schlecht“, sagte Naumann. Grund seien zum Beispiel die hohen Trassenkosten und der immense Organisationsaufwand im Bahnvertrieb. Trotzdem begrüßt Naumann die Übernahme: „Wir würden uns freuen, wenn es mit Locomore klappt.“

Wer sich jetzt schon auf Pläusch­chen über US-Präsident Donald Trump oder Häkelrunden im Zugabteil freut, wird allerdings enttäuscht: Einer der Clous der Locomore-GründerInnen, Abteile in Themen wie Politik, Stricken oder Kaffeeklatsch zu unterteilen, wird von den neuen Eigentümern nicht übernommen. „Wir teilen die Vision von nachhaltigem Bahnverkehr, aber unser Schwerpunkt liegt auf der bezahlbaren Mobilität“, sagte Bora Mickowa von Leo Express. „Nicht alle Elemente können übernommen werden.“

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