BND hörte Hillary Clinton ab: Zufällig belauscht
Der Bundesnachrichtendienst soll Gespräche ausländischer Regierungsvertreter und eines Nato-Partners abgehört haben. Natürlich alles rein zufällig.
MÜNCHEN/HAMBURG afp | Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat nach Informationen deutscher Medien ein Telefonat der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton abgehört. Das berichteten Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR am Freitagabend. Sie beriefen sich auf Dokumente, die der Anfang Juli festgenommene BND-Mitarbeiter und mutmaßliche US-Spion Markus R. an den US-Geheimdienst CIA übergeben hatte. Der Mann hat gestanden, der CIA mehr als 200 Dokumente weitergereicht zu haben. Nach Angaben von SZ, NDR und WDR geht aus den Dokumenten außerdem hervor, dass die Bundesregierung angeordnet hat, einen Nato-Partner auszuspionieren.
Dem Vorabbericht der drei Medien zufolge sollen ranghohe US-Regierungsvertreter ihre deutschen Kollegen bereits auf das abgehörte Telefonat von Clinton angesprochen haben. Deutsche Regierungskreise bestreiten demnach allerdings, dass es eine systematische Spionage des BND gegen die USA gebe. Vielmehr sei das Gespräch, das Clinton in ihrer Amtszeit aus einer US-Regierungsmaschine heraus geführt habe, nur zufällig aufgefangen worden.
Clinton soll dem Bericht zufolge allerdings kein Einzelfall gewesen sein: Es seien wiederholt Gespräche von Politikern der USA und anderer befreundeter Staaten mitgeschnitten und dem jeweiligen BND-Präsidenten vorgelegt worden. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen habe es sich dabei aber in keinem Fall um einen gezielten Lauschangriff gehandelt. Seit Sommer des vergangenen Jahres gilt eine Anweisung des damaligen Kanzleramtes, solches Material sofort zu vernichten.
Den Medieninformationen zufolge hat Markus R. der CIA zudem eine Kopie des „Auftragsprofils der Bundesregierung“ für den deutschen Geheimdienst übergeben. Es stammt aus dem Jahr 2009 und hat bis heute Gültigkeit. Darin sei unter anderem festgelegt, welche Länder der BND ausspionieren soll. Die USA sollen sich nicht darunter befinden, seit einigen Jahren aber ein Nato-Land. Die Bundesregierung lehnte auf Anfrage von NDR, WDR und SZ eine Stellungnahme wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens gegen Markus R. ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern