Auszeichnung erhalten: Wir sind Wald
Der Grunewald wird der Wald des Jahres 2015 – und ein Symbol gegen Spekulation.
In einem wahren Mammutprojekt ist mal wieder der deutsche Wald durchforstet worden. Das Ergebnis dieser Bundeswaldinventur, die alle zehn Jahre stattfindet und vom Thünen-Institut in Eberswalde koordiniert wird, kann sich sehen lassen. Zwar machen Fichten (25 Prozent) und Kiefern (22Prozent) noch immer den größten Teil der 90 Milliarden Bäume aus, doch die Laubbäume sind auf dem Vormarsch. Ihre Zahl liegt nun bei 43 Prozent.
Mit dem deutschen Durchschnittswald kann sich der Grunewald nicht messen. Mit 56 Prozent dominieren die Kiefern. Allerdings stehen zwischen Schlachtensee und Havel auch 23 Prozent Eichen, außerdem gibt es in nennenswerter Zahl Birken und Buchen. Dem Bund deutscher Forstleute gefällt das 3.000 Hektar große Waldgebiet – er verlieh ihm am Donnerstag den Titel „Wald des Jahres 2015“. Nach dem Meulenwald in der Eifel, dem Solling im Weserbergland und dem Schönbuch bei Stuttgart ist der Grunewald der vierte Preisträger dieser Art.
Nun kann man sich fragen, warum ausgerechnet Forstleute den Wald des Jahres küren, jener Berufsstand also, der mit Axt und Kettensäge ausgerüstet aus dem Wald herausholt, was bei Ikea dann im Regal landet. Auch der Grunewald kann über die Forstwirtschaft ein Liedchen singen: „Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion.“ Bis heute wird er bewirtschaftet.
Auf der anderen Seite wurden in den vergangenen Jahren Natura-2000-Gebiete ausgewiesen, Moorreste gesichert, weitere Laubbäume gepflanzt. Selbst Umweltschützer bescheinigen dem Wald einen ganz ordentlichen Zustand. Wie überhaupt der Berliner Wald kein Bild des Jammers mehr abgibt. Hätten die Förster einen Ikea-Wald auszeichnen wollen, hätten sie nach Brandenburg gehen müssen.
Wollten sie aber nicht. Denn ausschlaggebend für die Wahl des kommenden Jahreswalds war heuer weniger sein Zustand, sondern die schiere Existenz. Ohne das sogenannte Dauerwaldgesetz von 1915 würde es den Grunewald nicht mehr geben – ebenso wenig wie die Forste in Tegel, Köpenick oder Grünau. 1915 nämlich kaufte der Zweckverband Groß-Berlin die Wälder vom preußischen Staat und schützte sie so vor Immobilienspekulanten.
Merke: Nicht immer ist der Förster Freund des Waldes. Aber jeder Baum ist ihm immer noch lieber als ein Haus.
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