Austausch fossiler Heizungen : Wärmewende in Gefahr
Der Austausch fossiler Heizungen stockt. Die Ziele der Regierung für den Einbau von Wärmepumpen drohen verfehlt zu werden, warnt der Branchenverband.
Fast ein Fünftel der klimaschädlichen CO2-Emissionen in Deutschland stammen aus Gebäuden, der größte Teil davon aus den mehr als 20 Millionen Heizungen. Die Bundesregierung will die Hälfte der Wärmegewinnung in Gebäuden bis 2030 auf erneuerbare Energien umstellen. Dabei spielen strombetriebene Wärmepumpen eine wichtige Rolle. In den kommenden Jahren sollen 6 Millionen Wärmepumpen installiert werden, ab 2024 jedes Jahr 500.000. Doch danach sieht es zurzeit nicht aus. „Wenn es so weitergeht, werden wir im Jahr 2024 nur 300.000 erreichen“, sagt Sieg, der auch Geschäftsführer der Firma BDR Thermea in Deutschland ist, der taz. Unklarheit über die staatliche Förderung und die vergiftete Diskussion um das Heizungsgesetz hat potenzielle Kund:innen verunsichert, ist er überzeugt.
Das Problem: Die ausgebliebenen Installationen können nicht einfach in den folgenden Jahren nachgeholt werden. „Dazu fehlen die Kapazitäten“, sagt Sieg. Es gibt schlicht nicht genug Handwerker, um Verzögerungen wettzumachen. Schon jetzt scheitert so mancher Wärmepumpeneinbau daran, dass Eigentümer:innen keine Installateur:innen finden. Sieg rät, auf den Internetseiten von Herstellern nach Handwerker:innen zu suchen – die sind in der Regel für den Einbau einer Wärmepumpe ausgebildet.
2023 haben sich die Absatzzahlen schlechter als erwartet entwickelt. „Das erste Halbjahr war noch sehr stark“, berichtet Sieg. „Hätte sich die Entwicklung fortgesetzt, hätten wir in diesem Jahr 400.000 Wärmepumpen erreicht.“ Doch jetzt erwartet die Branche nur einen Absatz von höchstens 350.000. „Der Einbruch ist dramatisch, auch weil ein großer Teil der 350.000 noch in den Handelsregalen liegen und nicht beim Kunden installiert wurden“, sagt er. Weil eine Wärmepumpe selten von heute auf morgen installiert wird, zeigen sich Veränderungen im Markt stets mit etlichen Monaten Verzögerung.
Hetzkampagne zeigt Wirkung
Die Zurückhaltung in der zweiten Jahreshälfte geht also auf das Geschehen in der ersten zurück. Da hat die Kampagne der Springermedien und der FDP gegen das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) zu einer massiven Verunsicherung geführt. Die Zahl der Anträge auf Förderung lag 2023 nach Angaben des Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) zwischen Januar und November bei 86.560, im gleichen Zeitraum 2022 waren es noch stolze 329.000. „Der Wärmepumpenboom ist vorbei“, sagt Frederic Leers vom Bundesverband der deutschen Heizungsindustrie. Dabei hätten die Anbieter ihre Kapazitäten drastisch ausgebaut. „Die Industrie und das Handwerk haben geliefert, die Politik aber nicht.“
Das sieht auch Sieg so. Nach der Ankündigung der Bundesregierung, die Förderung neu aufzustellen, warten nach seinen Erfahrungen viele erst einmal ab. Bislang fördert der Staat den Einbau einer Wärmepumpe mit bis zu 40 Prozent der Kosten, das läuft trotz der aktuellen Haushaltssperre weiter. Immer wieder heißt es, dass es künftig bis zu 70 Prozent sein werden. Vielen ist aber nicht klar, dass das nur für Haushalte mit einem Einkommen bis 40.000 Euro gilt. Vor allem: Die neue Grundförderung von 30 Prozent plus einer Geschwindigkeitszugabe von 25 Prozent und dem einkommensabhängigen Bonus kann erst mit dem Haushalt 2024 auf den Weg gebracht werden, über den die Ampel noch verhandelt. „Das ist ein Treiber für die Verunsicherung von Kunden“, sagt Sieg.
Im Schnitt kostet eine Wärmepumpe derzeit rund 25.000 Euro, sagt Sieg – als der Markt überhitzt war, waren die Preise höher. Doch auch jetzt liegen die Kosten für eine Gasheizung bei nur etwa einem Drittel. „Kunden wollen keine Fehlentscheidung treffen, weil die kaum zu korrigieren ist“, sagt Sieg. Deshalb haben sich viele noch für eine neue Gasheizung entschieden.
Die Branche versucht solche Vorbehalte mit sogenannten Hybridlösungen aufzufangen. Dabei wird etwa ein moderner Gaskessel mit einer kleinen Wärmepumpe kombiniert. Diese Lösung ist bis zu 30 Prozent billiger als eine große Wärmepumpe, sagt Sieg. Sie hat einen großen Vorteil: Sie ist auch für ältere Gebäude geeignet, die nicht optimal gedämmt sind. Wird das Haus nach und nach saniert, steigt der Heizanteil der Wärmepumpe. Sieg: „Das Gasgerät wächst dann aus dem Haus heraus.“
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