Ausstieg aus der Kohle: Noch nicht das letzte Wort
Die Pläne der Regierung zum Kohleausstieg sind keine Katastrophe. Um die Klimaziele zu erreichen, reichen sie aber nicht.
N ein, eine „Katastrophe“ oder ein „Skandal“, wie die Umweltverbände meinen, ist es nicht, was die Bundesregierung am Donnerstag vorgestellt hat. Die zentralen Eckpunkte dessen, was die breit zusammengesetzte Kohlekommission vor einem Jahr gefordert hatte, werden umgesetzt: schrittweise Abschaltung von Kohlekraftwerken, Entschädigung der Konzerne und viel Geld für die betroffenen Regionen. Mit dem Erhalt des Hambacher Walds wird eine zentrale Forderung der Bewegung erfüllt.
Gleichzeitig ist aber richtig: In einigen wichtigen Punkten weicht die Regierung vom Plan der Kommission ab. Dass in Datteln noch ein neues Kohlekraftwerk ans Netz geht, ist dabei nicht das größte Problem. Wenn im Gegenzug tatsächlich mehr alte Meiler stillgelegt werden, dürfte sich der Effekt fürs Klima in Grenzen halten. Deutlich problematischer ist, dass die Abschaltung der Braunkohle nicht stetig erfolgt, sondern in großen Stufen jeweils zum spätestmöglichen Termin. Und auch dass trotz des schnelleren Ausstiegs im Westen noch weitere Dörfer abgerissen werden sollen, ist schwer verständlich.
Vor allem sind weder die Pläne der Kommission noch die der Regierung ausreichend, um den deutschen CO2-Ausstoß mit den Paris-Zielen in Einklang zu bringen. Darum dürfen die heutigen Entscheidungen nicht das letzte Wort sein. Und die Chancen, dass sie es nicht sind, die stehen gar nicht so schlecht – sei es durch weiter wachsenden politischen Druck oder durch die Veränderungen am Strommarkt. Dass die Kohlenutzung im letzten Jahr – fast ohne Kraftwerksstilllegungen – um 26 Prozent zurückgegangen ist, zeigt, was möglich ist.
Voraussetzung dafür, dass die Kohle schneller zurückgedrängt wird, ist aber, dass auch der Ausbau der Erneuerbaren schneller läuft als derzeit vorgesehen. Druck für mehr Windräder zu machen, mag schwerer sein, als gegen Kohlekraftwerke zu protestieren, aber es ist genauso wichtig. Ohne mehr Tempo beim Einstieg kann es auch nicht mehr Tempo beim Ausstieg geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Mehr Zugverkehr wagen
Holt endlich den Fernverkehr ins Deutschlandticket!