Außenminister Çavuşoğlu in Berlin: Werbung für Türkeireisen
Außenminister Gabriel trifft erneut seinen türkischen Amtskollegen. Dieser hofft auf mehr Touristen in der Türkei.
Nach der Freilassung des in der Türkei inhaftierten deutschen Journalisten Deniz Yücel zeigten sich beide Politiker bemüht, die deutsch-türkischen Beziehungen zu verbessern. Man habe „in den vergangenen Monaten Fortschritte erzielt“, sagte Gabriel – und umschiffte kunstvoll außenpolitische Kontroversen.
Da wären zum Beispiel der international kritisierte Militäreinsatz der türkischen Armee gegen die Kurden im nordsyrischen Afrin und die deutschen Rüstungsexporte an den Nato-Partner. Und dann ist da noch der Auslieferungsantrag der Türkei an Deutschland in Sachen Salih Muslim. Dem ehemaligen Chef der syrisch-kurdischen Partei PYD (Çavuşoğlu: „Terrororganisation“) wird die Beteiligung an Terroranschlägen im Frühjahr 2016 in Ankara vorgeworfen.
In Tschechien war Muslim vor zwei Wochen kurzzeitig inhaftiert worden, die dortigen Behörden ließen ihn kurz darauf allerdings wieder frei. Gabriel bestätigte eine Anfrage der Türkei, verwies für das Verfahren aber an das Justizministerium.
Türkische Tourismusbranche erholt sich
Am Mittwoch will Çavuşoğlu die Tourismusmesse ITB besuchen, wohl um für die Türkei als Reiseland zu werben. Verbunden mit der Bitte an das Auswärtige Amt, doch bitte die Reisehinweise für Türkeireisende zu überdenken. „Die Türkei ist nicht unsicherer als jedes andere europäische Land“, sagte Çavuşoğlu.
Nach den Terroranschlägen und dem Putsch 2016 waren die Besucherzahlen in der Türkei stark eingebrochen. Deutsche Touristen waren 2015 noch mit Abstand die größte Urlaubergruppe in der Türkei. Damals kamen 5,5 Millionen Gäste und damit 15 Prozent der Besucher aus Deutschland. Bis 2017 sackte diese Zahl auf 3,6 Millionen oder elf Prozent aller Besucher ab.
Doch die Tourismusbranche erholt sich rasch. So besuchten laut türkisches Tourismusministerium im Jahr 2017 32 Millionen ausländische Besucher das Land, während es 2016 nur 25 Millionen gewesen waren. 2015 – vor dem Putsch – konnte die Türkei allerdings sogar 36 Millionen Besucher verzeichnen.
Auch deutsche Touristen buchen wieder mehr Urlaubsreisen in die Türkei. Tui-Sprecherin Susanne Stünckel sagte der taz, die Zahl der Buchungen habe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 50 Prozent zugenommen.
„Die Türkei zählt ganz klar zu den Favoriten“, stellt Stünckel fest. Sie sei bereits wieder auf Platz 3 der beliebtesten Reiseziele der deutschen TUI-Kunden. Auch der Deutsche Reiseverband bestätigte den Aufwärtstrend. Çavuşoğlu dürfte das freuen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen