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Aufrüstung in EuropaEine Bahnlinie für den Kriegsfall

Gibt es eine Reaktivierung der Eisenbahnstrecke zwischen dem Ruhrgebiet und Antwerpen? Vor allem Belgien hat daran Interesse.

Die Bahnlinie „Eiserner Rhein“ wurde 1992 stillgelegt Foto: Tonsnijde/Dreamstime/imago

Die geopolitisch angespannte Lage führt zu Überlegungen, Bahnstrecken zu reaktivieren, um im Kriegsfall schnell Militärgüter Richtung Osten bringen zu können. Belgien, die Niederlande und Deutschland beschleunigen die Gespräche über eine Wiederinbetriebnahme der Eisenbahnstrecke „Eiserner Rhein“, einer aus dem 19. Jahrhundert stammenden Verbindung zwischen dem Hafen von Antwerpen und dem Ruhrgebiet. Hintergrund ist die Sorge, dass die bestehenden Bahnlinien bei einem Krieg mit Russland schnell überlastet sein könnten.

Nun hat der belgische Premierminister Bart De Wever das Thema zur Chefsache gemacht, berichtet Politico. Die 1879 in Betrieb genommene Strecke zwischen Rheydt und Antwerpen ist die kürzeste Verbindung zwischen den belgischen Seehäfen und dem Ruhrgebiet. Seit 1991 liegt sie weitgehend brach. Belgien sieht nun darin eine Möglichkeit, sowohl den Handel als auch die militärische Mobilität der EU zu fördern.

Niederlande wenig begeistert

Die Niederlande sind weniger begeistert. Ein kurzer Abschnitt der Strecke verläuft parallel zur bestehenden Betuwe-Güterbahnlinie nach Rotterdam. Niederländische Beamte befürchten, dass der „Eiserne Rhein“ Antwerpen auf Kosten von Rotterdam stärken könnte. Befürworter des Projekts wollen die Niederlande mit den möglichen EU-Geldern für militärische Mobilität in Höhe von 17 Milliarden Euro überzeugen.

Vorerst sind zudem noch frühere Streitigkeiten beizulegen. Dazu gehören Umweltkosten, die laut einem Schiedsspruch aus dem Jahr 2003 größtenteils Belgien zu tragen hat. Deutschland ist vorsichtig. Im Bundesverkehrswegeplan ist die Strecke nicht als „vordringlicher Bedarf“ aufgeführt. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) weiß zudem, dass das Projekt Sorgen vor Umweltbelastungen und Lärm auslöst. Dennoch schaffte es das Projekt in eine gemeinsame Erklärung zwischen NRW und Flandern. Es wäre auch positiv für den Personennahverkehr.

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8 Kommentare

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  • Am unteren Rhein mag da noch eine Weile gesichert genug Wasser da sein, doch auch daher müssen mehr Bahnlinien kommen.



    Güterzuglinien sollten auch nicht Städte passieren müssen, wenn es irgendwie anders geht. Die Strecken brauchen die Regional- und S-Bahnen bereits.



    Redundanz! Also McKinsey genau zurückdrehen! Mit Redundanz kann ich dann Bauarbeiten machen, ohne dass alles zusammenklappt.

  • Wäre ja eine schöne Überraschung, wenn auf diesem Wege endlich eine Reaktivierung möglich wäre.

    Allein: Ich glaube es nicht. An der Strecke haben einige gut vernetzte Bürger Häuser bis dicht an die Gleise gebaut. Und die haben bisher alle Anläufe, die Strecke auch nur im Personennahverkehr zu reaktivieren, erfolgreich verhindert.

    Von Mönchengladbach nach Roermond in einer halben Stunde mit dem Zug wäre kein Problem. Ist aber nicht erwünscht.

    Nach meiner Erinnerung war der letzte Vorschlag für die Wiederherstellung des Eisernen Rheins eine Route mit absurden autobahnnahen Umwegen, die schlappe 60km ausgemacht hätten.

    In Deutschland wird Bahn gerne verhindert. Wenn die Politik ein Projekt will, wird es gegen jeden Widerstand durchgesetzt. Ansonsten schiebt man gerne die bösen Bürgerinitiativen vor, um den eigenen Umsetzungsunwillen zu kaschieren.

  • Wirklich jeder einzelne Kilometer Bahnstrecke ist ein richtiger Schritt. Wenn dann auch noch unterschiedliche Teile Europas wieder verbunden werden, spricht noch weniger dagegen.

    • @VivaHamburgo:

      Ja, sehe ich auch so. Und dass ein paar Niederländer Angst haben, dass Antwerpen gegen Rotterdamm wirtschaftlich Boden gut macht, zeigt nur die Kleingeistigkeit mancher Mitmenschen.

    • @VivaHamburgo:

      Auf dieser Bahnstrecke wird aber wahrscheinlich nie ein Personenzug verkehren. Und da Seefracht von Antwerpen ins Ruhrgebiet wohl weiterhin mit Lkw transportiert wird (zeitlich und mengenmäßig effektiver) wird diese Strecke wahrscheinlich rein oder überwiegend nur für militärische Zwecke bereitgehalten werden. Wobei auch dies durchaus berechtigt wäre.

      • @Oleg Fedotov:

        Warum soll der Lkw-Transport zeitlich und mengenmäßig attraktiver sein? Warum werden sonst überall die Bahnverbindungen von den Seehäfen ins Hinterland ausgebaut?

        • @Francesco:

          das liegt zuerst einmal nur an den Plänen der DB AG. Wenn der Einzelwagenverkehr demnächst eingestellt ist, dann gibt es nur noch Ganzzüge (50 Waggons Kohle von Antwerpen in Kraftwerk x) Aber Container A auf Waggon 12 nach Duisburg, B auf Waggon 17 nach Dortmund und C auf Waggon 19 nach Frankfurt ist dann vorbei.

  • "Niederländische Beamte befürchten, dass der „Eiserne Rhein“ Antwerpen auf Kosten von Rotterdam stärken könnte."



    Diese immer wieder, auch öffentlich zur Schau gestellte Einigkeit der EU ist schon irgendwie lustig. Moskau und Peking lachen sich schlapp über diese Zauderer in Europa.