Aufhebung von Maßnahmen in Dänemark: Bye-bye Corona
Kopenhagen hebt zum 1. Februar so gut wie alle Covid-Einschränkungen auf. Die „kritische Phase“ sei überstanden – trotz einer Inzidenz von 5.000.
Der jetzige Schritt gründet auf einer Einschätzung, die seitens der „Epidemiekommission“, einem fachlichen Beratungsorgan der Regierung, bereits am Dienstag veröffentlicht worden war. Demnach gebe es keinen Grund mehr, Covid-19 weiterhin als „gesellschaftskritische Krankheit“ einzustufen. Damit würden auch die Voraussetzungen für eine Anwendung des Epidemiegesetzes und der damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Restriktionen entfallen.
Als sich die Regierungschefin am Mittwoch mit den Worten „Es ist wirklich cool, dass wir das geschafft haben“ freute, verzeichnete Dänemark 46.747 Neuinfektionen. Im Schnitt der vergangenen sieben Tage lag diese Zahl bei 42.700. Das entspricht einer Inzidenz um die 5.000. Und trotzdem glaubt Kopenhagen alle Restriktionen aufheben zu können?
Man lege eine „Gesamteinschätzung der Seuchenlage zugrunde“, begründete die „Epidemiekommission“ ihre neue Bewertung von Covid-19: „Insbesondere in Bezug auf die Belastung der Krankenhäuser des Landes, einschließlich der Belastung der Intensivstationen“, habe sich die Situation deutlich entspannt. „Trotz der hohen Infektionszahlen und der damit einhergehenden Auswirkungen auf viele gesellschaftliche Funktionen“ sei sie in den letzten Wochen „relativ stabil“ und „nicht kritisch“ gewesen.
Wenige Einschränkungen bleiben
Die Kommission geht außerdem davon aus, dass die Kurve der Neuinfektionen in der ersten Februarhälfte ihren Höhepunkt erreichen werde. Mittlerweile sei der Immunitätsgrad in Dänemark sehr hoch. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung über 12 Jahre sei nun doppelt geimpft, 60 Prozent hätten eine dritte Impfdosis erhalten. Bei den über 40-Jährigen liege diese Rate noch höher.
Die Kommission schätzt, dass seit Dezember über ein Fünftel der Bevölkerung eine Omikron-Erkrankung überstanden habe. Die Omikron-Variante BA.2 sei mit einem Anteil von 63 Prozent der Neuinfektionen nun vorherrschend. Es gebe keine Hinweise, dass diese zu schwereren Krankheitsverläufen führe.
Doch selbst in Dänemark bleiben einige Restriktionen erhalten. Im Einzelfall müssen BesucherInnen von Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen Masken tragen und den Impfpass vorlegen. Und die Einreise nach Dänemark ist vermutlich bis Ende Februar vom Nachweis einer Impfung, einer überstandenen Erkrankung oder eines Negativtests abhängig. Frederiksen machte außerdem klar, dass man die Notbremse ziehen und wieder Restriktionen einführen werde, sollte sich die Situation beispielsweise aufgrund neuer Covid-19-Varianten verschlechtern: „Corona ist ja nicht vorhersehbar.“
Tatsächlich hatte die Regierung bereits vor knapp fünf Monaten das Ende aller Coronarestriktionen verkündet. Damit war es aber nach zwei Monaten wieder vorbei. Auch deshalb warnen kritische Stimmen wie Allan Randrup Thomsen, Professor für Virusinfektionen: „Mir wäre es lieber, würde man die Restriktionen schrittweise und nicht schlagartig auslaufen lassen. Und erst dann, wenn die Epidemie wirklich gestoppt ist.“
Jes Søgaard, Professor für Gesundheitsökonomie und Mitglied der „Epidemiekommission“, verteidigt den Schritt: „Wir müssen ganz einfach zu einer Art Normalität zurückkehren, weil die Leute sonst verrückt werden.“ Einen Rückzieher dürfe man diesmal nur machen, „wenn es wirklich schlimm wird (…) Es darf nicht sein, dass wir bei der nächsten hässlichen Grippe gleich wieder die Gesellschaft lahmlegen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers