piwik no script img

Aufhebung von Maßnahmen in DänemarkBye-bye Corona

Kopenhagen hebt zum 1. Februar so gut wie alle Covid-Einschränkungen auf. Die „kritische Phase“ sei überstanden – trotz einer Inzidenz von 5.000.

Schon im September 2021 duften Kopenhagener zeitweise wieder feiern Foto: Olafur Steinar Gestsson/epa

Stockholm taz | „Wir haben die kritische Phase überstanden“, leitete Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Mittwochabend ihre 26. Pressekonferenz zum Thema Corona ein. Sie sprach von einem „Meilenstein“. Ab 1. Februar würden alle Corona-Restriktionen aufgehoben. „Dann ist Dänemark wieder offen – ganz offen“, so Frederiksen. Dann werde es keine Masken und kein Impfpass mehr geben, keine Versammlungsbeschränkungen, und man könne sich auch wieder die Hand geben: „Wir verabschieden uns von Corona“, und nun gehe es „zurück zu dem Leben, wie wir es vor Corona kannten“.

Der jetzige Schritt gründet auf einer Einschätzung, die seitens der „Epidemiekommission“, einem fachlichen Beratungsorgan der Regierung, bereits am Dienstag veröffentlicht worden war. Demnach gebe es keinen Grund mehr, Covid-19 weiterhin als „gesellschaftskritische Krankheit“ einzustufen. Damit würden auch die Voraussetzungen für eine Anwendung des Epidemiegesetzes und der damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Restriktionen entfallen.

Als sich die Regierungschefin am Mittwoch mit den Worten „Es ist wirklich cool, dass wir das geschafft haben“ freute, verzeichnete Dänemark 46.747 Neuinfektionen. Im Schnitt der vergangenen sieben Tage lag diese Zahl bei 42.700. Das entspricht einer Inzidenz um die 5.000. Und trotzdem glaubt Kopenhagen alle Restriktionen aufheben zu können?

Man lege eine „Gesamteinschätzung der Seuchenlage zugrunde“, begründete die „Epidemiekommission“ ihre neue Bewertung von Covid-19: „Insbesondere in Bezug auf die Belastung der Krankenhäuser des Landes, einschließlich der Belastung der Intensivstationen“, habe sich die Situation deutlich entspannt. „Trotz der hohen Infektionszahlen und der damit einhergehenden Auswirkungen auf viele gesellschaftliche Funktionen“ sei sie in den letzten Wochen „relativ stabil“ und „nicht kritisch“ gewesen.

Wenige Einschränkungen bleiben

Die Kommission geht außerdem davon aus, dass die Kurve der Neuinfektionen in der ersten Februarhälfte ihren Höhepunkt erreichen werde. Mittlerweile sei der Immunitätsgrad in Dänemark sehr hoch. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung über 12 Jahre sei nun doppelt geimpft, 60 Prozent hätten eine dritte Impfdosis erhalten. Bei den über 40-Jährigen liege diese Rate noch höher.

Die Kommission schätzt, dass seit Dezember über ein Fünftel der Bevölkerung eine Omikron-Erkrankung überstanden habe. Die Omikron-Variante BA.2 sei mit einem Anteil von 63 Prozent der Neuinfektionen nun vorherrschend. Es gebe keine Hinweise, dass diese zu schwereren Krankheitsverläufen führe.

Doch selbst in Dänemark bleiben einige Restriktionen erhalten. Im Einzelfall müssen BesucherInnen von Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen Masken tragen und den Impfpass vorlegen. Und die Einreise nach Dänemark ist vermutlich bis Ende Februar vom Nachweis einer Impfung, einer überstandenen Erkrankung oder eines Negativtests abhängig. Frederiksen machte außerdem klar, dass man die Notbremse ziehen und wieder Restriktionen einführen werde, sollte sich die Situation beispielsweise aufgrund neuer Covid-19-Varianten verschlechtern: „Corona ist ja nicht vorhersehbar.“

Tatsächlich hatte die Regierung bereits vor knapp fünf Monaten das Ende aller Coronarestriktionen verkündet. Damit war es aber nach zwei Monaten wieder vorbei. Auch deshalb warnen kritische Stimmen wie Allan Randrup Thomsen, Professor für Virusinfektionen: „Mir wäre es lieber, würde man die Restriktionen schrittweise und nicht schlagartig auslaufen lassen. Und erst dann, wenn die Epidemie wirklich gestoppt ist.“

Jes Søgaard, Professor für Gesundheitsökonomie und Mitglied der „Epidemiekommission“, verteidigt den Schritt: „Wir müssen ganz einfach zu einer Art Normalität zurückkehren, weil die Leute sonst verrückt werden.“ Einen Rückzieher dürfe man diesmal nur machen, „wenn es wirklich schlimm wird (…) Es darf nicht sein, dass wir bei der nächsten hässlichen Grippe gleich wieder die Gesellschaft lahmlegen.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • German Angst, auch die Hauptdiagnose bei deutschen "Links"liberalen

  • Seitdem Dänemark keine Geflüchteten mehr aufnimmt, ist dieses Land für mich gestorben.

    • @C.O.Zwei:

      Das ist zutiefst beschämend und falsch, das Dänemark keine Flüchtlinge mehr aufnimmt, aber wo liegt jetzt der Zusammenhang zum Artikel?



      Wenn Sie konsequent sind, ist die Mehrheit der europäischen Staaten für Sie gestorben. Man sollte soweit realistisch sein und erkennen das die EU als Ganzes eine extrem restriktive Grenzpolitik fährt.

  • Na also, geht doch!

  • RS
    Ria Sauter

    Ach, wäre ich doch in Dänemark geblieben

  • Glückliches Dänemark!

  • Man sollte mal langsam Abstand nehmen von diesen Inzidenzwerten, die sterblichkeit sinkt, die schweren verläufe sinken, die Intensivstationen sind längst nicht mehr so überlastet.....eine Durchseuchung ist vielleicht garnicht mal so verkehrt

  • Endemie Jetzt! Auch in Deutschland. Bin gespannt, wer wann in Berlin den Mut findet, den Schalter umzulegen.