Auf Ecstasy bei der Linkspartei: Nie wieder reden, nur noch tanzen
Die taz testet Parteien unter dem Einfluss von Drogen. Dieses Mal: Wagenknecht. Musik. Eine Kirche. Auf Ecstasy bei der Linken.
Gerade habe ich ihn doch noch verstanden. Bernd Riexinger redet über Mindestlohn und die Rente. Zehn Vorschläge für einen Politikwechsel mit der Linkspartei, kündigt er an. Ich bin in einer Kirche mit der Parteiführung und 300 Genossen. Die Pille schlägt ein, als Sahra Wagenknecht ans Pult tritt. Meine Gedanken schweifen ab, mein Gesicht wird warm. Ich sehe nur noch ihr Kleid und versuche, ihr zu folgen. Es ist zwecklos.
Wie bekloppt muss man sein, auf Ecstasy auf eine Wahlkampfveranstaltung zu gehen? Fluchtgedanken.
Dann ein Lichtblick. Applaus, der durch meinen Körper strömt und mich von innen beseelt, einen Soundteppich um meinen watteumhüllten Kopf legt. Hin- und hergerissen zwischen Faszination des Moments, der absurden Umgebung und purer Angst. Kann man auf Ecstasy einen Horrortrip haben? Ich wünsche mir den Umhang von Harry Potter. Unsichtbar durch die Stuhlreihen streifen. Jetzt. Das wär’s.
Für den Wahl-Check auf Drogen besuchen taz-RedakteurInnen inkognito Veranstaltungen der Bundestagsparteien. Nächste Mal: Auf Speed bei den Grünen.
Ich will die ganze Zeit nur lachen. Über Menschen, über Plakate, über Worte, die ich nicht verstehen. Denke zu schnell. Will nur rauchen. Draußen ist es kalt, und grün. Zu kalt, zu grün. Die Leute sind nicht so nett, wie sie sein sollten. Ich will auf keinen Fall reden. In der Kirche zurück die Rettung. Musik! Eine Band. Rumänische oder griechische Arbeitermusik. Egal. Kann man ihre Alben kaufen, alle? Meine Laune schießt durch das Kirchendach. Ich will nur tanzen. Ich will so vieles.
Musik vorbei. Scheiße.
Alle sehen traurig aus. Das Publikum, die Journalisten am Pressetisch. Ich will sie glücklich sehen. So wie ich es bin. Noch ein Lied. Ich bin froh. Noch eins. Nie wieder sollen sie reden, nur noch tanzen. Ich verstehe das Grundproblem der Politik. Verbittert sind sie, alle. Spaßbefreit und missgelaunt. Nur alte Menschen, keine Begeisterung, weder für Musik noch für Reden. Ich will positive Energie versprühen.
Die Musik vorbei. Scheiße. Es geht um Bayern. Glaube ich. Ich werde traurig. Alles so „schwierig“ sagen sie. Quatsch. Alles ist ganz einfach. Jemand sagt „Sternstunde“, ich denke das Gegenteil. Ich klicke nervös mit dem Kuli. Es geht um Chile. Chile?
Am liebsten würde ich Orgel spielen: Kipping hält das Wort zum Sonntag, ich begleite sie. Ihre Kette glänzt golden vorm Altar. Ich gehe. Verlaufe mich in den weiten Gängen am Alexanderplatz. Renne wie bekloppt, laufe, laufe. Rauche, als gäbe es kein Morgen. Denke nach über Politik, lasse mich fast von Autos überfahren.
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