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Auf Druck der US-RegierungDeutscher Softwarekonzern SAP killt für Trump Frauenquote

Die Firma gibt das Ziel auf, zu 40 Prozent Mitarbeiterinnen zu beschäftigen. Sie fürchtet um US-Aufträge. Manche Aktivistinnen zeigen Verständnis.

Männer auf einem Stand von SAP auf der Computermesse Cebit in Hannover Foto: Friedrich Stark/imago

Berlin taz | Deutschlands größter Softwarehersteller SAP streicht auf Druck von US-Präsident Donald Trump die Frauenquote – und stößt damit auf scharfe Kritik, aber teils auch Verständnis. Der Konzern aus dem baden-württembergischen Walldorf werde das Ziel von 40 Prozent Frauen in der Belegschaft nicht mehr fortführen, berichtete das Handelsblatt am Samstag unter Berufung auf eine interne Mail des Managements. Zudem beziehe das Unternehmen die USA nicht mehr bei der Quote der weiblichen Führungskräfte ein.

„Den Bericht des Handelsblatts zu diesem Thema bestätigen wir“, schrieb ein SAP-Sprecher am Sonntag der taz. In einer Pressemitteilung ergänzte das Unternehmen, bei der Vorstandsvergütung werde „die Kenngröße Frauen in leitenden Führungspositionen ersetzt durch den Business Health Culture Index“. Dieser soll Faktoren wie „Wohlbefinden und Work-Life-Balance“ abbilden. Im vergangenen Jahr waren nach Firmenangaben 35,4 Prozent der mehr als 109.000 Beschäftigten weiblich.

SAP blieb in der internen E-Mail dabei, dass eine „vielfältige Belegschaft und integrative Führung“ für eine leistungsfähige Organisation entscheidend seien. Als „global agierendes Unternehmen mit einer starken Präsenz in den USA“ müsse man aber auf „externe Veränderungen, etwa auf aktuelle gesetzliche Entwicklungen“ reagieren. Das „Diversity & Inclusion Office“ werde mit dem Bereich „Corporate Social Responsibility“ zusammengelegt.

Trump hatte per Verordnung Initiativen für mehr Diversität in der US-Bundesverwaltung beendet. Auch Unternehmen, die Bundesaufträge erhalten, wird die Umsetzung von solchen Programmen verboten. Daraufhin verpflichtete sich zum Beispiel die Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile in einem Schreiben an die Aufsichtsbehörde FCC dazu, die Diversitätsinitiativen weitgehend aufzugeben. Der Schweizer Pharmahersteller Roche strich seine globalen Diversitätsziele.

Was für Lappen

Kommentar eines BlueSky-Nutzers zum Einknicken von SAP

SAP fürchtet ebenfalls um Aufträge etwa von Ministerien und Militär in den USA. Vorstandschef Christian Klein teilte kürzlich dem Spiegel mit Blick auf Trumps Verordnung mit: „Auch die Aktionäre sagten: ‚Lieber Christian, die USA sind für SAP der größte Markt, es ist wichtig, dass wir da weiterhin eine Rolle spielen.‘“

In „Social Media“ bekam die Entscheidung viele kritische Kommentare: „Was für Lappen“, schrieb ein Nutzer bei BlueSky. „Das ist kein gutes Zeichen, wenn Unternehmen einknicken vor Trump. Auch Unternehmen müssen die Demokratie und die Menschenrechte verteidigen“, forderte die ehemalige Bundesagrarministerin Renate Künast (Grüne) bei X.

Der Verein „Frauen in die Aufsichtsräte“ (Fidar) dagegen zeigte Verständnis. „Dass SAP als Unternehmen mit starkem US-Geschäft entsprechend reagiert, ist kaum vermeidbar“, sagte Fidar-Präsidentin Anja Seng der taz. „Wichtig ist aber, dass sich das Unternehmen auch ohne offiziell benannte Ziele weiterhin zu gleichberechtigter Teilhabe und Vielfalt bekennt.“ Die Veränderung in der Unternehmenskultur sei so weit vorangeschritten, dass der Aufstieg von Frauen in Führungspositionen bei dem Softwarehersteller auch weiterhin selbstverständlich sein sollte

Bundeswirtschaftsministerium schweigt

„Aktuell liegt SAP allerdings mit einem Frauenanteil von 27,8 Prozent im Aufsichtsrat und 16,7 Prozent im Vorstand deutlich unter dem durchschnittlichen Frauenanteil in Führungspositionen der deutschen Börsenunternehmen.“ Unabhängig von der Frage des Umgangs mit der Trump-Regierung „besteht bei SAP Handlungsbedarf“, so Seng.

Das von Katherina Reiche (CDU) geführte Bundeswirtschaftsministerium wollte sich auf taz-Anfrage nicht äußern.

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1 Kommentar

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  • Firmen, die vor Donald Trump einknicken um ihr Amerika-Geschäft nicht zu gefährden, sollten gleich ganz nach Amerika umziehen, mit Kind und Kegel. Solche Betriebe brauchen wir hier nicht.