Auf Druck der US-Regierung: Deutscher Softwarekonzern SAP killt für Trump Frauenquote
Die Firma gibt das Ziel auf, zu 40 Prozent Mitarbeiterinnen zu beschäftigen. Sie fürchtet um US-Aufträge. Manche Aktivistinnen zeigen Verständnis.
„Den Bericht des Handelsblatts zu diesem Thema bestätigen wir“, schrieb ein SAP-Sprecher am Sonntag der taz. In einer Pressemitteilung ergänzte das Unternehmen, bei der Vorstandsvergütung werde „die Kenngröße Frauen in leitenden Führungspositionen ersetzt durch den Business Health Culture Index“. Dieser soll Faktoren wie „Wohlbefinden und Work-Life-Balance“ abbilden. Im vergangenen Jahr waren nach Firmenangaben 35,4 Prozent der mehr als 109.000 Beschäftigten weiblich.
SAP blieb in der internen E-Mail dabei, dass eine „vielfältige Belegschaft und integrative Führung“ für eine leistungsfähige Organisation entscheidend seien. Als „global agierendes Unternehmen mit einer starken Präsenz in den USA“ müsse man aber auf „externe Veränderungen, etwa auf aktuelle gesetzliche Entwicklungen“ reagieren. Das „Diversity & Inclusion Office“ werde mit dem Bereich „Corporate Social Responsibility“ zusammengelegt.
Trump hatte per Verordnung Initiativen für mehr Diversität in der US-Bundesverwaltung beendet. Auch Unternehmen, die Bundesaufträge erhalten, wird die Umsetzung von solchen Programmen verboten. Daraufhin verpflichtete sich zum Beispiel die Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile in einem Schreiben an die Aufsichtsbehörde FCC dazu, die Diversitätsinitiativen weitgehend aufzugeben. Der Schweizer Pharmahersteller Roche strich seine globalen Diversitätsziele.
Kommentar eines BlueSky-Nutzers zum Einknicken von SAP
SAP fürchtet ebenfalls um Aufträge etwa von Ministerien und Militär in den USA. Vorstandschef Christian Klein teilte kürzlich dem Spiegel mit Blick auf Trumps Verordnung mit: „Auch die Aktionäre sagten: ‚Lieber Christian, die USA sind für SAP der größte Markt, es ist wichtig, dass wir da weiterhin eine Rolle spielen.‘“
In „Social Media“ bekam die Entscheidung viele kritische Kommentare: „Was für Lappen“, schrieb ein Nutzer bei BlueSky. „Das ist kein gutes Zeichen, wenn Unternehmen einknicken vor Trump. Auch Unternehmen müssen die Demokratie und die Menschenrechte verteidigen“, forderte die ehemalige Bundesagrarministerin Renate Künast (Grüne) bei X.
Der Verein „Frauen in die Aufsichtsräte“ (Fidar) dagegen zeigte Verständnis. „Dass SAP als Unternehmen mit starkem US-Geschäft entsprechend reagiert, ist kaum vermeidbar“, sagte Fidar-Präsidentin Anja Seng der taz. „Wichtig ist aber, dass sich das Unternehmen auch ohne offiziell benannte Ziele weiterhin zu gleichberechtigter Teilhabe und Vielfalt bekennt.“ Die Veränderung in der Unternehmenskultur sei so weit vorangeschritten, dass der Aufstieg von Frauen in Führungspositionen bei dem Softwarehersteller auch weiterhin selbstverständlich sein sollte
Bundeswirtschaftsministerium schweigt
„Aktuell liegt SAP allerdings mit einem Frauenanteil von 27,8 Prozent im Aufsichtsrat und 16,7 Prozent im Vorstand deutlich unter dem durchschnittlichen Frauenanteil in Führungspositionen der deutschen Börsenunternehmen.“ Unabhängig von der Frage des Umgangs mit der Trump-Regierung „besteht bei SAP Handlungsbedarf“, so Seng.
Das von Katherina Reiche (CDU) geführte Bundeswirtschaftsministerium wollte sich auf taz-Anfrage nicht äußern.
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