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Atomwaffenfähiges Uran in BayernBayerischer Sonderweg

Gastkommentar von Karl Amannsberger

Das Bayerische Verwaltungsgericht erlaubt weiterhin atomwaffenfähiges Uran aus Russland in einem Reaktor. Das ist eine hochriskante Entscheidung.

Strahlt nicht nur in der Sonne: Der Forschungsreaktor FRM II in Garching Foto: Peter Kneffel/dpa

A ls „Deutschen Sonderweg“ prangern die Atomparteien CDU, CSU, FDP und AFD den Ausstieg aus der nuklearen Stromerzeugung an – fern der Tatsache, dass seit 2002 die Zahl der Atomkraftwerke auf der Welt schrumpft. Den wirklichen deutschen Sonderweg gehen derweil die Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) München mit ihrem Forschungsreaktor FRM II.

Gegen internationale Bemühungen, die Verbreitung atomwaffenfähigen Materials einzudämmen, setzten sie in Garching den einzigen Reaktorneubau in der westlichen Welt durch, der mit hoch angereicherten Uran (engl. HEU) betrieben wird, das auch für den Bau von Atombomben verwendet werden kann. Ringsum wurden Forschungsreaktoren auf niedrig angereichertes Uran umgestellt– auch in Deutschland. Die Sabotage der internationalen Bemühungen erfolgt mit tatkräftiger Unterstützung der CSU-Staatsregierung, wie bei einem Prozess vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München wieder deutlich wurde.

Der BUND Naturschutz in Bayern wollte die Stilllegung des Atommeilers gerichtlich durchsetzen, nachdem die TU München die in der Genehmigung vorgeschriebene Umrüstung auf weniger gefährlichen Brennstoff seit sage und schreibe 14 Jahren verschleppt. Der VGH wies die Klage am Mittwoch ab und billigte damit das verantwortungslose Vorgehen.

Nach fast fünfjährigem Stillstand aufgrund technischer Probleme soll der Reaktor mit dem brisanten HEU-Brennstoff, der aus Russland importiert wird, wieder in Betrieb genommen werden. Über Einzelheiten der Moskau-Connection schweigen sich die Neutronenforscher aus. Genauso wie über den neuen niedriger angereicherten Brennstoff, den sie nun für 2032 wie einen Heilsbringer ankündigen, dessen Entwicklung sie zuvor aber abgelehnt haben. Die Umrüstung hätte sie dann um 21 Jahre verschleppt.

Mindestens bis dahin will die TU ihre verantwortungslose Politik fortsetzen, wenn nicht ein möglicher Gang der Umweltschützer zum Bundesverwaltungsgericht den bayerischen Sonderweg gegen die Weiterverbreitung von atomwaffenfähigem Material stoppt.

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11 Kommentare

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  • Die CSU als fünfte Kolonne Moskaus. Satire ist tot.

    @EIN MANN

    Nein, die Bayern bauen damit keine Atomwaffen. Aber sie finanzieren die Atomindustrie der russischen Föderation, die sehr wohl welche baut. Schlaue Sache, das.

  • Sofort drängt sich die Frage auf, ob der bayrische VGH etwa von der Landesregierung oder gleich der CSU tatsächlich unabhängig ist ??? Selbstverständlich will die CSU ihre völlig verlogene, verantwortungslose Politik auch in diesem Bereich durchpeitschen. Es geht schließlich um sehr viel Geld und ob man mit Rußland kooperiert oder nicht, das ist doch wurscht - solange die Spezies davon profitieren....

  • Und bauen denn die Bayern Atomwaffen damit? Nein? Wo ist dann das Problem?

    Dass sie es könnten und der Freistaat Bayern dann neben USA, Frankreich, Russland, China, Großbritannien, Nordkorea, Israel, Pakistan, Indien eine Atommacht wäre?

    • @EIN MANN:

      Wo ist das Problem? Hochangereichertes Uran ist ein Teufelszeug. Damit kann jede Klitsche eine zündfähige Kernwaffe bauen. Bei Plutonium braucht es noch hoch präzise Zünder die schwer zu realisieren sind.

  • taz: *Über Einzelheiten der Moskau-Connection schweigen sich die Neutronenforscher aus. [...] Die Sabotage der internationalen Bemühungen erfolgt mit tatkräftiger Unterstützung der CSU-Staatsregierung, ...*

    So sieht nun einmal die Realität in dieser Welt aus. Die 'kleinen Schachfiguren' dieser Welt dürfen entweder für die 'Reichen und Mächtigen' arbeiten oder sich in Kriegen gegenseitig massakrieren; und nebenbei werden weiterhin die "Geschäfte" gemacht, die schon immer gemacht wurden. Merkwürdig, dass die breite Masse (die weiterhin ausgebeutet und in Kriegen verheizt wird) das nach so vielen Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte immer noch nicht begriffen hat, dass sie nur 'Bauern' in diesem Schachspiel sind. Die 'Großen dieser Welt' machen ihre Geschäfte einfach weiter, egal ob nun in der Ukraine Bürger und Soldaten in einem sinnlosen Krieg sterben oder in anderen Ländern Menschen für den Wirtschaftswachstumswahn ausgebeutet werden. *The show must go on*; selbst mit hoch angereichertes Uran, das aus Russland kommt, und das weder für die Menschheit noch für den Planeten 'gut ist' – und die "christliche" Partei CSU ist natürlich bei dem "Spiel" auch wieder ganz vorne mit dabei.

  • Warum sind es vorzugsweise diese religiösen Extremistenstaaten bei denen Regierungswechsel nur alle 40, 50 Jahre stattfinden (wenn überhaupt), die mit dem heißen Atomzeugs spielen und auf Non-Proliferation pfleifen? Woanders die Mullahs, hier die Miasanmias.

  • OK, die Zahl der Atomreaktoren hat seit 2002 von 439 auf 410 abgenommen, im Wesentlichen wegen des deutschen Ausstiegs. Allerdings sind aktuell > 100 Reaktoren in fortgeschrittenen Planungsphasen oder im Bau (Quelle: Statista).



    Die Behauptung eines "Schrumpfens" ist also schonmal, sagen wir, phantsasievoll.



    Der Einsatz von (potentiell) waffenfähigem Uran in einem Kernreaktor *hierzulande* als "Weiterverbreitung" zu interpretieren, ist nicht phantasievoll, das ist albern. Ich empfehle einen intensiven Kontakt mit den zuständigen Aufsichtsbehörden, und eine ausführliche Lektüre der einschlägigen Vorschriften, nur mal so als Realitätscheck. Insofern hat das nichts mit der CSU zu tun, sondern mit europäischem, nachrangig deutschem Strahlenschutzrecht. Ein Haken ist tatsächlich die behauptete Herkunft aus Russland, aber das ist kein Strahlenschutzproblem sondern ein politisches.



    Das Ganze war eine schlecht geplante Propagandanummer vom BUND, ist nunmal daneben gegangen. Strich drunter, Mund abputzen, weiter geht's - um in situationsangepasster Form zu bleiben.

    • @Brobdignag:

      Ich empfehle als Realitätscheck die Lektüre der Berichte über die „Sicherheit“ des Forschungsreaktors in Garching. Da tritt gerne mal Radioaktivität aus und beim Sommerfest sind die Türen zu dem Reaktor offen. Die TU hat ein eher lockeres Verhältnis zu den „einschlägigen“ Vorschriften. Die Möglichkeit der „Weiterverbreitung“ des waffenfähigen Urans von München aus ist größer als Sie denken würden.

    • @Brobdignag:

      Was unterscheidet denn das von Ihnen erfundene potenziell waffenfähige Uran vom herkömmlichen waffenfähigen Uran? Und in welchem internationalen Vertragswerk wird diese Unterscheidung gemacht?

  • Gibt es überhaupt noch Punkte an denen sich AfD und Union unterscheiden?

  • Richter sind ja nur dem Recht und ihrem Gewissen gegenüber verpflichtet.