Asylbewerber in der Schweiz: Freibad-Verbot für Flüchtlinge

Flüchtlinge müssen in „Asylbewerber-Zentren“ harte Regeln erdulden – zum Schutz der Schweizer Bevölkerung. Wer sich widersetzt, wird bestraft.

Ein Schwimmanstalt am Genfer See: Beim Badespaß möchte sich der Schweizer lieber nicht von Asylsuchenden stören lassen Bild: dpa

GENF taz | „Baden verboten!“ Bislang galt ein solches an Gewässern aufgestelltes Schild immer unterschiedslos für alle Menschen. Doch in Bremgarten im Schweizer Kanton Aarau ist das neuerdings anders. Dort ist lediglich den Flüchtlingen, die hier im Anfang dieser Woche eröffneten ersten von sechs geplanten „Bundeszentren für Asylbewerber“ untergebracht werden, der Zugang zum örtlichen Freibad durch ein großes Verbotsschild untersagt.

Die Flüchtlinge – bislang 23 Männer, Frauen und Kinder, unter anderem aus Tibet und dem Sudan –, dürfen auch alle anderen Sportanlagen des Ortes, die Kirchen sowie die Bibliothek nicht betreten. Bei Zuwiderhandlung drohen Strafen.

Als „rechtswidrig“ und „behördlichen Rassismus“ kritisiert die Zürcher wochenzeitung (woz) in ihrer jüngsten Ausgabe diese Restriktionen für Asylsuchende. Ähnlich urteilt die Menschenrechtsgruppe Augenauf, die die Verbote öffentlich gemacht hatte. Beim UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) in Genf sieht man in diesen Maßnahmen einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention.

Doch Bremgartens Stadtpräsident (Bürgermeister) Raymond Tellenbach von der rechtsliberalen FDP rechtfertigt die Verbote als „Vorsichtsmaßnahme, damit es nicht zu sexuellen Belästigungen von Schülerinnen oder zu Drogenverkäufen durch Asylsuchende kommt.“

Sitten und Gebräuche der Eingeborenen

Auch das für die Unterbringung von Asylsuchenden zuständige Bundesamt für Migration (BFM) in Bern steht hinter den massiven Einschränkungen. BFM-Direktor Mario Gattiker befürchtet, „dass Kinder und ihre Eltern in der Freizeitgestaltung gestört werden“, wenn Asylsuchende „in großen Gruppen“ auftreten. Mit der Einschränkung sollen ihnen die hiesigen „Sitten und Gebräuche“ klargemacht werden.

Eine rechtliche Grundlage für diese Maßnahmen kann das BFM allerdings nicht vorlegen. Doch selbst ohne diese Verbote hätten die AsylbewerberInnen in Bremgarten nur eingeschränkte Gelegenheit, das Schwimmbad, die Bibliothek oder andere öffentliche Einrichtungen zu besuchen. Ihre Unterkunft im ersten „Bundeszentrum für Asylbewerber“ dürfen sie nur zwischen neun und 17 Uhr verlassen.

Das Zentrum befindet sich in einem ehemaligen Truppenlager der Schweizer Armee. Umgeben von einem schwarzen Zaun und bewacht von der privaten Sicherheitsfirma Abacon Sicherheit AG. In Stelleninseraten mit der Überschrift „Anstellung mit Zukunft“ sucht die Firma derzeit neue Mitarbeiter mit „Militärausbildung“ und „Erfahrung in Selbstverteidigung“. Denn in nächster Zeit sollen in der Schweiz fünf weitere Zentren für Asylbewerber eröffnet werden. Ebenfalls in Liegenschaften der Armee.

Im Namen des Volkes

Grundlage ist die verschärfte, von der sozialdemokratischen Justizministerin Simonetta Sommaruga konzipierte Asylgesetzgebung, die die Eidgenossen bei einer Volksabstimmung Anfang Juni gutgeheißen hatten.

Sommaruga hält die Zentren für unerlässlich, „um Asylverfahren zu beschleunigen“. Denn in den Zentren befänden sich „alle beteiligten Personen am selben Ort: die Asylsuchenden, die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Rechtsvertreter, die Dolmetscherinnen und die Rückkehrberatung“.

Indem alle Verfahrensschritte direkt vor Ort abgewickelt werden, sollen diese Verfahren nach Vorstellung der Justizministerin nur noch maximal 100 Tage dauern. Damit könnten die Ablehnung der Asylbewerber – in den letzten Jahren lag die Quote bei über 90 Prozent – und ihre Ausweisung in die Heimatländer viel schneller erfolgen als bisher. Für diese Forderung trommelt die ausländerfeindliche, rechtspopulistische Schweizer Volkspartei (SVP).

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