Asta gegen Hochschule Bremen: Das Transpi des Anstoßes

Ohne Erfolg blieb eine Klage des AStA gegen die Hochschule Bremen. Es ging um ein Protestplakat, im Kern aber um Meinungsfreiheit und die Zivilklausel

Menschen halten Transparente

Protestaktion vor dem Verwaltungsgericht Bremen. Rechts: das Corpus Delicti Foto: Simone Schnase

BREMEN taz | Das ging schnell: Einschließlich Urteilsspruch und -begründung dauerte das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht am Freitag nur gut eine Stunde. Geklagt hatte der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Hochschule gegen sein Rektorat – erfolglos: Die Klage wurde abgewiesen.

Der Grund für sie liegt fast vier Jahre zurück: Damals, im Oktober 2016, hatte der Asta ein großes Plakat an der Fassade der Hochschule angebracht, darauf stand, weiß auf tarnfarben und über dem Logo von Hochschule und Bundeswehr: „Wir bilden zum Töten aus“. Die Studierenden protestierten damit gegen zehn Plätze im Internationalen Frauenstudiengang Informatik für Studentinnen der Bundeswehr – in ihren Augen ein klarer Verstoß gegen die Zivilklausel.

Die Hochschule sah das anders: Es nähmen schließlich bloß angehende Beamtinnen der Bundeswehrverwaltung an dem Studiengang teil, argumentierte die Rektorin – und fand die satirische Anlehnung des Asta an eine damalige Werbekampagne der Bundeswehr gar nicht witzig. Das Rektorat störte sich vor allem am Hochschul- und Bundeswehr-Logo – und verlangte, das Plakat unverzüglich abzunehmen.

Der Asta gehorchte, aber damit war das Thema nicht erledigt, denn Monate später sollte es erneut aufgehängt werden, aber auch das wurde, diesmal unter Androhung von Zwangsgeld, vom Rektorat unterbunden. Im Keller verstauben musste das Transparent dennoch nicht: Es wanderte an die Uni und an die Hochschule für Künste (HfK) und hing dort in nun modifizierter Form: Über dem Logo der Hochschule stand nun in roten Lettern: „Zensiert.“ Das Bundeswehr-Logo blieb, wie es war, „und die Bundeswehr hat sich nicht daran gestört“, so der Asta-Anwalt Anatol Anuschews­ki.

Keine inhaltlichen Debatten über die Zivilklausel

Anders hingegen soll sie sich gegenüber der Hochschule verhalten haben, behauptet deren Justitiar: Sie habe mit rechtlichen Schritten gedroht, sollte das Transparent nicht verschwinden. „Anstatt zu erwidern: Wendet euch an den Asta, der ist Urheber des Plakats, nicht wir, hat sich Hochschule eindeutig positioniert – und zwar gegen ihre Studierenden“, sagte Anuschewski.

Und genau hier liegt das Kernproblem, das sagt auch die ehemalige Asta-Sprecherin Paulina Schade: „Das Rektorat hatte kein Interesse an einem Diskurs – wäre es anders gewesen, hätten wir keine Klage einreichen müssen.“

Inhaltliche Debatten darüber, argumentierte auch Anuschewski vor Gericht, was mit der Zivilklausel vereinbar sei und was nicht, würden nicht zugelassen: „Darüber entscheidet einzig das Rektorat.“ Die Hochschule müsse sich angesichts dessen nicht wundern, wenn der Asta als Form der Meinungsäußerung solch ein Transparent wähle: „Einen anderen Rahmen bietet sie ja nicht.“ Und mit der Aufforderung, das Plakat wieder abzuhängen, habe sie den Asta in seiner Meinungsfreiheit beschnitten.

Kein Einzelfall: Nur kurze Zeit später, ebenfalls 2017, forderte das Rektorat erneut, ein Plakat zu entfernen. Diesmal ging es weder um die Hochschule noch um die Bundeswehr. Das Transparent rief lediglich zu einer Demonstration gegen einen AfD-Parteitag auf. „Damals bekamen wir Besuch vom BIW-Mitglied Martin Korol, der sich über das Plakat aufgeregt hatte. Er erzählte uns, ihm sei vom Rektorat versichert worden, dass es die Wegnahme des Transpis veranlasst hat“, berichtet Schade. Auch hier habe sich das Rektorat gegen seine Studierenden gerichtet.

Vor Gericht ging es freilich nur um das Bundeswehr-Plakat und die Frage: Durfte die Hochschule dem Asta vorschreiben, es abzunehmen? Ja, lautete das Urteil. Die Hochschule verbiete weder das Plakatieren an einem eigens an der Hochschule dafür vorgehaltenen Platz noch die freie Meinungsäußerung über die Zivilklausel oder andere Themen noch das Plakatieren an der Fassade; hier stehe es lediglich unter Genehmigungsvorbehalt, festgeschrieben in der Hausordnung. Damit folgte es der Auffassung, die die Hochschule bereits im Vorfeld der Verhandlung geäußert hatte.

Androhung von Zwangsgeld unzulässig

Unzulässig, so das Urteil, sei aber die Androhung von Zwangsgeld gewesen, weil sich in den entsprechenden Bescheiden keine Ermessenserwägungen befunden hätten. Richtig, räumte der Hochschul-Justitiar auch ein und ergänzte: „Wir wollten damit halt Druck ausüben.“

Paulina Schade fühlt sich dadurch bestätigt: „Auch das zeigt deutlich, dass ein Dialog nie erwünscht war.“ Sie ist nicht unzufrieden mit dem Ausgang der Verhandlung: „Ich freue mich, dass sich auch die nachfolgenden Asten bis heute solidarisch zeigen, denn das Thema ist ja nicht vom Tisch.“ Damit meint sie das Verhältnis zum Rektorat, aber vor allem die Zivilklausel: Denn bis heute gibt es kein sowohl von der Hochschule als auch von der Uni unabhängiges Gremium, das entscheidet, ob gegen sie verstoßen wird oder nicht. „Die Zivilklausel ist nichts als ein Papiertiger“, sagt Schade.

Auch deswegen wurde das Transparent des Anstoßes im Anschluss an die Verhandlung erneut aufgehängt: an der Hochschule – für Künste.

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