Asklepios schließt Kinderstation: Kinder nicht profitabel genug?

In Parchim hat Asklepios die Kinderstation geschlossen – angeblich wegen Ärzt*innenmangel und nur vorübergehend. Doch daran gibt es Zweifel.

Ein Piktogramm zeigt einen Arzt, eine Gebärende Mutter, ein Baby und einen Pfeil.

Müssen Kinder und Gebärende am Krankenhaus Parchim künftig vorbei? Foto: dpa

Hamburg taz | Es sieht aus wie ein Muster: Eine nicht profitable Abteilung in einem Krankenhaus wird heruntergefahren oder geschlossen. Der private Krankenhausbetreiber beteuert, es liege am Personalmangel. Bürger*innen, Personal und Politiker*innen sprechen stattdessen von schlechtem Personalmanagement – und von nicht erfüllten Renditevorstellungen.

Was anscheinend schon die Rheumaabteilung der Asklepios Klinik Hamburg oder Helios-Kliniken in Niedersachsen traf, scheint sich in ähnlicher Form im Mecklenburg-Vorpommerschen Parchim zu wiederholen.

Anfang Juni wurde die dortige Kinderstation geschlossen. Asklepios beteuert, sie schnellstmöglich wieder öffnen zu wollen, es fehle aber an Kinderärzt*innen. Doch Bürger*innen und Politiker*innen zweifeln an den guten Absichten des privaten Krankenhauskonzerns. Einige vermuten, dass Asklepios die Station nicht weiter betreiben will, weil sie unrentabel ist, und sich deshalb nicht ausreichend um neues Personal bemüht. Sie befürchten auch Auswirkungen auf die Geburtshilfe.

Hieß es anfangs noch, dass mehrere Kinderärzt*innen krankgeschrieben waren, ist nun klar: Ärzt*innen haben gekündigt, ein Oberarzt ist in Rente gegangen. Und zwei Ärzt*innen hat Asklepios gekündigt. Laut eines Konzernsprechers arbeiten auch einige Pflegekräfte „künftig in anderen Einrichtungen“.

Andreas Crusius, Vorstand der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern

„Wenn in Parchim keine Kinderärzte mehr arbeiten, werden wir die Schließung der Geburtshilfe beantragen“

Die Kündigungen in einer offenbar prekären personellen Lage begründet er gegenüber der taz damit, „dass es kein Vertrauensverhältnis mehr gab zwischen Ärzten und Klinik“. Der Konzern suche schon seit Monaten nach Kinderärzt*innen. Es herrsche aber bundesweit ein Ärzt*innenmangel und eine solch kleine Abteilung an einem Standort wie Parchim sei unattraktiver als ein Arbeitsplatz in einer Metropolregion.

Stefan Sternberg (SPD), Landrat in Ludwigslust-Parchim, sagt zur taz, er sei entsetzt darüber, wie Asklepios mit der Situation umgehe. „Für mich ist das alles andere als Vertrauen erweckend.“ Er glaube nicht, dass Asklepios darum bemüht sei, die Kinderklinik wieder zu öffnen.

Asklepios hat nach eigenen Angaben „kaum Bewerbungen“ von Ärzt*innen erhalten. Es seien keine geeigneten Kandidat*innen dabei gewesen, so der Sprecher. Aber erst jetzt, drei Monate nach Schließung der Abteilung und nachdem sich Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) eingeschaltet und Lokalpolitiker*innen und Bürger*innen Druck gemacht hatten, werden Stellenanzeigen in ärztlichen Fachzeitschriften geschaltet. Sternberg hält das für Augenwischerei.

Auch für Andreas Crusius, Präsident der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, ist der späte Zeitpunkt der Stellenanzeigen „ein Rätsel“. Er führte nach eigenen Angaben Gespräche mit Asklepios und Minister Glawe. „Ich habe auch Kai Hankeln aus dem Asklepios-Management angerufen und ihn gebeten, Kinderärzte aus Hamburger Kliniken nach Parchim abzustellen. Das könnte er ja machen“, sagt Crusius. Passiert sei aber nichts. Das Sterben auf Zeit oder die dauerhafte Schließung der Abteilung wolle die Ärztekammer nicht tolerieren. „Wir wollen der Bevölkerung eine ordentliche Versorgung gewährleisten“, so Crusius.

Dass mit einer Kinderklinik kein Geld zu verdienen ist, steht außer Frage. Eine Kinderklinik müsse man sich leisten, sagt Crusius. „Wenn ein Träger das nicht macht, dann hat er den Sinn von Medizin nicht verstanden und auf dem Gesundheitsmarkt nichts verloren.“

Zwei Frauen aus Parchim haben eine Online-Petition zum Erhalt der Klinik gestartet. Sie sehen die medizinische Versorgung der Kinder gefährdet, weil es im Notfall rund 50 Kilometer bis zur Klinik in Schwerin sind. Über 48.000 Menschen haben unterzeichnet, am 22. September soll eine Demonstration stattfinden.

Asklepios wiegelt ab

Von Asklepios heißt es, man begrüße das Engagement. Doch die Petition richte mehr Schaden an, als sie helfe, weil die Initiatorinnen auch die Geburtshilfe in Parchim als gefährdet bezeichnen und damit für Unruhe und Unsicherheit in der Klinik und bei Eltern sorgen würden. Die Geburtshilfe stehe nicht in Frage.

Ärztekammerpräsident Crusius sieht das anders. „Natürlich ist die Geburtshilfe in Parchim in Gefahr“, sagt er. Hintergrund ist, dass im Krankenhausplan des Landes steht, dass eine Geburtshilfe nur betrieben werden darf, wenn auch eine Fachabteilung für Kinder am selben Krankenhaus ist. Nur in Ausnahmen soll von dieser Regelung abgewichen werden. Zwei Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern haben eine solche Ausnahmeregelung, die laut Crusius noch auf älteren Regelungen beruht.

Ärzte gesucht

„Wenn in Parchim keine Kinderärzte mehr arbeiten, werden wir die Schließung der Geburtshilfe beantragen“, sagt Crusius. Fraglich, ob Asklepios das stören würde. Auch mit Geburtshilfe lässt sich kaum Geld verdienen.

Unabhängig davon hat die Schließung der Kinderklinik schon jetzt Auswirkungen auf die Abteilung. Zurzeit können Frauen mit einer Risikoschwangerschaft dort nicht entbinden. Das sind etwa Schwangere, die Mehrlinge erwarten oder an Diabetes erkrankt sind.

Und auch die Personalsituation in der Gynäkologie und Geburtshilfe scheint angespannt. Auf seiner Webseite sucht Asklepios einen neuen Oberarzt und einen Assistenzarzt für die Abteilung. Die Fragen, wie viele Stellen seit wann in der Geburtshilfe unbesetzt sind und wie Asklepios über diese Ausschreibungen hinaus versucht, die Stellen zu besetzen, ließ der Konzern bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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