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Obama im Visier von Neonazis

Die Festnahme zweier Männer, die geplant haben sollen, den Präsidentschaftskandidaten umzubringen, wirft ein Schlaglicht auf die militante rechte und Rassistenszene in den USA

AUS WASHINGTON BERND PICKERT

Die Festnahme zweier Neonazis in der Ortschaft Bells im US-Bundesstaat Tennessee hat die Angst vor einem Mordanschlag gegen den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama weiter geschürt. Der 20-jährige Daniel Cowart und der 18-jährige Paul Schlesselman waren bereits am Freitag wegen der Planung eines Massakers und der Ermordung Obamas festgenommen worden.

Nach Angaben der für Waffen, Sprengstoff und Alkohol zuständigen Bundespolizeibehörde hatten die beiden vor, zunächst insgesamt 88 Schwarze zu erschießen, 14 schwarze Kinder zu enthaupten und schließlich mit einem Auto so schnell wie möglich auf Obama zuzurasen und aus den Fenstern heraus auf ihn zu schießen. Ein gut ausgearbeitetes Vorhaben war das nicht. Weder Zeit noch Ort des Verbrechens standen offenbar bislang fest. Die Polizei wurde schon in der ersten Phase auf beide aufmerksam, als sie den Überfall auf ein Waffengeschäft planten.

Mehr als eine konkrete Gefahr für den Kandidaten wirft die Geschichte von Cowart und Schlesselman allerdings ein Schlaglicht auf die militant-rassistische Neonazi-Szene der USA, der die beiden angehörten.

Nach Angaben des Southern Poverty Law Centers (SPLC), einer Nichtregierungsorganisation, die seit Jahren die Tätigkeit rassistischer und neonazistischer Gruppen dokumentiert und bekämpft, hatten beide Verbindungen zu einer Neonazi-Gruppe namens Supreme White Alliance, die sich Anfang 2008 gegründet hat. Auf ihrer Website bestätigt die Gruppe, „einer der beiden jungen Männer“ habe sich Anfang des Jahres um Aufnahme bemüht, er sei jedoch ausgeschlossen worden, bevor die Gruppe sich endgültig konstituiert habe.

Sicher ist, dass Cowart und Schlesselman mit der rassistischen Ideologie der US-Neonaziszene tief verwurzelt sind. Die Zahlen 88 und 14 haben für die Szene symbolische Bedeutung: Wie für Neonazis weltweit steht die 88 für „Heil Hitler“. Die 14 bezieht sich auf die „14 Worte“, das Mantra der organisierten Rassisten in den USA: „We must secure the existence of our people and a future for white children.“

Nach Angaben des SPLC ist die Zahl rassistischer und neonazistischer Gruppen nach vorheriger Stagnation in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Auf ihren eigenen Websites freuen sich manche dieser Gruppen, seit der Kandidatur Obamas mehr Zulauf zu erhalten als je zuvor.

Eine der wichtigsten ideologiebildenden Gruppen ist die Aryan Nations. Sie schreiben auf ihrer Seite, die Zeit für das offene Handeln als Organisation sei vorüber, gekommen sei vielmehr die Zeit des „einsamen Wolfes“: „Die einsamen Wölfe und die autonomen Zellen schärfen ihren Verstand mit dem Wissen um ihre genetische Herkunft und die praktischen Mittel, um diese zu verteidigen – wenn nötig bis zum Tod. Sie bewaffnen sich selbst – […] mit Gewehren, Messern, Kugeln und Bomben.“

Das Konzept des „einsamen Wolfes“ hatte auch schon Timothy McVeigh inspiriert, den Attentäter, der 1995 mit einem Anschlag auf ein Bundesgebäude in Oklahoma City 168 Menschen tötete und weitere 800 verletzte – der schwerste Anschlag auf US-amerikanischem Boden vor dem 11. September 2001. Die Feinde dieser „White Supremacists“ sind Schwarze, Juden und das, was all solchen Gruppen in den USA als „ZOG“ gilt, das „Zionist Occupied Government“, die „zionistisch besetzte Regierung“ zu deren Bekämpfung sie offen aufrufen.

Das können sie auch, denn so etwas zu veröffentlichen, ist in den USA grundsätzlich durch den ersten Verfassungszusatz geschützt. Nicht einmal, wenn Mitglieder einer Gruppe dann zur Tat schreiten, zieht das automatisch deren Verbot nach sich.

Die beiden jetzt verhafteten Männer sind nicht die Ersten, denen vorgeworfen wird, die Ermordung Obamas geplant zu haben. Schon um den demokratischen Parteitag Ende August in Denver waren drei Männer festgenommen worden, denen ein Attentatsplan unterstellt wurde. Und im Internet kursiert das Manifest der American National Socialist Workers Party. Unter der Überschrift „Kill this nigger?“ wird Obama in einem Fadenkreuz in Form des Hakenkreuzes gezeigt. Der Artikel schließt mit den Worten: „Weiße müssen verhindern, dass er Präsident wird, […] mit allen Mitteln.“

Mehr als 800 neonazistische und rassistische Gruppen registriert das SPLC heute in den Vereinigten Staaten. Wie viele deren Anhänger sich durch Obama provoziert fühlen, weiß niemand. Aber es ist kein Wunder, dass Obama schon im Mai 2007, also lange vor Beginn der Vorwahlen und damit früher als jeder andere Präsidentschaftskandidat vor ihm, vollen Personenschutz der obersten Sicherheitsstufe zugeteilt bekam.

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