: Mehr Kontrolle
VON ANNA CORVES
Mit Blick auf den Amoklauf von Winnenden hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag eine stärkere Kontrolle der Aufbewahrung von Waffen und Munition gefordert. „Wir müssen alles tun, um zu schauen, dass Kinder nicht an Waffen kommen“, sagte sie im Deutschlandfunk. Dafür seien auch unangemeldete Kontrollen denkbar.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Fritz Kuhn, sagte der Rhein-Neckar-Zeitung, Waffen sollten zentral im Schützenvereinsheim deponiert werden. „Tatsache ist nun einmal, dass Kinder, deren Vater eine Waffe hat, einfach zu leichten Zugang haben.“ Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, verlangte ein schärferes Waffenrecht: „Hier darf die Politik nicht länger vor der Waffenlobby einknicken.“
Demgegenüber lehnte die SPD die unangemeldeten Kontrollen von Waffenbesitzern ab. Ein solches Vorgehen sei weder rechtlich zulässig noch zielführend, sagte der sozialdemokratische Vorsitzende des Innenausschusses, Sebastian Edathy, laut Berliner Zeitung. Man könne nicht ohne konkreten Verdacht Hausdurchsuchungen durchführen. Angesichts der hohen Zahl von Waffenbesitzern seien auch nur Stichproben möglich. „Das ist nicht durchdacht“, sagte Edathy.
Der 17-jährige Tim K. hatte am Mittwochmorgen an seiner früheren Schule, der Albertville-Realschule, zwölf Schüler und Lehrer erschossen. Auf der Flucht tötete er drei weitere Menschen und schließlich sich selbst. Als Tatwaffe benutzte er eine großkalibrige Beretta seines Vaters. Dieser hatte die Pistole im Schlafzimmer aufbewahrt. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Entscheidend ist dabei, ob Tim K. in psychotherapeutischer Behandlung war. Wäre bei ihm eine „Amokneigung“ ersichtlich gewesen, könnte sich der Vater der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht haben. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten erklärt, der 17-Jährige sei wegen Depressionen behandelt worden. Gestützt wurde die Annahme durch den ärztlichen Direktor des Klinikums am Weissenhof. Er hatte angegeben, Tim K. sei 2008 zu fünf ambulanten Terminen in der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie gewesen. Der Anwalt der Eltern betonte jedoch am Wochenende: „Es gab keine psychotherapeutische Behandlung des Jungen.“ Die Familie behalte sich wegen der Behauptungen presse- und strafrechtliche Schritte vor.
Auch einige Tage nach dem Amoklauf ist das Motiv des Täters noch unklar. Polizei und Staatsanwaltschaft setzten am Wochenende ihre Ermittlungen fort. Auf dem Computer von Tim K. fanden die Ermittler Pornobilder, darunter solche mit gefesselten Frauen. Zudem waren die Schießspiele „Counterstrike“ und „TacticalOps“ auf dem Rechner installiert. Keine gesicherten Hinweise gab es darauf, dass Tim K. das Killerspiel „Far Cry 2“ am Abend vor der Tat gespielt hat, wie der Spiegel berichtete. Die Ermittler gehen dem Hinweis des Magazins auf das Pseudonym „JawsPredator1“ nach. Tim K. soll unter anderem mit diesem Namen im Internet aktiv gewesen sein und sich schon vor Monaten mit Massakern an Schulen auseinandergesetzt haben. Bundeskanzlerin Merkel sagte im Deutschlandfunk, der Zugang zu Gewaltvideos müsse geprüft werden. Auch eine Sperrung von Websites schloss sie nicht aus.
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