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BVG will mehr Videos gucken

Nach dem angeblichen Attentat eines U-Bahn-Schubsers fordert die CDU die Videoüberwachung von Bahnhöfen. BVG und Verkehrsverwaltung sind dafür, Datenschützer aber strikt dagegen

VON ULRICH SCHULTE

Die BVG müht sich um mehr Durchblick in ihren U-Bahnhöfen – elektronischen, wohlgemerkt: „Wir können uns eine flächendeckende Videoüberwachung vorstellen“, sagte BVG-Sprecher Klaus Wazlak gestern. Bloß sei dafür – neben der Zustimmung des Datenschutzbeauftragten – ein „gesellschaftlicher Konsens“ nötig: „Den vermissen wir bisher.“

In der Verkehrsverwaltung hält man sich mit der Suche danach nicht lange auf: Die stärkere Überwachung mit Kameras ist notwendig, sagt Sprecherin Petra Roland und verweist auf den Vorfall im U-Bahnhof Kottbusser Tor. An ihm hat sich die Debatte neu entzündet: Ein Jugendlicher soll am Montag angeblich einen 52-jährigen Mann auf die Gleise geschubst haben (Text unten).

Die CDU macht in Gestalt des Verkehrsexperten Alexander Kaczmarek „erhebliche Sicherheitslücken“ im öffentlichen Nahverkehr aus. Ein Teil von Kaczmareks Maßnahmenpaket ist – neben mehr Aufsichtspersonal für Schnellbahnhöfe – das permanente Abfilmen der kompletten Bahnsteige: „Das Material könnte man 24 Stunden speichern und dann löschen.“ Kameras lieferten bei der Erkennung von Tätern wichtige Beweise.

Dieses Argument machen sich auch BVG und Verkehrsverwaltung zu Eigen. Außerdem hätten die Kameras den psychologischen Effekt, dass sich die Kunden sicherer fühlten, sagt BVG-Sprecher Wazlak. Was die Überwachungsidee die verschuldeten Verkehrsbetriebe kosten würde, konnte er nicht sagen.

Der stellvertretende Datenschutzbeauftragte des Landes, Hanns-Wilhelm Heibey, lehnt solche Pläne strikt ab: „Das private Verhalten von Millionen Menschen würde permanent beobachtet und gespeichert – nur für die vage Chance, den ein oder anderen Täter schneller zu überführen.“ Für Heibey ist klar: „Die Persönlichkeitsrechte der Fahrgäste überwiegen.“ Mehr Kameras dienten nicht der Sicherheit der Leute, sondern der Beweisführung der Polizei. „Keine Kamera verhindert ein Verbrechen.“ Selbst an einer besseren Aufklärung hat der Datenschützer Zweifel. Um die Gesichtszüge eines Täters zu erkennen, müssten die Sicherheitsleute den Überfall erst erkennen und heranzoomen – dann könne der Täter längst verschwunden sein.

„Wer soll sich denn das alles angucken?“, kommentiert SPD-Verkehrsfachmann Christian Gaebler den Plan ständig laufender Kameras. Die aufgeregte Debatte nach dem Vorfall am Kottbusser Tor sei Unsinn, die Verhältnismäßigkeit der Mittel müsse gewahrt bleiben. „Auch Videokameras garantieren keine hundertprozentige Sicherheit. Der beste Schutz gegen U-Bahn-Schubser ist, sich weiter nach hinten zu stellen.“

Bereits jetzt sitzen in der BVG-Sicherheitsleitstelle Mitarbeiter vor Bildschirmen. Denn Videokameras sind nichts Neues in den 170 U-Bahnhöfen der Stadt: Rund 100 funktionieren an gekrümmten Bahnsteigen als elektronischer Rückspiegel für die Fahrer, 500 weitere haben das Geschehen auf dem Bahnsteig im Blick. Sie sind aber nur auf die Notrufsäulen ausgerichtet. BVG-Mitarbeiter starten die Aufzeichnung erst, wenn ein Fahrgast die Säule benutzt oder sie einen ungewöhnlichen Vorfall bemerken. Das Prozedere geht auf eine Vereinbarung zwischen Datenschützern und BVG zurück.

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