olympiastadion: Aufklärung ist Pflicht
Seit der Eröffnung des sanierten Olympiastadions samt neuem Dach sprechen selbst die härtesten Gegner des Sports von einer außergewöhnlichen Arena. Ein Gleiches empfinden die Fußballverrückten Berlins und des Deutschen Fußballbundes (DFB), die nur darauf warten, dass im Anschluss an das WM-Finale 2006 die „Hütte“ endgültig in die Hall of Fame der Fußballstadien eingeht – ihr Anteil als Chiffre ungeliebter deutscher Vergangenheit von 1936 ist da geschenkt.
KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
Schon darum kann nicht sein, dass die Aufklärung über jene Besonderheit des Bauwerks nun auf dem Spiel steht. Sicher, Walter-Bau ist Pleite und die „historische Kommentierung“ der Nazi-Architektur sowie die Entwürfe der Künstler ZHN können mangels Geld nicht fortgesetzt werden. Als hinreichender Grund, das Projekt zu beerdigen, genügt dies nicht.
Zum einen hat sich Berlin verpflichtet, die Geschichte des Stadions als NS-Weihestätte für den Sport und für Massenveranstaltungen aufzuzeigen – und diese Kommentierung sollte ein integraler Teil der Sanierung sein. Diese Verpflichtung besteht weiter. Zum anderen bedeutet die Vergegenwärtigung der faschistischen Architektur und ihrer Spuren, sich auch im heutigen Stadion des Sports und seiner Pervertierung in der Zeit des Nationalsozialismus bewusst zu sein.
Der Bund und das Land Berlin geben Millionen Euro aus für eine museale Olympiastadion-Schau in den Langemarckhallen. DFB und Sportminister Otto Schily schmeißen Unsummen aus dem Fenster für André Hellers so genannte WM-Kulturevents.
Nichts von dem reicht heran an die notwendige kritische Dechiffrierung der NS-Architektur. Ein Anteil von deren Mittel aber schon.
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