piwik no script img

Präsidentschaftswahl in den USASchwächen im System

Vor und während der US-Wahl glaubten Anhänger Trumps an Manipulation bei Wahlmaschinen. Doch die echten Schwächen des Systems liegen tiefer.

Die Wahlmaschinen, wie hier in North Carolina, scheinen eher nicht das Problem der US-Wahlen zu sein Foto: Stephanie Scarbrough/ap

Wahlbetrug! Noch bevor die erste Stimme ausgezählt war, witterten Trumps Trollarmeen auf allen Plattformen Anzeichen für eine „gestohlene“ Wahl. Erst nach Trumps klarem Sieg hielten sie den Mund.

Dabei gibt es im US-Wahlsystem tatsächlich Probleme – aber die liegen woanders. Anders als in Deutschland werden in den USA digitale Wahlautomaten eingesetzt. Die funktionierten, wie schon in der Vergangenheit, auch dieses Mal weitgehend einwandfrei.

Zwar waren etwa im ­Cambria County in Penn­sylvania kurzzeitig die Maschinen ­ausgefallen, der Fehler wurde aber umgehend behoben und die Öffnungszeiten verlängert, sodass alle Wäh­le­r*in­nen ihre Stimmen abgeben konnten.

Im Vorfeld berichteten Wäh­le­r*in­nen von Maschinen, die so programmiert gewesen seien, dass ihre Auswahl auf dem Bildschirm automatisch von Trump auf Harris umsprang. Derlei Behauptungen kursieren schon lange, verstärkt seit Bidens Wahlsieg 2020, von dem immer noch fälschlicherweise viele Ame­ri­ka­ne­r*in­nen glauben, er sei gestohlen gewesen.

Doppelte Bestätigung

Fakt ist, bei US-Wahlen gibt es immer wieder kleinere Probleme mit der Technik. Auch machen Wäh­le­r*in­nen in seltenen Fällen Fehler bei der Bedienung der Automaten. Von Beeinflussung kann allerdings keine Rede sein.

Entsprechende Klagen wurden zurückgewiesen, sowohl Wahlämter, Wahlmaschinenhersteller, als auch Wahl­be­ob­ach­te­r*in­nen entkräfteten die Vorwürfe.

Und bei den allermeisten Wahlmaschinen werden die Nut­ze­r*in­nen sogar zweimal aufgefordert, ihre Wahl zu bestätigen – einen Fehler zu machen ist daher ziemlich schwierig. Die Vorwürfe sind vor allem als taktisches Manöver in der Schlammschlacht des US-Wahlkampfes zu betrachten.

Stimmungsmache, die funktioniert: Beinahe die Hälfte der Trump-Fans glaubten im Vorfeld der Wahl, dass es zu weit verbreitetem Wahlbetrug kommen könnte – im Gegensatz zu lediglich sechs Prozent der Harris-Wählenden.

Probleme liegen woanders

Was bei dem ganzen Hick-Hack untergeht: Für viele Ame­ri­ka­ne­r*in­nen ist die Wahl ohnehin immer eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Vor allem Ärmere vertrauen weder den Demokraten noch den Republikanern, ihre Probleme wie Wohnungsnot, niedrige Löhne oder fehlende Infrastruktur zu lösen. Laut einer Studie des Pew Research Center sagen nur vier Prozent der Erwachsenen in den USA, das politische System funktioniere außerordentlich gut oder sehr gut.

Das auf Wahlleuten basierende Winner-takes-all-System bei US-Präsidentschaftswahlen weist zudem auch ohne Fehler im Ablauf massive Schwächen auf. Auch bei einer nur knappen Mehrheit im jeweiligen Staat gehen alle Electoral-College-Stimmen an die stärkere Partei.

Bereits fünf Mal gewannen Kan­di­da­t*in­nen die Wahl, die gar nicht über die tatsächliche Mehrheit der Stimmen verfügten – auch Donald Trump im Jahr 2016.

Viele Bür­ge­r*in­nen werden erst gar nicht zu den Wahlen zugelassen, Vorbestrafte etwa dürfen zumindest in einigen Bundesstaaten nicht wählen. Oder die Bedingungen, sich als Wähler zu registrieren, werden so erschwert, dass Minderheiten abgeschreckt sind – die bislang eher als demokratisches Wählerpotenzial galten. Kurz: Es sind nicht die Wahlmaschinen, die kaputt sind.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Präsidentschaftswahlen sind sowieso eine blöde Idee, wie man in Frankreich sieht, wo es all diese amerikanischen Artefakte nicht gibt.



    Es geht viel zu sehr um eine Person und viel zu wenig um Politik und Program.

    Die bundesdeutsche Wahllogik erlaubt zudem die Entwicklung kleiner Parteien und damit gesellschaftlicher Innovation. Eigentlich viel besser.

    Trotzdem, wir tauchen überall ab in eine Welt voller Nationalismen, die wir hinter uns glaubten. Nicht leicht zu verkraften.

  • Es ist einfach nur ein anderes System, damit aber nicht gleich besser oder schlechter als unseres.

    Für mich ein unsinniger Beitrag, deswegen hat Trump nicht gewonnen.

    • @Ramto:

      Mhm, der Beitrag handelt schließlich auch nicht von den Gründen für Trumps Wahlsieg, sondern von den Schwächen des US-Wahlsystems ... und das durchaus treffend (und daher gar nicht so "unsinnig"). :-)

  • Und die winner-takes-it-all-Regel verhindert de facto auch, dass weitere Parteien irgendeine Chance haben. So bleibt es beim 2-Parteien-System.

  • Und dann findet die Wahl auch noch an einem Wochentag statt.

    • @Ciro:

      Eigentlich sollte es ja der Donnerstag werden, aber da wählen die verhassten Briten - also 'verhasst' als das eingeführt wurde - und so blieb nur der Dienstag...😉 - falls das nun irgendwie Trost spendet.



      Dann gab's noch so Argumente wie nach der Ernte aber vor dem Winter und freilich nicht sonntags weil der gehört Gott 🛐, Anreise und Abreise brauchen auch ein Tag und mitten in der Woche wollte man auch nicht.

    • @Ciro:

      Was gerade bei den prekären Wählergruppen keinen Unterschied machen dürfte. Geschäfte haben dort genauso sonntags wie dienstags geöffnet.