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Klimaschädliches ReisenCondor setzt auf Inlandsflüge

Bislang bedient der Ferienflieger Ziele wie die Kanaren oder Kuba. Nun sieht er eine Marktlücke: Städtereisen nach München, Berlin oder Hamburg.

Ins Inland, statt nur ins Ausland: Ferienflieger der Airline Condor Foto: Bayne Stanley/imago

Berlin taz | Während Klimaschützer ein Verbot von Inlandsflügen fordern, führt die Airline Condor mit ihrem nächsten Sommerflugplan innerdeutsche Strecken ein. Einmal täglich geht es dann ab Ende März von Frankfurt am Main nach Berlin, Hamburg und München und zurück, wie die Fluggesellschaft am Dienstag mitteilte.

Condor sieht darin eine Marktlücke. In Folge der Coronakrise war die Zahl der Inlandsflüge in Deutschland massiv gesunken. 2023 gab es nur noch etwa ein Viertel so viele Inlandsflüge wie 2019, dem Jahr vor Ausbruch der Pandemie. Über die Hälfte der Geschäftsreisenden nutzt inzwischen die Bahn, viele reisen beruflich weniger und nutzen verstärkt Online-Konferenzen. Dafür gibt es Condor-Chef Peter Gerber zufolge einen wachsenden Trend, Dienstreisen und Freizeit miteinander zu verbinden. Die neuen Inlandsstrecken dienen aber auch als Zubringer für die Flüge der Airline auf die Kanaren, Kuba oder in die USA.

Der innerdeutsche Flugverkehr wird bisher von der Lufthansa dominiert, hier steigen die Zahlen langsam wieder an. Nach den jüngsten Zahlen des Branchenverbandes BDL werden im Winter bis einschließlich März aber weiterhin nicht einmal halb so viele Sitzplätze (48 Prozent) auf innerdeutschen Flügen angeboten wie vor der Pandemie.

Für das Klima ist der Rückgang positiv. Fliegen ist eine besonders klimaschädliche Reiseform. Laut einer aktuellen Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung verursachen Spitzenverdiener siebenmal so viel CO2 wie Einkommensschwächere – Ursache dafür ist vor allem, dass diese viel mehr Flugreisen unternehmen.

Start erzeugt besonders viel CO2

Klimaschädlich sind vor allem Langstreckenflüge, auf kurzen Distanzen werden aber relativ gesehen viele klimaschädliche Emissionen ausgestoßen. Der Grund: Der Start erfordert besonders viel Energie. Außerdem gibt es klimafreundlichere Alternativen. Bei einem Inlandsflug stößt ein Flugzeug laut Deutschem Zentrum für Luft- und Raumfahrt durchschnittlich 214 Gramm CO2 pro Person pro Kilometer aus, bei der Bahn liegt der Wert bei 29 im Fernverkehr und bei 54 im Nahverkehr. Autos erzeugen im Schnitt 154 Gramm CO2 pro Person pro Kilometer.

Klimaschützer fordern deshalb seit langem ein Verbot von Inlandsflügen, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte im vergangenen Jahr, er wolle sie ab dem Jahr 2035 untersagen. In mehreren Ländern sind Inlandsflüge inzwischen eingeschränkt. Frankreich verbietet diese seit vergangenem Jahr, wenn eine Strecke innerhalb von zweieinhalb Stunden auch per Zug zu schaffen ist.

Diese Regelung ist allerdings löchrig: Frankreichs zentraler Flughafen Paris Charles de Gaulle (CDG) ist ausgenommen, die Bahn macht keiner einzigen Flugstrecke zum Flughafen CDG innerhalb von 2,5 Stunden Konkurrenz. Auch in den skandinavischen Ländern schreitet die Gesetzgebung voran: Schweden und Dänemark haben angekündigt, dass alle Inlandsflüge ab 2030 emissionsfrei sein müssen. Das könnte einem Verbot gleichkommen, denn entsprechende Verkehrsflugzeuge existieren noch nicht. Norwegen will bis 2040 nachziehen.

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11 Kommentare

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  • Inland ist eine völlig sinnfreie Kategorie, von Norddeutschland aus ist München weiter als Kopenhagen, Warschau, Brüssel und Amsterdam.



    Natürlich würde man öfter bahnfahren, wenn die Bahn schnell und wie geplant fahren würde.



    Interessanterweise kommt die Kritik an Inlandsflügen zur Arbeit oft von Leuten, die Fernflüge zum Wandern unternehmen.

  • "Condor setzt auf Inlandsflüge"



    Ein Geschäftsmodell, das nur funktioniert, weil die Bahn so schlecht ist. Es ist zum Heulen.

  • Ihr, die ihr in das Thema Klima eintretet, lasset alle Hoffnung fahren! Das ist durch, Flugscham ein Fremdwort, das die Leute nicht mal mit Wörterbuch verstehen.

    In meinem Umfeld gibt es so viele Leute, die sowieso jedes Jahr drei- viermal fliegen - bei weitem nicht nur Kurzstrecke. Sie kapieren es einfach nicht.

    Auch, dass man egal wie weit, nicht dauernd reisen muss, ist weit entfernt. Denn selbst wenn man vermeintlich "grün" reist, verbraucht man Energie, die knapp ist. Früher hat man Drachen steigen lassen wo man heute unbedingt eine sinnbefreite Woche Malle macht, inkl. Besäufnis und sonst was. Der Sinn des Lebens ist nur noch Konsum.

    Die Menschheit versteht einfach nicht mehr den Unterschied zwischen etwas Schönes erleben und irgendeinem Konsumdreck, den einem die Profitmaximierer eingeredet haben.



    Ich habe die Hoffnung aufgegeben.

  • Inlandsflüge (wenn nicht als Zubringer zu weiter entfernten Zielen) finde ich sowieso als "doof": der ganze (zeitliche und nervliche!) Aufwand mit dem Sicherheits-Check-In und dem Gepäck ist in meinen Augen viel nerviger wie die Verspätungen der DB...

    Was ist "komfortabler": in einer endlosen Schlange an unterbesetzten Terminals zu stehen (plus die "Sicherheits-Checks") oder in einem ICE irgendwo auf die Weiterfahrt zu warten, dabei aber wenigstens einen Film schauen zu können oder sich ein Bier (mitgebracht oder aus dem "Speisewagen") zu gönnen??? Und ankommen tut man in Mitteleuropa in der Regel ungefähr gleich schnell (alles eingerechnet!).

    • @Achim Schäfer:

      Achim,



      ich stimme Ihnen zum Teil zu. Jedoch fliege ich trotz des Aufwands bei Abflug/Ankunft manchmal lieber, da mir Bahnreisen - je nach Zugart - einfach zu prollig ist: verschmutzte Sitze, besch***ssene Toiletten, Leute, die sich nicht benehmen können, Infrastrukt.des Zugs funktioniert nicht,...

    • @Achim Schäfer:

      Bei kleinen Flughäfen dauert der Checkin meistens unter 30 Minuten wenn sie nicht in der Ferienzeit nach Malle wollen. Bei Inlandsflügen als Geschäftsreise gibt es nur Handgepäck. Das Flugzeug ist zudem relativ verlässlich. Außerdem ist es ein deutlich angenehmeres Reisen.



      Ich fahre jede Woche mehrfach Bahn und das ist inzwischen ein relativ proletarisches Vergnügen geworden. Es ist dreckig. Fahrgäste sind aggressiv und konsumieren Alkohol. Es stinkt. Klos wollen sie lieber nicht betreten usw usw. Dagegen ist eine Flugreise eine echte Wohltat. Ich brauche zum Kunden nach Hamburg aktuell 8h mit dem Zug (im Idealfall wenn alle Verbindungen mitspielen was irgendwie nie der Fall ist) vs. 3h mit dem Flieger.

      • @Šarru-kīnu:

        „…. proletarisches Vergnügen geworden. Es ist dreckig. Fahrgäste sind aggressiv und konsumieren Alkohol. Es stinkt. Klos wollen sie lieber nicht betreten usw usw ….“



        Behauptungen, die Umweltignoranz rechtfertigen soll.



        Die Verspätungen (verschuldet durch jahrzehntelange Versäumnisse) sind leider das Problem. Und die ungerechtfertigten Kerosin-Steuervorteile! Unsere Nachkommen sind (großen) Teilen unserer Gesellschaft ja egal.

  • Eigentlich müssten Inlandsflüge nicht sein. Aber was ist denn die Alternative? Die Bahn ist versifft (auch in der 1. Klasse) und absolut unpünktlich. Zudem preislich, wenn man es erst am Vortag weiß und dann die Fahrkarte kaufen muß, einfach nur unverschämt. Das Auto zwar bequem, aber halt eben langsam. Und nein, es geht nicht alles mit Videokonferenzen. Auch im IT-Bereich nicht. Da muß sogar sehr viel vor Ort gemacht werden, bzw viele Kunden wünschen dies sogar. Und dann nehme ich doch lieber das Flugzeug um von München nach Hamburg, Hannover oder Berlin zu kommen, als die beschriebenen Alternativen. Da bin ich dann nämlich Abends wieder bei der Familie. Und viele Firmen bieten dann sogar die Abholung am Flughafen an, so daß man sich auch darum nicht mehr kümmern muß.

    • @Oleg Fedotov:

      Vielen Dank...das ist mal ein Kommentar, der voll zutreffend die Realität beschreibt.

  • Oh weia, wieviel wirst in USA und China geflogen ?

    • @Aldi Wolf:

      Yeah! That's the spirit! Andere machen es auch nicht, warum also wir? So geht man gegen die Klimakatastrophe wirklich konsequent vor. Bravo, sehr selbstlos!