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Trumps WahlkampfDer Mega-MAGA-Medienmacher

Der rechte Verschwörungserzähler Tucker Carlson verlor seinen Job als Fox-News-Moderator. Doch sein Einfluss auf die Republikaner ist so groß wie nie.

Trump-Freund Tucker Carlson spricht während der Turning Point Action Conference in West Palm Beach, Florida, USA, 15. Juli 2023 Foto: Cristobal Herrera-Ulashkevich/epa

Es gab im aktuellen US-Wahlkampf drei Momente innerhalb weniger Tage, in denen der Einfluss, den der rechte Verschwörungsgläubige und Ex-Fox-News-Moderator Tucker Carlson noch immer auf Donald Trump und die Republikanische Partei hat, besonders deutlich wurde. Und die andeuten, welche Rolle er im Falle eines Trump-Siegs am 5. November spielen könnte.

Am 13. Juli, nur Stunden nach dem versuchten Attentat auf Trump in Pennsylvania, war es Carlson, der dafür sorgte, dass der parteilose Robert F. Kennedy Jr. seine Kandidatur für das Weiße Haus zurückzog und nun Trump unterstützt. Er startete laut Vanity Fair einen gemeinsamen Chat mit Trump und Kennedy, am selben Abend telefonierten die beiden Kandidaten. Sechs Wochen später schied Kennedy aus.

Kennedys Unterstützung war alles andere als selbstverständlich, er und Trump hatten sich in der Vergangenheit gegenseitig scharf kritisiert und beleidigt. Doch in den vergangenen Jahren fiel der einstige Demokrat Kennedy eher durch Verschwörungsmythen und Impfgegnertum auf – was Trump Stimmen hätten kosten können.

Zwei Tage später, am 15. Juli, kündigte Trump sein Running Mate an: JD Vance, einen ultrakonservativen Populisten, der auf rechtsradikalen Onlineplattformen gefeiert wird. Auch das war alles andere als selbstverständlich. Vance hatte Trump mit Hitler verglichen, er nannte ihn öffentlich einen „Idioten“. Ein erfahrener Politiker ist er auch nicht: Erst seit 2023 sitzt der 40-Jährige im Senat, sein erstes Amt.

Schon wieder spielte Carlson dabei eine entscheidende Rolle: Dass Vance’ Name für die Nominierung als Vizekandidat überhaupt im Spiel war, hat er auch ihm zu verdanken: Zwischen 2018 und 2023 war Vance 46 Mal bei „Tucker Carlson Tonight“, Carlsons Flaggschiff-Sendung auf Fox News, zu Gast. Und als Carlson hörte, dass Trump wegen der Nominierung unentschieden sei, rief er ihn an mit einer „apokalyptischen Warnung“, wie die New York Times berichtet. Er sagte, dass man Vance’ Konkurrenten Marco Rubio nicht vertrauen könne und seine Ernennung dazu führen könnte, dass der „Deep State“ Trump töte.

Der dritte Moment ereignete sich am 18. Juli: Tucker Carlson hielt eine Keynote-Rede beim republikanischen Parteitag in Milwaukee, wo er davor warnte, wie das Land in Tyrannei verfallen würde, sollte Trump die Wahl nicht gewinnen – zu tobendem Applaus und Standing Ovations. Fast als wäre er der eigentliche Star des Kongresses.

Für Carlson stellen diese drei Schlüsselmomente nichts Geringeres als einen Coup dar. Denn sie zeigen, welche Macht er mehr als ein Jahr nach seinem Rauswurf von Fox News noch hat, nachdem viele ihn als politische Kraft abgeschrieben hatten.

1969 geboren, fing Carlson seine Medienkarriere in den Nullerjahren als politischer Kommentator bei CNN an, bevor er zu MSNBC wechselte. 2010 gründete er „The Daily Caller“ mit – eine einflussreiche, rechte Nachrichtenseite, die immer wieder durch Falschinformationen auffällt. Doch es war vor allem die Talkshow „Tucker Carlson Tonight“ bei Fox News, die ihn zum Star machte. Die Sendung, die er von 2016 bis 2023 moderierte, war die meistgeschaute Nachrichtensendung in der Geschichte des US-Fernsehens. Zum Höhepunkt schalteten rund 4,5 Millionen Menschen ein.

Carlson nutzte diese Reichweite, um rechtsextreme Narrative wie die Idee eines „großen Austauschs“ zu verbreiten – eine rassistische Verschwörungserzählung, nach der die „weiße Rasse“ durch Migration ausgelöscht werden soll. Die sonstigen Feindbilder: die Demokraten, Hollywood, LGBTQ-Menschen, der „Deep State“, die „Black Lives Matter“-Bewegung und viele andere.

„Er kann rechtsradikale Konzepte und Verschwörungserzählungen für ein Mainstream-Publikum gut übersetzen“, erklärt die Rechtsextremismus-Expertin Hannah Gais vom Southern Poverty Law Center zur taz. „Und er kann die Ängste und Paranoia der Online-Alt-Right auch im Fernsehen vermitteln.“

Carlson wurde ab 2016 zum mächtigsten Medienmacher der US-Rechten. Er setzte deren politische Agenda, beeinflusste Vorwahlen und Kabinettsposten und lieferte die Talking Points der MAGA-Bewegung um Trump. Carlson wurde zu Trumps medialem Verteidiger während seiner ersten Amtszeit, auch wenn er persönlich oft auf Distanz zu ihm ging und in privaten Nachrichten, die durch einen Rechtsstreit öffentlich wurden, schrieb, dass er ihn „leidenschaftlich“ hasse und Trump eine „dämonische Kraft“ sei.

Bereits vor Trumps Wahlniederlage 2020 spekulierten einige in Republikanerkreisen, dass Carlson 2024 antreten könnte. „Er ist ein talentierter Kommunikator mit einer großen Plattform“, sagte damals ein Parteistratege. Er wäre als Kandidat „formidabel“. 2023 sagte Trump, er könnte sich Carlson als seinen Vize vorstellen, worauf Carlson sich überraschend bescheiden verhielt und sagte, er sei dazu nicht geeignet.

Carlsons populistische bis rechtsradikale Rhetorik kostete seine Sendung aber immer mehr Werbekunden. Im April 2023 beendete Fox News überraschend die Zusammenarbeit mit ihrem Star. Einen offiziellen Grund nannte der Sender nicht.

In seinem Buch „Network of Lies“ schreibt der CNN-Journalist Brian Stelter, dass Carlson für Fox zu giftig geworden sei: „Carlson hatte so viele Menschen entfremdet, so viele interne und externe Skandale angezettelt und so viele Flammen der Gehässigkeit geschürt, dass seine Entlassung unvermeidlich war.“ Lachlan Murdoch, der Sohn von Rupert Murdoch und damals Chef vom Mutterkonzern News Corp, habe Carlson deshalb den Stecker gezogen, so Stelter.

Carlson hat sein Millionenpublikum bei Fox News zwar verloren. Sein X-Account zählt aber bis heute mehr als 14 Millionen Follower, auf Youtube hat er 3,2 Millionen Abonnenten. Sein neues Format „Tucker Carlson Show“ ist aktuell auf Platz vier der Podcast-Charts auf Spotify, zwischenzeitlich war sie sogar auf Platz eins, in den Apple-Charts ist sie aktuell auf Platz sechs. Und im Dezember startete er einen eigenen Streamingdienst, das „Tucker Carlson Network“, das laut eigenen Angaben 400.000 Abonnenten hat: Neben der „Tucker Carlson Show“ kann man auch andere Formate wie „Ask Tucker“, „TC Shorts“ oder „Tucker Carlson Un­censored“ streamen.

Ohne die Aufsicht eines großen Medienunternehmens wird sein Kurs noch extremer. „Jetzt lädt er noch radikalere Figuren in seine Sendung ein“, sagt Hannah Gais vom Southern Poverty Law Center. „Es gibt kaum noch Brandmauern“. So reiste Carlson im Februar nach Moskau, um Wladimir Putin zu interviewen, und bot ihm eine Bühne, unwidersprochen russische Propaganda zu verbreiten. Das über zwei Stunden lange Interview wurde auf X mehr als 200 Millionen Mal angeschaut. Im September lud Carlson den Holocaust­relativierer Darryl Cooper in seine Sendung, die auf X über 34 Mil­lionen Mal angeschaut wurde.

Carlson hat den jüdischen Ukraine-Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als „rattenartig“ bezeichnet und behauptete, er würde Christen verfolgen. „Proisraelischen Geldgebern“ der Harvard-Universität warf Carlson einen „weißen Genozid“ vor – eine antisemitische Variante des „großen Austausches“.

Geschmälert hat das Carlsons Einfluss in der republikanischen Partei nicht, im Gegenteil. Trump gewährte Carlsons Team einen exklusiven Blick hinter den Kulissen seines Wahlkampfes für eine neue Dokuserie, die seit Oktober auf seiner Onlineplattform gestreamt werden kann.

Im September durfte Carlson als Teil seiner „Live Tour“ in einem Eishockey-Stadion im Swing State Pennsylvania den Vizekandidaten Vance interviewen. Die Tickets kosteten bis zu 1.600 US-Dollar. Der Erlös ging nicht an den Wahlkampf der Republikaner, sondern an das Tucker Carlson Network.

Tucker Carlson ist bis heute eine Schlüsselfigur der US-Rechten. Seine Reichweite mag insgesamt geringer geworden sein, doch er hat so viel Einfluss auf die Republikaner wie noch nie.

Und im Gegensatz zu Trump und Vance ist er jemand, der sich keine Sorgen um die Größe seines Publikums machen muss. Sollte Donald Trump die Wahl am 5. November gewinnen, könnte Carlson seine zweite Amtszeit deutlich prägen. Doch sollte Trump verlieren, ist es alles andere als ausgemacht, dass Vance sein Nachfolger sein wird.

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3 Kommentare

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  • ich empfehle jedem, die Videomitschnitte von Trumps Wahlkampfveranstaltung gestern im Madison Square Garden anzusehen. Gloves off, denn dort haben er und seine Mitredner wirklich kein Blatt mehr vor den Mund genommen. Eklatanter offener Rassismus und Sexismus sind frenetisch bejubelt worden. Gestalten wie Hulk Hogan, Tucker Carlson und Tony Hinchcliffe durften ungehindert so richtig vom Leder ziehen. Nicht verwunderlich, dass im Publikum auch Gruppen mit Hakenkreuzfahnen zu finden waren. Zudem hat DT angedeutet, dass er noch einen Trumpf in der Hinterhand hat. "We have a little secret with the house". Was es genau ist, will er erst verkünden, wenn "the race is over". Wer glaubt, dass er im Falle einer Niederlage nichts unternimmt, träumt.

  • Ich finde schon immer wieder erstaunlich, wie Demagogen die Wahrheit um 180 Grad drehen und ihren Gegnern genau das vorwerfen, was sie entweder schon selbst tun oder zu tun planen. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen bzw. Es gibt keine Pläne, in die Ukraine einzumarschieren.



    Wenn man dann hört oder liest, nur die Wahl Trumps könne die USA vor der Tyrannei bewahren, während Trump sogar öffentlich ankündigt, ein Diktator sein zu wollen, und von Generälen träumt, die denen Hitlers ähneln, kann einem schon schwindlig werden.



    Auch der "Deep State" ist im Prinzip genau das, was Trump anstrebt. Den obersten Gerichtshof hat er schon mit Gefolgsleuten besetzt und nach der (gewonnenen) Wahl will er statt der üblichen 4000 Spitzenbeamten 50.000 ersetzen. Das ist doch die Definition seines Deep States, ein Beamtenapparat, der unabhängig von der Legislative das Land steuert und einzig dem Hitlerbewunderer dient, während andere Institutionen gleich komplett aufgelöst werden.



    Wir erleben in Echtzeit das Duplikat Deutschlands in den 30er Jahren.

  • Leute wie Tucker sind krank. Nichts anderes. Und das mit Berechnung zur Zerstörung von Fakten. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Sie ziehen das bewusst durch!