Erinnerung an ermordete Sinti und Roma: Protest gegen Baupläne am Mahnmal
Für eine Bahnstrecke soll das Mahnmal für die im NS ermordeten Sinti*zze und Rom*nja in Berlin beschädigt werden. Verbände rufen für Samstag zur Demo auf.
Der Gedenkort wurde 2012 errichtet und erinnert an den Völkermord an bis zu 500.000 Sinti*zze und Rom*nja durch das nationalsozialistische Deutschland während des Zweiten Weltkriegs. Er liegt auf einem Gelände zwischen Brandenburger Tor und Reichstag. Darunter soll nun aber eine neue S-Bahn-Strecke in Richtung des nahegelegenen Hauptbahnhofs entstehen.
Dafür ist geplant, einige Bäume auf dem Gelände des Mahnmals zu fällen, außerdem dürfte Baustellenlärm und später der Lärm der Züge die Ruhe am Gedenkort stören. Ursprünglich sahen die Baupläne sogar vor, das Mahnmal komplett ab und später wieder aufzubauen. Dies konnten Sinti*zze und Rom*nja-Verbände in Verhandlungen jedoch abwenden.
Dass es ausgerechnet ein Bahnprojekt ist, für das die Gedenkstätte teils weichen soll, sorgt für zusätzliche Irritation, war es doch die deutsche Eisenbahn, mit der die Nazis viele ihrer Opfer in die Vernichtungslager in Osteuropa deportierten.
Unterschiedliche Meinungen bei den Verbänden
Nicht alle Sinti*zze und Rom*ja-Verbände sind der Meinung, dass die geplanten Eingriffe in das Mahnmal-Gelände so dramatisch sind, dass sich der Protest lohnt. Der Zentralrat der Sinti und Roma etwa hält die mit der Bahn und der Stadt Berlin gefundene Lösung für tragbar. Dessen Vorsitzender sagte nun der taz: „Die deutschen Sinti und Roma sind Teil der Gesellschaft unseres Landes und wenden sich nicht gegen ein Infrastrukturprojekt, dass für alle Berlinerinnen und Berliner eine Notwendigkeit ist.“ Es sei aber wichtig, dass Berliner Senat und Bahn dafür sorgen, „dass das Denkmal während des gesamten Bauprozesses zugänglich und in seiner Würde geschützt bleibt.“
Die Bundesvereinigung der Sinti und Roma unterstützt die Kundgebung dagegen. Deren Generalsekretär Romeo Franz sagt der taz: „Die Ignoranz der Bundesbahn und der Stadt Berlin ist nicht mehr ertragbar.“ Man wolle deshalb „alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um unser Mahnmal zu schützen.“
Dass der Zentralrat dies anders sieht, nennt Franz „traurig“ und sagt: „Es geht hier um einen Ort, an dem ich den Ermordeten gedenken kann, die kein Grab haben“. Dass bald S-Bahn Züge nur einen knappen Meter unter dem Mahnmal vorbeirauschen sollen, empfinde er als „Zerstörung“ des Orts.
Der Bundesromaverband wiederum beklagt nicht nur die Pläne an sich, sondern betont auch, dass nicht-deutsche Roma bei den Verhandlungen um die Eingriffe in das Mahnmal ausgeschlossen blieben. „In die Gespräche von Bahn und Politik um das Denkmal werden lediglich einzelne Repräsentanten der nationalen Minderheit deutscher Sinti und Roma einbezogen, während die europäischen Roma ausgeschlossen bleiben.“ Dabei seien letztere inzwischen in Deutschland in der Mehrzahl.
Aktualisiert und ergänzt am 28.09.2024 um 909:45 Uhr. d. R.
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