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34 Jahre deutsche EinheitGeteilte Wahrnehmung

Michael Bartsch
Kommentar von Michael Bartsch

Ohne radikale Ehrlichkeit bleibt das „Zukunftszentrum deutsche Einheit“ nur ein Placebo. Für verlogene Narrative ist heute kein Platz.

Tag der Deutschen Einheit: In Berlin wurde am 3. Oktober 1990 innig gefeiert Foto: Hans Martin Sewcz/pbk

A m 3. Oktober 1990 besuche ich in Stuttgart die Cannstatter Wasen. In Berlin wird am Reichstag die deutsche Vereinigung bejubelt. Naiv erwarte ich, dass es auch auf den Wasen so etwas wie eine Einheitsfeier geben wird. Seit einem halben Jahr wird damals in der Deutschen Verlagsanstalt unsere bürgerbewegte Wochenzeitungsneugründung Sachsenspiegel zusammengestellt und gedruckt. Dieser Abend auf dem Volksfest aber unterscheidet sich in nichts von allen anderen auf den Wasen.

Kaum jemand ist beim Bier ansprechbar auf diesen historischen Tag. Meinen kritischen Bericht druckt die westdeutsch verlegte Ostzeitung nicht. In der völlig asymmetrischen Wahrnehmung dieses Vereinigungstages waren schon die folgenden 35 Jahre angelegt. Aber nun winken endlich die lang beschworene innere Einheit und tiefes gegenseitiges Verständnis. Denn in Halle wird ein Tempel der Einheit errichtet, ein Mekka der frohen gemeinsamen Zukunft.

Das am 18. Mai 2022 im Bundestag grundsätzlich beschlossene „Zukunftszentrum Deutsche Einheit“ muss seiner Bestimmung nach ein himmelsstürmender Bau werden! Vorläufige Baukosten von 200 Millionen Euro und ein künftiges Jahresbudget von 42, 5 Millionen – mindestens. Wenige hundert Meter vom vorgesehenen Bauplatz entfernt aber weiß ein Drittel der spontan angesprochenen Hallenser noch nichts von der bald aufgehenden Saat deutschen Gemeinschaftsglücks.

Die anderen erwarten am wenigsten einen Effekt für vertiefte deutsche Einheitsgefühle. Die kommen vielleicht, wenn die Enkel groß sind, sagen die Ü70er. „Die Jugend hat andere Probleme“, meinen die U20er. Doch ein vermuteter lokaler Fördereffekt ist willkommen. Zuverlässig stellt sich der Ossi-Dankbarkeitsreflex ein, wenn jemand Millionen und 200 Arbeitsplätze mitbringt, um etwas Schönes zu bauen.

Eigentlich gar kein Bedarf

Wo träfe man heute noch Ostdeutsche, die eine Heroisierung ihres Aufbegehrens im Herbst 1989 wünschten? Vielleicht ahnen manche inzwischen, wie naiv sie bis zur Währungsunion 1990 waren. Warum sollte es einem 32 Jahre danach beschlossenen „Zukunftszentrum“ also anders ergehen als der bereits 2007 beschlossenen und jetzt erst im Bau befindlichen Berliner „Einheitswippe“ oder dem Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig? In beiden Fällen signalisierten endlose Debatten, dass eigentlich gar kein Bedarf besteht.

„Jetzt wissen wir, wo die Brandmauer verläuft“, flachsten wir nach der Europawahl am 9. Juni. Nämlich blau-schwarz exakt entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Nicht nur politische Stimmungen, auch alle sozioökonomischen Daten werden nach wie vor getrennt erfasst. Drei Viertel der etwa 25.000 Umfrageteilnehmer von „MDR fragt“ sahen im vorigen Jahr weiterhin strukturelle Ost-West-Unterschiede. 6 Prozent mehr als 2022. Das Projekt Deutsche Einheit ist für sie unvollendet. 55 Prozent geben zuerst „ostdeutsch“ als ihre gefühlte Identität an.

Das alles soll das „Zukunftszentrum“ auffangen. Anfang Oktober beginnt die Auswertung des Architekturwettbewerbs. Die ersten 3,1 Millionen Euro fließen für Büros und Personal, darunter der kunstaffine Geschäftsführer Michael Marten. Wir leben in einer Zeit, die sich nur noch mit kleineren Übeln tröstet. Also gilt es ab 2030 mit den Aufgabenschwerpunkten Kultur, Dialog und Wissenschaft zu beweisen, dass es sich nicht nur um ein Placebo handelt. Nach dem vorläufigen Konzept soll es vor allem um Austausch mit den europäischen Nachbarn gehen. Ein vorbildlicher Ansatz.

Dialog und Wissenschaft aber müssen von radikaler Ehrlichkeit geprägt sein, will dieses künstliche Einheitsmekka von Relevanz sen und auf Akzeptanz stoßen. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider hat immerhin „Lust auf Provokation, um Leute aus scheinbaren Sicherheiten und Urteilen herauszuholen“. Es gehe „nicht um deutsch-deutsches Händchenhalten“. Einen „geschützten Raum für offene Streitkultur“ soll das Zukunftszentrum bereitstellen.

Keine beglückende Erfolgsgeschichte

Eine Illusion, solange sich das gesellschaftliche Klima nicht bessert. Hört jemand noch etwas vom 2020 mit hohem Anspruch gegründeten „Institut für gesellschaftlichen Zusammenhalt“? In der akademischen Nische ist keine Massenrelevanz zu erreichen. Die Vorstellung, eine Oma aus Bayern würde mit dem ICE und ein Opa aus der Uckermark mit dem Bummelzug nach Halle anreisen, um Vereinigungskummer auszutauschen, ist allenfalls amüsant.

Hat es vor 30 Jahren übrigens alles schon gegeben, als „Erzählwerkstätten“ Konjunktur hatten. Eine von „13 deutschen Geschichten“, erschienen 1998 in der Hamburger Körber-Stiftung, ist die meine. Man saß monatlich einen Abend zusammen, nahm sich freundlich zur Kenntnis und verabschiedete sich wieder. Zu radikaler Ehrlichkeit in der Forschung würde auch die Infragestellung des Narrativs gehören, wonach die Wiedervereinigung eine überwiegend beglückende Erfolgsgeschichte sei.

Ebenso die Legende, der Aufbau Ost sei ausschließlich durch großzügige westdeutsche Spenden finanziert worden und nicht unterm Strich ein Nullsummenspiel. Irrtümer der „Wir sind ein Volk“-Rufer 1989 und die daraus folgenden mentalen Brüche und Entwurzelungen müssten massenpsychologisch analysiert werden. „Umbruchserfahrungen sichtbar machen“ will das Konzept. Muss man nicht, sieht doch jeder.

Transformationsforschung im osteuropäischen Vergleich ist gewiss ein wichtiges, aber kein neues Thema. 140 Lehrstühle in Deutschland befassen sich bereits damit. Auf die Kernfrage, ob es einen Vorteil für die DDR-Bürger bedeutete, die reiche Bundesrepublik West umarmen zu dürfen, gibt es noch keine schlüssige Antwort.

Immerhin: Es soll nicht nur um deutsche Einheitsduselei gehen. Lustigerweise spricht der Entwurf von einem „Knotenpunkt“. Angemessener wäre wohl ein „Entknotungspunkt“.

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Michael Bartsch
Inlandskorrespondent
Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.
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18 Kommentare

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  • Natürlich sind wir Ossi naiv in diese Zeit gegangen. Wir haben nicht gleich alle Chancen ergriffen, welche auf einmal da waren, weil wir erst mal Steuererklärungen machen, unsere Jobs sicher und Haustürvertreter abwimmeln mussten. Aber der Schock war kurz und schnell wurde doch vielen klar was man auf einmal für Möglichkeiten hatte, aber auch welche Verantwortung für sich selbst. Rückschläge, wie keine Anerkennung der Ausbildung, habe ich einfach weggewischt und eher drüber gelacht, denn letztlich habe ich das gleiche mit vielen anderen aus dem Osten noch mal gelernt, nur schneller. Meinen erwachsenen Kindern ist es egal woher ihre Freunde kommen, Ost West, Türke oder Russe. Ich wünschte es gäbe mehr Optimismus. Wenn doch der Ossi so misstrauisch gegen alles von Oben ist, warum war er es nicht bei Kohl? 90% von uns konnten doch die Tageschau schon vor der Wende verfolgen? Es war die Gier. Keiner wäre geblieben, wenn er nicht mit der DM dafür bezahlt worden wäre.

  • Natürlich, "die Mauscheleien... durch die Treuhand sind legendär" - und die Legende wird auch stets mit aller Macht am Leben erhalten, schon seit über 30 Jahren, und gleichzeitig wird gesagt, die neue Jugend habe ganz andere Probleme (ohne sie näher zu spezifizieren...). Es ist stets aufs Neue die Rede von mentalen Brüchen und Entwurzelungen und der Kommentator gefällt sich in der irren Vorstellung, eine Oma reise aus Bayern nach Halle im ICE und ein Opa aus der Uckermark im Bummelzug an, "um Vereinigungskummer auszutauschen".



    Ohne sogenanntes Expertenwissen und im Bewusstsein, dass ich nur auf eigene Erfahrungen zurückgreifen kann, möchte ich Ihnen sagen, dass es in meiner ostwestdeutschen Familie mit dem Reisen in den letzten 34 Jahren eine ganz seltsame Sache war: Während ich 1990 eine



    Cousine (Französischlehrerin) abholte um sie nach Strasbourg zu chauffieren, flog etwas



    später ihre Schwester in die USA um dort eine alte Schulfreundin zu besuchen - zu beiden bin ich immer wieder mal gereist, ohne dass es je zu einem Gegenbesuch bei uns gekommen wäre (trotz vorhandener Autos oder anderer Möglichkeiten). Und genauso bei den anderen Familienangehörigen: nichts als Ausreden.

    • @Auweiowei:

      "und der Kommentator gefällt sich in der irren Vorstellung, eine Oma reise aus Bayern nach Halle im ICE und ein Opa aus der Uckermark im Bummelzug an, "um Vereinigungskummer auszutauschen"."



      Tatsächlich schreibt der Autor/Kommentator:"Die Vorstellung, eine Oma aus Bayern würde mit dem ICE und ein Opa aus der Uckermark mit dem Bummelzug nach Halle anreisen, um Vereinigungskummer auszutauschen, ist allenfalls amüsant." Leseverständnis?

      Ihre familiären Interaktionen dürften wenig repräsentativ für die innerdeutschen Beziehungen sein und mehr mit persönlichen Gründen zu tun haben.

  • Also Texte von Leuten, die "die Cannstatter Wasen" schreiben, würde ich auch nicht drucken, ob von Wessi oder Ossi..

  • In der Tat ging und geht sehr viel falsch

    1. die im Grundgesetz postulierte Formulierung einer neuen, gemeinsamen Verfassung wurde ignoriert; das Grundgesetz wurde einfach Ostdeutschland übergestülpt - und just dies hat symbolkraft für viele andere Lebensbereiche



    2. die Ostdeutschen wurden hierzu durch Kohls Wahlversprechen verführt, per Wahl den großen "Vereiniger" im Nachhinein zu legitimieren (gleichsam als Plebiszit); die vollkommen richtigen leicht erfassbaren Mahnungen des zweiten Kanzlerkandidaten Lafontaine wurden ignoriert



    3. die Mauscheleien incl dem Reibach für wenige durch die Treuhand sind legendär



    4. die Ostdeutschen durch 40 weitere Jahre leidvolle Erfahrung einer Diktatur gegen Regierungspropaganda, gleichgeschaltete Medien und dem Hosiana auf Regierungen immunisiert, und dies auch heute durch vielfache Kritik kommunizierend, sind bessere Demokraten als die Westdeutschen, die nach 40 Jahren aufgebautem Wohlstandes tatsächlich zu denken schienen, was die Tagesschau berichtet, muss automatisch stimmen und man darf der Regierung bloss nicht zu kritisch gegenüberstehen. Diese sehr kritische, demokratische Grundhaltung der Ossis wird heute verfehmt. Wahnsinn.

    • @Werner2:

      Zu 4. Hm. Unsere Demokratie funktioniert nicht so, dass den Wählern die Wünsche aus den Gedanken abgelesen werden. Wir wählen Menschen und Parteien, von denen wir hoffen, dass sie umsetzen, was wir wollen. In jedem Aspekt kann das ja gar nicht gelingen.

      Und in jedem noch so kleinen Verein kann man beobachten, dass sowohl Menschen, die Vereinsziele verfolgen als solche, die im wesentlichen ihren eigenen Vorteil suchen, nach “oben” streben. In jedem Fall ist es so, dass der Großteil der Mitglieder weder Zeit noch Lust hat, dasselbe Maß an Engagement einzubringen. Vielleicht sollte man statt dauernd zu beklagen, nicht “gehört zu werden“ auch mal selber aktiv werden?

      Und kritisches Denken erfordert auch einen Realitätsbezug, der über Hörensagen und Gefühle hinausgeht. Einen solchen vermisse ich nur allzuoft. Zumal die Zusammenhänge oft komplexer sind, als die naheliegenden Antworten auf die Aufreger des Tages.

      Zwischen Tagesschau und Aktueller Kamera liegen Welten. Es liegt in der Natur der Sache, dass Auswahl der Themen und Verkürzung auch nicht die ganze Wahrheit abbilden können. Das kann man m.E. auch sehen, ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten.

      • @Helmut Fuchs:

        Lieber Herr Fuchs,

        natürlich haben Sie recht - das Kind im Base auszuschütten ist kontraproduktiv. Alles im richtigen Kontext.



        Das Kind aber beim Namen zu nennen sollte in unserer westlichen liberalen Demokratie dennoch erlaubt sein.

        Und wenn über die sehr großen Friedensdemos vor Ramstein, lange vor dem Ukrainekrieg, mit vielen Promis (z.B. Drewerman) mit keinem Sterbenswörtchen weder in (relativ) lokalen Zeitungen noch den bundesweiten Zeitungen berichtet wird, so ist das keine Verkürzung mehr.

        "Zumal die Zusammenhänge oft komplexer sind, als die naheliegenden Antworten auf die Aufreger des Tages."



        Just aus diesem Grunde sollte man eine ausgewogene Berichterstattung erwarten. Man sollte erwarten, auch einmal von der Gegenseite ein Interview wörtlich zu erhalten und nicht nur Wertungen über die Gegenseite, am besten noch ad persona anstatt mit Argumentationslinien.

        Es sollte nicht um Schwarz oder Weiss, "hie Welf, hie Weibling", hier Russe, dort Nato gehen, sondern durch Berichtswesen aller Perspektiven 1. die Gegenseite verstehen zu können und 2. gerade bei komplexen Aspekten ermitteln zu können wo eher die Wahrheit liegt. Dies ist wahre journalistische Reife.

    • @Werner2:

      5. Die ostdeutsche Nostalgie für Russland und die Zuneigung zu Putin. Ein Überbleibsel der DDR-Erziehung, in der man den Sowjetstaat als 'großen Bruder' anpries und Russisch in der Schule so zwanghaft lehrte wie den Glauben an den Marxismus. Diese Prägung hat sich bei vielen Ostdeutschen so tief ins kollektive Gedächtnis eingebrannt, dass sie auch heute noch auf den autoritären Glanz und die vermeintliche Stärke Putins hereinfallen – eine Art sentimentaler Rückfall in die Zeiten, als Moskau als Schutzmacht und Vorbild galt.

      • @Benzo:

        Herr-Frau Benzo, um meine Replik nochmals klarer zu formulieren:

        eine gute, kritische Grundhaltung in einer Demokratie ist Bedingung, dass Demokratie [berhaupt funktionieren kann: der Souver'n muss seinen Repräsentanten auf die Finger schauen dürfen (sogar müssen) ohne dafür moralisch verurteilt zu werden!

        Und in einer Mediendemokratie ist die kritische Berichterstattung über Regierungsbeschlüsse, aber auch Skandale die nobelste Aufgabe der Medien - und nicht Hofberichterstattung.

        Konkret geht es nicht darum, daß die ehemaligen DDRler aufgrund ihrer Erziehung nun anti-westlich eingestellt wären und deswegen den Russen hinterherrennen. Das ist Unsinn, dann hätte doch die Mehrheit im Leben nicht die Wiedervereinigung gewollt.

        Meine These: die Ostdeutschen ist aufgrund seiner leidvollen Vergangenheit (primär aufgrund kommunistischer Regime, die ja russentreu waren (!) ) ganz sicherlich nicht russlandfreundlich eingestellt.



        Aber sie haben es sich eingeprägt , ganz generell (also vorzeichenunabhängig ob nun prowestlich oder nicht) Propaganda als solche zu entlarven. Und da erleben wir nun einmal logischerweise im Westen wesentlich mehr eigene Propaganda als die des Gegners.

      • @Benzo:

        "Ein Überbleibsel der DDR-Erziehung, in der man den Sowjetstaat als 'großen Bruder' anpries " die Generation derer die dies in der Schule erlebt hat ist mittlerweile arg ausgedünnt.



        Es dürfte mittlerweile die Hälfte der Menschen, die die DDR ausgemacht haben nicht mehr leben.



        In dieser Diskussion geht einiges drunter und drüber.

        • @nutzer:

          Wieso ausgedünnt? Es dürfte immer noch genug Lebende geben, die von den 50ern bis in die 80er in der DDR durchweg beschult wurden.

      • @Benzo:

        Haben Sie auch ein wenig mehr zu bieten als unbewiesene Behauptungen?

        Meine Erfahrungen lange vor dem Ukrainekrieg: man muss Osteuropäern und Ostdeutschen nie etwas erzählen von wegen westlicher Propaganda, wie sie Noam Chomski immer wieder so wunderschön beschrieb. Sie waren dank eigener leidvoller (!) Erfahrung bestens dagegen geimpft



        Also von wegen Russlandnostalgie !

  • Eine bundesweite Studie für das BAMS (2016) fand, dass wechselnden Regierungen seit Jahren Politik im Interesse der 10% mit den größten Vermögen machen und Interessen der BürgerInnen mit geringen bis mittleren Einkommen ignorieren. Bis dahin hatten die Wessis längst gelernt, dass sie als WählerInnen kaum Einfluss auf die konkrete Politik haben. Sie haben sich, als ideales Wahlvolk des Liberalismus, mit relativem Wohlstand abgefunden und schätzen ihre Konsumfreiheiten.

    BürgerInnen in der DDR begrüßten die Wiedervereinigung, auch weil sie sich davon Mitsprache bei politischen Entscheidungen erhofften. Sie wurden wiederholt enttäuscht: Ausverkauf der DDR, Agendapolitik, Finanzkrise, Migration und Lasten des ökologischen Umbaus. Viele fanden und finden sich in der Politik nicht wieder. Trotzdem glauben die Ossis noch an die Republik, aber nicht mehr an die alten Parteien. Im Osten ist man eher bereit Hoffnung auf neue Parteien zu richten.



    Einige WählerInnen im Osten müssen noch lernen, dass Wahlen kein Instrument demokratischer Mitbestimmung sind. Die konkrete Politik wird innerhalb der politischen Eliten ausgehandelt. Das aber so deutlich zu sagen, gehört sich in der Republik nicht.

    • @Stoersender:

      "müssen noch lernen, dass Wahlen kein Instrument demokratischer Mitbestimmung sind."

      Das ist wirklich eine traurige Auffassung! Welches Mittel könnte denn mehr für Demokratie stehen? Wahlbeteiligung schon helfen.

    • @Stoersender:

      Lustige Verschwörungstheorien.

      Kurz zu den DDR-Bürgern, die angeblich den Beitritt zur BRD begrüßten, weil sie sich "mehr Mitspracherecht erhofften".

      Weder haben diejenigen, die politisch gestalten wollten, den Beitritt (in der vollzogenen Form) befürwortet, noch haben diejengen, die den schnellen Beitritt befürworteten das wegen politischer Mitsprache getan. Ich erinnere an das alles übertönende Geschrei der Bürger, die erst dann auf die Strasse gingen, als es ungefährlich war: "Wir wollen die D-Mark".

      Und ja, Deutschland ist eine Demokratie, und Wahlen sind EIN Instrument zur politischen Mitbestimmung. Jeder, der mal in einer Diktatur gelebt hat, kennt den eklatanten Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie.

      Fun Fact: Sie dürfen sich ohne Angst vor Repressalien jederzeit selbst am demokratischen Prozess beteiligen.

      • @katka-42:

        Oh Jammer, 10 Cent für jede unlogische Benutzung des Wortes "Verschwörungstheorien", und ich wäre ein reicher Mensch!

        Jede abweichende, explorative Theorie ist heutzutage eine "Verschwörungstheorie", scheints.



        Wo ist denn bei dem hier gesagten eigentlich genau die Verschwörung?



        Oder geht es lediglich um unliebsame andere Meinungen?



        Dann wäre auch die These von Galilei, die Erde sei eine Kugel, eine solche "Verschwörungstheorie".

        Vielleicht sollten Sie so ehrlich sein, und anstatt von "Verschwörungstheorien" von "Ketzereien" gegen die gängige Meinung reden.

        • @Werner2:

          Man kann auch ehrlich sein und sagen, dass mehr als ein Drittel im Osten exakt diejenigen wählen, von denen sich am besten repräsentiert sehen.

          Schließlich ist man ja ein aufgeklärter Wähler und stimmt bewusst für eine Partei mit erwiesen Rechtsextremen und verurteilten Straftätern in ihren Reihen, die als Abgeordnete in Landtage einziehen.

          Was sagt einem das über die Haltung der Wählerschaft? Wurde braune Grütze über Generationen konserviert und weitergereicht? Ist aber nur ne Theorie …

    • @Stoersender:

      Das ist Käse@kaum Einfluss; erstens spuckst Du damit allen sich ehrenamtlich politisch Engagierten ins Gesicht (ob nu in den ganzen Räten ab Ortsteilrat oder "außerparlamentarisch"; zwotens würde ich die durchschnittliche Weitsicht meiner Mitwähler*innen ned überschätzen, dafür Wankelmütigkeit ned unterschätzen und am Ende kommt halt des bei raus, was wir jetzt haben.



      Über des Demokratieverständnis meiner ostdeutschen Mitbürger*innen so im Durchschnitt haben die LT-Wahlen alles gesagt; sowas wie ne liberale Demokratie, deren Schwerpunkte u.a. in Minderheiten- und Benachteiligtenschutz liegt, interessiert hier mehr als die Hälfte ned.