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Umfrage in der WindbrancheStellen können nicht besetzt werden

Der Mangel an Fachkräften führt zu mehr Tarifbindung in der einst gewerkschaftsfeindlichen Windbranche. Die liegt jetzt im Bundesdurchschnitt.

Einrichtung einer Windkraftanlage: Die Tarifbindung in der Branche nimmt zu Foto: Paul Langrock

Berlin taz | Betriebsräte aus der Windbranche schauen zwar weitgehend optimistisch auf die Zukunft, sehen ihren Wirtschaftszweig aber gleichzeitig wegen Verlagerungen oder Fachkräftemangels unter Druck. Das zeigt eine am Mittwoch veröffentlichte Befragung der IG Metall.

Daran nahmen Betriebsräte aus 30 Windenergie-Unternehmen mit 28.600 Beschäftigten teil. Insgesamt arbeiten in der Branche rund 120.000 Beschäftigte, allerdings viele davon in klassischen Industrien wie dem Maschinenbau. Im Vergleich zum Jahr 2019 hat sich die Stimmung unter den Betriebsräten enorm aufgehellt. Fast 67 Prozent der Befragten blicken 2024 positiv in die Zukunft, vor fünf Jahren waren es nur 3,7 Prozent. Die Große Koalition hatte noch wenig Wert auf den Ausbau der Windkraft gelegt. Das hat sich mit der Ampelregierung geändert. Im Jahr 2022, als die Bundesregierung ihre Ausbaubeschlüsse gefasst hat, hatten fast 77 Prozent der Betriebsräte eine positive Markteinschätzung.

Dennoch: Die Befragten schätzen Auftragslage und Auslastung nun verhaltener ein als in den Vorjahren. In vielen Betrieben sind Umstrukturierungen und Verlagerungen ein Thema. Mehr als vier Fünftel der Betriebe haben Probleme, Fachkräfte zu finden. Nicht einmal die Hälfte der Unternehmen konnte alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen. Gerade Betriebe ohne Tarifbindung finden schwer oder kein Personal, sagte Daniel Friedrich von der IG Metall Küste, die für die Windbranche zuständig ist. Unternehmen mit Tarifbindung zahlen häufig besser und bieten attraktivere Arbeitsbedingungen. Reine Windbetriebe waren lange gewerkschaftsfeindlich. Mittlerweile hat die IG Metall große Unternehmen wie Or­sted oder Vestas zu Tarifvertragsabschlüssen gebracht. Die Tarifbindung in der Branche liegt jetzt mit rund 50 Prozent im Durchschnitt, nach 40 Prozent im Jahr 2022.

Auch der Blick auf mögliche Konkurrenz mit Dumpingangeboten aus China mache den Betriebsräten Sorgen, sagte Friedrich. „Es gibt Politiker und Leute in Verbänden, die sagen: Es ist egal, woher die Anlagen kommen“, sagte er. „Das sehen wir anders.“ Bei Ausschreibungen dürfe nicht nur der Preis ein Rolle spielen, es gehe auch darum, industrielle Kerne und Fertigkeiten vor Ort zu erhalten.Noch ist die Branche weitgehend in der Hand europäischer Unternehmen wie Vestas, Enercon oder Siemens Gamesa. Die IG Metall fürchtet, dass Anbieter aus China mit subventionierten Billigangeboten auf den deutschen Markt drängen. So wurde für das Windkraft-Offshore-Projekt Waterkant ein Vorvertrag über 16 Windturbinen mit einem chinesischen Anbieter geschlossen.

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