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Amtseinführung des Osnabrücker BischofsDas falsche Kreuz auf der Brust

Kommentar von Benno Schirrmeister

Dominicus Meier ist Osnabrücks neuer Bischof. Bei der Amtseinführung trug der habilitierte Jurist ein Gewand mit verfassungsfeindlichem Kennzeichen.

Ach, hätte sich der Bischof doch statt einer normalen Swastika ein zerschmettertes Hakenkreuz auf die Casel sticken lassen! Foto: Friso Gentsch/dpa

N icht, dass hier irgendjemand Osnabrücks neuen katholischen Bischof für einen Nazi halten würde. Dominicus Meier wurde in Salzburg mit einer, freundlich gesagt, weltfremd wirkenden Arbeit über die rechtliche Bindungswirkung von Ordensgelübden zum Doktor Jur promoviert.

In seiner in Münster vorgelegten Habil-Schrift hat er einen Entwurf einer mit dem römisch-katholischen Sonderrecht vereinbaren kirchlichen Verwaltungsgerichtsordnung entfaltet. Und auch sonst wirkt er eher wie ein Mann der sedierenden Töne. Nichts dürfte ihm ferner liegen, als ein knalliges Zeichen zu setzen.

Und doch: Am vergangenen Sonntag hat Bischof Dominicus mit einem fetten Hakenkreuz auf der Brust die heilige Messe zu seiner Amtseinführung gefeiert. Er hat in diesem Aufzug vor dem vollbesetzten Dom im Beisein von Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) eine Predigt gehalten – in der er lustigerweise Aufmerksamkeit anmahnt.

Anschließend ist er zu den Klängen der Toccata aus Charles Marie Widors fünfter Orgelsymphonie mitsamt Konzelebranten, Hofstaat und Mess­die­ne­r*in­nen aus dem Dom ausgezogen, um noch etwas durch die Stadt zu marschieren. Auch da hat das Hakenkreuz offenkundig niemanden gestört.

Auch von NS-Organisationen genutzt

Wahrscheinlich wäre es auch niemandem aufgefallen, wenn Bischof Dominicus nackt durch Osnabrücks Straßen gelaufen wäre. Auch das ist Männern ausdrücklich verboten. Aber Paragraf 183 ist ein Antragsdelikt. Das Verwenden verfassungsfeindlicher Abzeichen hingegen nicht. Es muss von Amts wegen verfolgt werden, sobald es bekannt wird.

Und jene Swastika mit gebogenen Armen, die Nonnen der örtlichen Paramentenwerkstatt dem neuen Bischof mit korallen- und goldfarbenem Garn auf seine cremefarbene Casel gestickt haben, ist ja eben keine neue Abwandlung des Hakenkreuzes.

In Hitlers Skizzen für ein Parteiabzeichen taucht sie 1920 auf. Und sie zählt später dann zum Formenrepertoire von NS-Organisationen wie der NS-Frauenschaft und dem Deutschen Frauenwerk.

Zudem hatte es mit dem Swastika-Kreuz erst im vergangenen Jahr ganz in der Nähe einen Vorfall gegeben: Ein Gartenbaubetrieb hatte den sogenannten Völkerball-Kreisel in Greven, 40 Kilometer südlich von Osnabrück, mit vier organisch-geschwungenen Hecken bepflanzt, die, bestimmt nur versehentlich, ein Kreuz mit gebogenen Armen ergaben.

Verwendung ist grundsätzlich strafbar

Gerade in der katholischen Kirche spielen Symbole eine überragende Rolle. Umso befremdlicher wirkt der Missgriff. Zumal die Geistlichen ihre liturgischen Gewänder persönlich in Auftrag geben. Es sind Einzelanfertigungen, nach deren Vorstellungen. Gleichwohl wird Bischof Dominicus den Faux-Pas nicht mit Absicht begangen haben und irgendwer hätte ihn auch darauf hinweisen können.

Strafmildernd müsste sich auswirken, wenn er sich selbst anzeigen würde, also es nicht darauf ankommen ließe, ob die Staatsanwaltschaft Osnabrück pflichtgemäß gegen ihn ermittelt. Denn das müsste sie, wie sie es bei jedem anderen Bürger auch tun müsste, der mit Hakenkreuz-T-Shirt ostentativ durch die Stadt läuft.

An der grundsätzlichen Strafbarkeit würde freilich auch eine Selbstbezichtigung nichts ändern. Eine Ausnahme wäre gewesen, wenn Bischof Meier die Swastika in einer Darstellung genutzt hätte, die „in offenkundiger und eindeutiger Weise“ die Gegnerschaft zum NS zum Ausdruck gebracht hätte, wie es der Bundesgerichtshof mal formuliert hat; also ein Hakenkreuz das in einen Papierkorb fällt, oder eine Faust, die es zerschmettert, irgendwas in der Art.

Oh!, hätte er sich das aufs Messgewand sticken lassen! Er wäre ein Held gewesen. Und es wäre bestimmt auch von anderen bemerkt worden. Anders als eine 2024 offenbar ganz alltägliche, total normale Swastika.

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Reporter und Redakteur
Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.
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27 Kommentare

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  • Es ist modern den Andersdenkenden mit sachfremden Argumenten bloss zu stellen. Falls wir alles, was irgendwo auf der Welt in einem negativen Kontext verwendet wurde strafbar ist, können wir nur noch mit einem Historiker und einem Anwalt durch die Welt gehen. In der Anwendung des Gesetzes wird auch auf das gezielte verwenden der Symbole im Zusammenhang zu solchen Organisationen angesprochen. Daher müßte erst ein Zusammenhang zwischen Darstellung zur Unterstützung solcher Aktionen und die Kenntnis der Verwendung durch verfassungswidrige Organisationen nachgewiesen werden. Die Strafbarkeit ist daher nicht sinnvoll zu begründen. Falls man keine Sachargumente hat, sollte man nicht planlos mit Dreck werfen.

  • Opel hat sogar Felgen im Hakenkreuz Design .



    www.blick.ch/wirts...olf-id7403318.html

  • Wer sie nicht kennte, die Ornamente,



    Ihre Kraft und Eigenschaft,



    wäre kein Meister über die Geister...



    (frei nach Goethe - Faust I)

  • Hätte das eigentlich in die Kategorie "Wahrheit" kommen sollen und ist irgendwie durchgerutscht?

  • Liebe TAZ, legt endlich den Hammer zur Seite. Ihr seht nur noch Nägel.

    Wieso hat der Artikel keine Quelle für die angeblich strafbare Handlung? Genau, weil diese mehrfache Spirale, dieser Propeller, keine Ähnlichkeiten mit einer Swastika hat. Auch wenn @Tobiask schlau meint, "abgewandelte Formen" wären ebenso strafbar.



    Das ist hier keine abgewandelte Form.



    Nicht alles was vier Abzweigungen hat, ist eine Swastika.

    Merkt ihr nicht, wie salonfähig ihr Rechtsextremismus macht, wenn ihr alles Harmlose dieser Strömung zuordnet?

  • Noch mehr Kreativität: Es könnte auch ein leicht verfremdetes Yin-Yang sein.



    Oder ein Mercedesstern auf einer Radkappe bei einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h.



    Jedenfalls muss der Mann als katholischer Bischof jetzt schon einiges in die Wege leiten, um noch einmal soviel Aufmerksamkeit zu bekommen wie hier und jetzt.

  • Besserung oder Konflikt Herz-Hirn? Sein Hütchen zeigt eindeutig zerschmetterte Hakenkreuze.

  • Bitte Ruhe mit den wilden Pferden!

    Der Mann trug nicht DAS Hakenkreuz auf seinem Gewand. Natürlich nicht! Als Dr. jur. wäre ihm so etwas nicht passiert.



    Er trägt eine dem Normalbürger gänzlich unbekannte Form dieses Symbols. Ja, auch diese Form ist verboten, aber nun eine Aufregung zu konstruieren, dass dies "niemandem aufgefallen" ist, das halte ich für zu weit hergeholt.

    Ich bin geschult, solche Symbole auch in ihrer seltenen Form zu erkennen. Dieses Thema war Hauptfach meines Studiums an einer Universität. Aber das kann man nun nicht von jedem Bürger*in erwarten.

    • @Angelika70:

      "Dieses Thema war Hauptfach meines Studiums an einer Universität."



      Echt jetzt? Das gibt es als Studienfach? Erkennen versteckter oder seltener Symbole, die sonst niemand erkennen würde?

  • Irgendwie scheitert bei mir das Erkennen eines Hakenkreuzes schon daran, dass da nirgendwo Haken zu sehen sind.

    • @Suryo:

      Sie können sich hier informieren:

      www.ida-nrw.de/fil...e_Rechte_Szene.pdf

      • @Angelika70:

        Habe ich. Das Zeichen von dem Bischof habe ich nicht gefunden.

        Ist es dann kein Hakenkreuz?

      • @Angelika70:

        Das habe ich getan und kriegte gleich Schnappatmung: ich trage einen gelben Schleifenanhänger ( = Bring them home ). Diese Awareness Ribbons gibt es in vielen Farben und repräsentieren jeweils ein bestimmtes Thema. ABER: bei genauer Betrachtung haben diese ribbons eine verblüffende Ähnlichkeit mit der von Alt - wie Neu Nazis verwendeten Othala Rune. Die Verwendung ist zwar in D. nur unter bestimmten Umständen strafbar, aber will ich an die von der Hamas verschleppten Geiseln mit einem Symbol erinnern, das Ähnlichkeit mit dem vom "Rasse- und Siedlungsamt“ der SS verwendeten hat? Irgendwie makaber.

      • @Angelika70:

        Es kommt aber auf den Kontext an - selbst bei einem klassischen Hakenkreuz. Hier liegt nun wirklich jeder Gedanke daran, der Bischof wolle nationalsozialistische Propaganda betreiben, fern.

  • Laut Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in Nordrhein Westfalen ist das Hakenkreuz auch in abgewandelten Versionen strafbar. In einem PDF auf deren Webseite, das dem Sachverhalt erklärt findet sich eine Version, die der des Bischofs sehr ähnlich sieht. Es braucht also nicht sehr viel Phantasie, nur ein wenig Sachkenntnis und Nachforschung um das Problem zu erkennen. Das würde auch einer zeitgemäßen katholischen Kirche gut zu Gesicht stellen, wie auch den Kommentieren den hier, die sich lieber auf ihre Kreativität verlassen.

    • @TobiasK:

      Natürlich kann man Dinge an den Haaren herbeiziehen. Muss man aber nicht.

      Haben wir nicht genug echte Nazis, dass man sich welche suchen muss?

      Höcke & Co. lachen sich doch eins...

  • Hat jemand dieses Symbol in der verlinkten Liste mit den verbotenen Zeichen gefunden?

    Mir ist es nicht gelungen.

    Hat Herr Schirrmeister recherchiert, was sich der neue Bischoff bei diesem Symbol dachte?

    Hätte mich interessiert.

  • Eine vierfach ineinander verbundene Spirale als Hakenkreuz zu den interpretieren finde ich schon sehr weit hergeholt. Die Brettchen eines Holzparkett Bodens bilden auch ein Hakenkreuz.

  • Wahrscheinlich ist es sonst niemanden aufgefallen, weil man sehr, sehr viel Phantasie benötigt, um in dem Ornament ein staatsfeindliches Symbol zu erkennen.

  • Hat das bisher nur noch keiner gemerkt oder ist das keine News?



    Na, jetzt ist der Skandal losgetreten. Das gibt richtig Ärger.

  • Ja wie? OS - “Im Westen nichts Neues“?

    “Strafmildernd müsste sich auswirken, wenn er sich selbst anzeigen würde,



    also es nicht darauf ankommen ließe,



    ob die Staatsanwaltschaft Osnabrück pflichtgemäß gegen ihn ermittelt.“



    Ach was! Er wird den 😈 tun! Wollnich



    Dann kann er doch nicht mehr den Höcke ahnungslos geben! - 🤥 -

    Na Mahlzeit - Was wohl sein kriegstauglicher Mitbürger dazu meint?

    kurz - Swastika in Osnabrück - es bleibt spannend! Woll

  • Also ehrlich, ich hätte es auch nicht erkannt. Für mich sieht’s aus wie ein Propeller…

    • @Nafets Rehcsif:

      Vatikan-Air - Na Mahlzeit