Özdemir verwässert Waldschutz-Pläne: „Zahnlose Mikro-Novelle“

Agrarminister Özdemir schwächt seine Waldgesetzreform ab. Er kommt Wald­be­sit­ze­r:in­nen entgegen und vernachlässigt den Klimaschutz.

Einladender Waldweg Foto: Jannis Werner/imago

BERLIN taz/afp | Das neue Waldgesetz wird deutlich weniger klare Regeln aufstellen als Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) zunächst geplant hatte. Seit Beginn der Woche ist ein „grundlegend überarbeiteter“ Gesetzesentwurf zur Abstimmung an die anderen Ressorts gegangen.

Umweltverbände, die schon mit der ersten Vorlage nicht glücklich gewesen waren, zeigten sich nun erst recht enttäuscht. Die Verbände der Waldeigentümer, die heftig gegen den früheren Entwurf lobbyiert hatten, äußerten sich zunächst ebenso wenig wie die der Jäger.

Ursprünglich war geplant gewesen, das Bundeswaldgesetz in diesem Sommer zu verabschieden. Nun soll das bis zum Jahresende passieren.

Die Ampelparteien hatten die Novelle des fast 50 Jahre alten Bundeswaldgesetzes in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Nötig ist sie, um die Regeln an die veränderten Anforderungen der Gesellschaft an den Wald anzupassen.

Zudem berücksichtigt das Gesetz bislang weder Klima- und Artenkrise noch die Ressourcenknappheit. „Nur jeder fünfte Baum ist vollkommen gesund“, sagte ein Ministeriumssprecher. „Um unseren Wald zu erhalten und dauerhaft nutzen zu können, müssen wir ihn für die Klimakrise rüsten und umbauen.“

Die Umweltverbände hatten deshalb einen „neuen und langfristigen Gesellschaftsvertrag mit den Waldbesitzenden“ gefordert, der dem Erhalt des Waldes als Lebensgrundlage dient. So sollten diese „nicht auf Einkommen durch forstliche Nutzung angewiesen“ sein, sondern auch honoriert werden, wenn sie den Wald schützen. Die Wald­be­sit­ze­r:in­nen fürchteten dadurch aber „mehr Regulierung und Bürokratisierung“ oder „praxisferne Eingriffe und pauschale Einschränkungen wie bei der Wahl der Baumarten“.

Dienstleister Wald

Der aktuelle Entwurf ist nun weit entfernt von einem komplett neuen Gesetz. So geht er zwar darauf ein, dass der Wald sogenannte Ökosystemdienstleitungen erbringt, also etwa Sauerstoff erzeugt und Kohlenstoff bindet, Boden und Grundwasser schützt oder Erosion verhindert. Gleichberechtigt sei aber seine Nutzung für die Erholung und als Wirtschaftsgut.

Konkrete Maßnahmen und Vorgaben etwa zur Regulierung des Wasserhaushalts oder auch zum klimagerechten Umbau fehlen deshalb. Kahlschläge ab einem Hektar Fläche sollen zwar „nur mit Genehmigung der zuständigen Behörden vor Ort möglich“ sein. Verstöße werden aber nicht als Straftaten eingestuft, wie das in der ersten Referentenvorlage vorgesehen war.

Entsprechend verhalten reagierten die Umweltverbände. Sie begrüßten zwar grundsätzlich, dass die Novelle überhaupt noch kommt, kritisierten aber den „enttäuschenden und inhaltlich stark verwässerten Entwurf“, wie etwa Florian Schöne vom Deutschen Naturschutzring sagte. Er verlangte Nachbesserungen an dem „Minimalkompromiss“, dem die konkreten Regelungen fehlten.

Der Umweltverband BUND schrieb in einer Pressemitteilung, es handle sich um „zahnlose Mikro-Novelle“, bei der nicht einmal „ökologische Mindeststandards“ berücksichtigt seien. Jörg-Andreas Krüger vom Nabu bemängelte, dass der Entwurf vor allem auf Freiwilligkeit setze: „Alles kann, nichts muss“, sagte Krüger. Positiv sei lediglich ein „zeitgemäßes Zielbild“ mit einem „Fokus auf den Erhalt des Waldes und seiner Ökosystemleistungen“.

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