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Sechs Geiseln aus Gaza tot geborgen„Direkte Folge“ von Netanjahus Politik

Israel schließt Donnerstagabend Zugeständnisse für einen Waffenstillstand mit der Hamas aus. Dann finden Soldaten in Gaza kürzlich getötete Geiseln.

Ein Plakat mit dem Bild ihres Sohnes in den Händen: Das Ehepaar Goldberg-Polin vor dem Fund der Leichen Foto: Tsafrir Abayov/ap

Jerusalem taz | Bis vor wenigen Tagen sollen sie noch am Leben gewesen sein. Mehr noch: Anfang Juli standen die Namen von Hersh Goldberg-Polin (23), Carmel Gat (40) und Eden Yerushalmi (24) laut einem Bericht der israelischen Zeitung Yediot Acharonot auf einer Liste von Geiseln, zu deren Freilassung sich die Hamas bereit erklärt hatte. In der Nacht auf Sonntag bargen israelische Soldaten dann ihre Leichen, zusammen mit denen von drei anderen im Oktober Entführten.

Angehörige beschuldigten Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, nicht rechtzeitig eine Freilassung erwirkt zu haben: Sein Sicherheitskabinett hatte in der Nacht auf Freitag entschieden, bei dem zentralen Streitpunkt der Verhandlungen um ein Geiselabkommen mit der Hamas keine Kompromisse zu machen.

Er habe „die Geiseln verraten, das steht nun fest“, schrieb das Forum der Angehörigen der Entführten am Samstagabend über den oft Bibi genannten Ministerpräsidenten. Ihr Tod sei „eine direkte Folge dessen, dass bisher kein Abkommen unterzeichnet wurde“. Für Sonntag wurden Proteste angekündigt: „Das Land wird zum Stillstand kommen.“ Oppositionsführer Jair Lapid schloss sich der Kritik an: „Netanjahu und sein Kabinett des Todes haben entschieden, die Geiseln nicht zu retten.“ Der Gewerkschaftsverbund Histadrut kündigt einen Generalstreik an.

Die Geiseln sollen laut der Nachrichtenseite Ynet News am Freitag oder Samstag getötet worden sein, laut Autopsie durch Kopfschüsse. Am Donnerstagabend hatte die israelische Regierung eine umstrittene Entscheidung gegen einen Kompromiss in den Verhandlungen mit der Hamas getroffen. Die Mehrzahl der Minister stimmte dabei für die Position Netanjahus, das israelische Militär nicht von der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten abzuziehen. Verteidigungsminister Joav Gallant stimmte dagegen. Die Hamas, aber auch der Vermittler Ägypten, lehnen eine israelische Präsenz dort ab.

Verteidigungsminister gegen Ministerpräsident

„Das bedeutet, dass die Hamas (einem Abkommen) nicht zustimmen wird“, soll laut Medienberichten Gallant in einem Schlagabtausch mit Netanjahu gesagt haben. Diese könne auch schlicht entscheiden, „alle Geiseln zu töten“. Der ebenfalls anwesende Armeechef Herzi Halevi stimmte Gallant zu: Es gebe keinen Grund, den Verhandlungen weitere Hindernisse hinzuzufügen.

In einer Videoansprache nach dem Fund der sechs Toten warf Netanjahu der Hamas vor, eine Einigung zu verhindern: „Wer Geiseln ermordet, will kein Abkommen.“ Der Fund der Leichen schürt aber weiter Zweifel an dessen Mantra, nur ein hartes militärisches Vorgehen könne die noch immer rund 100 Entführten zurückbringen. Seit Oktober wurden 105 von ihnen in einem Deal freigelassen, acht Geiseln konnten israelische Soldaten in Spezialoperationen befreien, bei denen jedoch zahlreiche unbeteiligte Palästinenser getötet wurden.

Israel steht auch darüber hinaus wegen seiner Kriegsführung in Gaza international in der Kritik. Mehr als 40.000 Menschen sind dort laut der lokalen Gesundheitsbehörde seit Kriegsbeginn getötet worden. Am Sonntag begann die Weltgesundheitsorganisation WHO eine Impfkampagne gegen Polio in Gaza. Angesichts der katastrophalen humanitären Lage in dem Küstenstreifen waren dort im August erstmals seit 25 Jahren wieder Fälle von Kinderlähmung aufgetreten.

Die israelische Regierung hatte angekündigt, für die Impfung von insgesamt 650.000 Kindern mit der WHO vereinbarte Kampfpausen einzuhalten – jedoch nur in „ausgewiesenen Gebieten“ für jeweils „wenige Stunden“.

Hinweis: Nachdem Histadrut den Generalstreik tatsächlich ankündigte, haben wir die entsprechende Stelle im Text aktualisiert. Außerdem haben wir einen Fehler in einem Zitat korrigiert.

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24 Kommentare

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  • Solange keine internationale Untersuchung stattgefunden hat, kann man, wenn man das übliche Verhalten der IDF mit einbezieht, nicht sagen, wer die israelischen Geiseln ermordet hat. Sollte es aber die Hamas, was am wahrscheinlichsten ist, gewesen sein, dann sind die Demonstrationen total verfehlt, die Demonstranten sollten dann gegen die Hamas demonstrieren.

    • @Manfred Peter:

      Solche Meinungen liest man hier oft: "Um den Krieg zu beenden, muss die Hamas einfach nur die Waffen niederlegen."



      Oder Ihr: "Man sollte gegen die Hamas demonstrieren, schließlich hat sie die Geiseln ermordet."

      Aus meiner Sicht ist das unglaublich naiv.

      Die Hamas wird sich weder von Demonstrationen beeindrucken lassen noch einfach so die Waffen niederlegen.

      Netanjahu hat für den Krieg zwei Ziele ausgegeben:

      1. Befreiung der Geiseln.

      2. Zerschlagung der Hamas.

      Das Problem ist offensichtlich, dass beide Ziele miteinander im Konflikt stehen.

      Wie sind bisher die meisten Geiseln freigekommen? Durch Verhandlungen.

      Man kann also die Geiseln befreien, muss dann aber mit der Hamas verhandeln und kann sie demnach - zunächst - nicht zerschlagen.

      Offensichtlich hat Netanjahu - dessen eigennützige Motive wir hier mal Außen vor lassen wollen - sich dazu entschlossen, dass das zweite Kriegsziel wichtiger ist. Er ist also bereit, die Geiseln zu opfern und die palästinensische Zivilbevölkerung maximal leiden zu lassen.

      Würde man die Geiseln wirklich retten wollen, müsste man der Hamas etwas anbieten, was diese unbedingt will.

  • Eindeutig zu kurz gekommen im Bericht:



    Die Bergung der Leichen von sechs Geiseln, die von der Hamas im Gazastreifen festgehalten wurden hat landesweit für Empörung gesorgt, Zehntausende Menschen in ganz Israel haben demonstriert. Die Demonstranten - viele von ihnen mit israelischen Flaggen - strömten nach Tel Aviv, Jerusalem und in andere Städte und warfen Premierminister Benjamin Netanjahu und seiner Regierung vor, nicht genug zu tun, um eine Einigung über die Freilassung der übrigen Geiseln zu erzielen, die die Hamas während der Angriffe vom 7. Oktober entführt hatte. Die Proteste am Sonntag verliefen weitgehend friedlich, doch durchbrachen die Demonstranten die Polizeiketten und blockierten eine Hauptverkehrsstraße in Tel Aviv. Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, zu dem die größte israelische Gewerkschaft Histadrut für Montag zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen hat, um eine Einigung über die Geiseln zu erreichen.



    An den Demonstrationen am Sonntag nahmen Menschen aus allen Teilen der israelischen Gesellschaft teil, einig, dass sie die Geiseln zurückhaben wollen.



    www.bbc.com/news/articles/cze5x793569o

  • Die Palästinenser sind anscheinend immer noch nicht der Meinung, dass sie verloren haben. Also geht es weiter.

    • @Kurt Kraus:

      "Die Palästinenser" verlieren jeden Tag, an dem Israels Landraub nicht gestoppt und rückgängig gemacht wird. Das Netanjahu-Regime, aber auch seine Vorgänger, haben so konsequent daran gearbeitet, den Palästinensern jegliche Zukunft und Perspektive zu nehmen, daß die extremistischen Gruppen kein Problem haben, zu rekrutieren, weil in den Köpfen vieler Palästinenser der bewaffnete Widerstand die einzige verbleibende Option ist - neben der Auswanderung, was aber auch bedeuten würde, daß Israel mit seinen Verbrechen endgültig Erfolg hätte.



      Das sind die Grundlagen, auf denen Hamas und Co gedeihen.

    • @Kurt Kraus:

      Das Denken in Kategorien von Gewinnern und Verlierern, wird der Komplexität dieses Konfliktes, glaube ich, nicht gerecht. In Israel und in der gesamten Region gibt es, wenn man sich überhaupt an solche Kategorien halten will, nur Verlierer der Eskalation. Wenn eine der Konfliktparteien meint, bei der aktuellen Dynamik gewinnen zu können, wird die Geschichte sie wahrscheinlich eines Besseren belehren. Es wird erst Gewinner geben können, wenn die Konfliktparteien endlich das Völkerrecht vollumfänglich anerkennen und sich gegenseitig die Grundrechte zugestehen und auch in Wort und Tat umsetzen.

      • @Erni:

        Die Israelis haben für ihre Siege immer einen in unseren Augen hohen Preis bezahlt. Sie sind aber im Vergleich zu den Palästinensern wesentlich besser dran, also haben sie weniger Interesse, etwas zu ändern. Es sind die Palästinenser, die vom Endsieg träumen, nach jeder Niederlage wieder. Also müssen die Palästinenser sich ändern. Gerecht? Wahrscheinlich nicht. Aber die Realität. Die Realität ist auch, dass in der gesamten arabischen Welt, auch nach dem arabischen Frühling, niemand an der Macht ist, neben dem nicht selbst ein Nethanyahu sympathischer wirkt.

        • @Kurt Kraus:

          Den Palästinensern wurde ihr Land genommen, vertrieben verstehen Sie das nicht? Sie träumen nicht vom Endsieg sondern von Gerechtigkeit, davon nicht mehr unter israelischer Besatzung zu leben!



          Um ihr eigenes Land zu haben, haben die jüdischen Einwanderer anderen ihr Land genommen und staatenlos gemacht. Also, wer muss sich hier ändern?

  • Entführt, 11 Monate als Geiseln gehalten, ermordet. Von der Hamas.

  • Bisher hat die Hamas jeden Vorschlag von Vermittlern, dem Israel zugestimmt hatte, abgelehnt. Es ist völlig unklar, ob Israel durch weitere Zugeständnisse ein Abkommen mit der Hamas und die Freilassung der Geiseln erreicht hätte oder nicht.

    Und: Die IDF haben versucht, die Geiseln zu finden und zu befreien. Die Hamas-Terroristen, die die Geiseln bewacht haben, sind geflohen und haben kurz zuvor noch die Geiseln ermordet. Niemand hat sie dazu gezwungen. Für die Ermordung der Geiseln ist die Hamas verantwortlich, nicht die israelische Regierung.

    • @Budzylein:

      Bisher hat das Netanjahu-Regime jeden möglichen Deal durch zusätzliche Forderungen sabotiert. Eine Rettung der Geiseln wäre wahrscheinlich möglich gewesen, aber für Netanjahus Feldzug gegen die Palästinenser wäre das schlecht. Da sind tote Geiseln besser geeignet, das Regime droht jetzt auch wieder mit Vergeltung ( www.n-tv.de/politi...ticle25198157.html ), und das wird wieder auch gegen die Zivilbevölkerung gehen. Netanjahu trägt ohne jeden Zweifel die Verantwortung für den Tod dieser 6 Menschen.

      • @HaMei:

        ....und für den Tod von zigtausenden Palästinensern und Palästinenserinnen. Die Regierung Netanyahu, lässt sich von den Hamas-Terroristen am Nasenring durch die Manege ziehen und handelt genauso wie es die Islamistischen Schlächter von ihm erwarten. Wer immernoch nicht begriffen hat, dass hier beide Seiten immer weiter an der Gewaltspirale drehen, hat nichts begriffen.

  • "Die Geiseln sollen laut der Nachrichtenseite Ynet News am Freitag oder Samstag getötet worden sein, laut Autopsie durch Kopfschüsse."

    Meiner Meinung nach ist es mehr als niederträchtig, der israelischen Regierung die Schuld für die Toten zu geben und nicht deren mutmaßlichen Mördern bzw. der gegnerischen Kriegspartei.

    "Die Mehrzahl der Minister stimmte dabei für die Position Netanjahus, das israelische Militär nicht von der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten abzuziehen."

    Aus meiner Sicht ist das richtig, weil der Krieg noch länger dauern bzw. ein neuer Krieg zeitnah erneut ausbrechen wird, wenn der Waffennachschub für die Gaza-Hamas-palästinensische Kriegspartei nicht unterbunden wird. (Ich weiß, dass sich viele wünschen, dass die jüdische/israelische Seite keine Waffen mehr erhält, aber das würde die Vernichtung Israels und jeglichen jüdischen Lebens in der Region und vielleicht weltweit bedeuten, wovon im umgekehrten Fall nicht auszugehen ist. Siehe beispielsweise die erlaubten Polio-Impfungen u.v.m..)

    • @*Sabine*:

      Volle Zustimmung. Ich bin auch immer wieder entsetzt wie die Hamas bei der Frage nach der Verantwortungszurechnung komplett ausgeklammert wird.

  • Hersh, Carmel, Eden und die anderen – sie alle sind nun auf Eden angekommen.

    Ihr Tod soll jedoch nicht umsonst gewesen sein.

    Vielleicht ist dies der finale Anstoß, endlich eine demokratische binationalen Föderation im Nahen Osten zu errichten, in der Israelis und Palästinenser ein gemeinsames 'Wir' bilden und friedlich zusammenleben können. Gemeinsam könnten sie den Dialog und die Liebe teilen - so wie es in der kosmopolitischen Stadt Haifa bereits gelebt & gefühlt wird.

    • @Miles Parker:

      Eine "binationale Nation" nach dem ganzen Hass?



      Außerdem würde es das Ende des einzigen jüdischen souveränen Staates bedeuten. Ein Ort, immer bedroht, aber doch mit selbstbestimmtem Leben, nicht abhängig von der Gnade einer nichtjüdischen Mehrheitsbevölkerung. Die Tatsache, dass es in Haifa "kosmopolitisch" zugeht hat auch damit zu tun, dass die Stadt in einem demokratischen Land liegt...



      Ich hoffe, dass die Netanjahu-Regierung (nicht - regime!) bald Geschichte ist und der Krieg endet, bevor alle Geiseln tot sind.

      • @Kai Ayadi:

        Eine binationale demokratische Föderation würde die israelische Souveränität weiterhin gewährleisten, ähnlich wie die bayrische Souveränität innerhalb der Bundesrepublik Deutschland gesichert ist. Gleichzeitig würde eine föderale Demokratie die Minderheiten vor der Willkür der Mehrheit schützen.

        Allerdings beruht dieser Vorschlag auf einer wesentlichen Grundannahme: dem radikalen Universalismus.

  • Der Tod dieser Menschen ist direkte Folge der Ermordung dieser Menschen - durch die Hamas.

    • @Nafets Rehcsif:

      Das ist garnicht so klar. Die Hamas hat sich bislang nicht dazu geäußert — The Guardian schreibt dazu folgendes: “An unnamed Hamas official was quoted by Agence France-Presse as saying the hostages had been “killed by the [Israeli] occupation’s fire and bombing”

      • @elma:

        Die Hamas mordet und hinterher war sie es nicht. Na klar. Genau dasselbe am 7. Oktober: erst das Massaker feiern, die Bilder und Videos dazu selbst ins Netz stellen und dann sagen, sie waren es nicht. - Wie verblendet muss man eigentlich sein, um darauf immernoch hereinzufallen???

        • @micca:

          Genauso wie das Israelische Militär.



          Ich möchte daran erinnern das es erwiesen ist das jene einen World kitchen Konvoi angegriffen hat. Am Anfang hieß es: Waren wir nicht. Dann hieß es da war ein Terrorist dabei.



          Beides wieder legt.



          Und von der einen Reporterin welche in der anderen Richtung wie die Krawallmacher stand welche ebenfalls (nach Analyse von Amerikanischen Experten) ebenfalls erschossen wurde will ich gar nicht erst anfangen.



          Nein die Wahrheit ist auf beiden Seiten schon längst auf der Strecke geblieben.

  • „Netanjahu und sein Kabinett des Todes haben entschieden, die Geiseln nicht zu retten.“



    So ist es. Netanjahu braucht den Konflikt. Nur so kann er derzeit politisch überleben. Eigentlich erbärmlich und vor allem spielt er mit dem Leben der Geiseln.

    • @Ernie:

      Erbärmlich ist es meiner Meinung nach, wehr- und hilflose Menschen durch Kopfschüsse zu töten.

      Desweiteren bin ich der Ansicht, dass die gegnerische Kriegspartei nicht nur mit dem Leben der Geiseln, sondern auch mit den (weiblichen?) Geiseln "spielt".

      • @*Sabine*:

        Es sind viel mehr unschuldige Palästinenser durch den IDF und durch bewaffnete Siedler ums Leben gekommen als Israelis, erbärmlich, ja, stimmt.