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Letzte Generation trifft Airport-VerbandGespräche statt Blockaden

Die Letzte Generation und der Flughafenverband ADV wollen sich zum Austausch treffen. Das Gesprächsangebot reicht den Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen nicht.

„Kriminelle Erpressung“?: Eine Aktivistin der Letzten Generation sitzt neben einem kleinen Flugzeug auf dem Flughafen auf Sylt Foto: Lea Sarah Albert/dpa

Berlin taz | Die Letzte Generation will mit Ver­tre­te­r*in­nen des Flughafenverbands ADV sprechen. Die Klimaaktivist*innen, die zuvor mit Flughafenblockaden für Schlagzeilen gesorgt hatten, haben ein Gesprächsangebot des ADV angenommen. Ein Treffen war ursprünglich für diese Woche geplant, ein konkreter Termin stehe aber noch nicht fest, sagte eine ADV-Sprecherin auf Anfrage der taz.

Offenbar gibt es auch inhaltlichen Klärungsbedarf: Der Letzten Generation geht das Gesprächsangebot des ADV nicht weit genug. Die Gruppe hatte den Branchenverband vergangene Woche aufgefordert, es um konkrete Punkte zu ergänzen, „um effektive und zielführende Gespräche zu ermöglichen, die der Klimakatastrophe und den Herausforderungen, vor denen die Flugindustrie steht, angemessen sind“, erläuterte die Gruppe in einer Erklärung.

Man sei auf Debatten sowohl über wirksames gesellschaftliches Engagement als auch über den notwendigen Um- und Rückbau der Luftfahrtbranche vorbereitet, teilten die Ak­ti­vis­t*in­nen der taz mit. An dem Gespräch sollen auch „renommierte Experten auf dem Gebiet der Flugindustrie“ beratend teilnehmen, kündigte die Gruppe an.

„Kriminelle Erpressung“

ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel hatte die Flughafenblockaden der Letzten Generation zuvor als „kriminelle Erpressung“ bezeichnet. Eine Nachfrage der taz, warum er sich nun mit Ver­tre­te­r*in­nen der Gruppe an einen Tisch setzen will, ließ der Verband unbeantwortet.

Die ADV-Pressestelle teilte jedoch mit, dass der Flughafenverband „das strafbare Handeln der Letzten Generation mit deutlichen Worten verurteilen“ werde. Die Flughäfen würden außerdem darlegen, dass sie der falsche Ort für Proteste seien, da sie eine ambitionierte Agenda zur Klimaneutralität verfolgten. Kri­mi­nelle Blo­cka­den von Flug­hä­fen trügen nicht zur Lösung bei.

Für die Letzte Generation hingegen ist die Flugindustrie auf lange Sicht nicht klimaverträglich. „Selbst wenn der Flugverkehr bis auf unvermeidbare Flüge herunterreguliert wäre, müssen wir als Gesellschaft die Last der Rest-Emissionen noch Jahrzehnte schultern“, kritisierte Letzte-Generation-Sprecher Christian Bergemann. „Leere Versprechungen von klimaneutralem Fliegen bringen uns in der Debatte nicht voran.“

Im Gespräch mit der ADV erhoffe sich die Gruppe „vor allem Ehrlichkeit darüber, dass die Flugindustrie in ihrer jetzigen Form nicht fortbestehen kann – und über die Verantwortung, die die einzelnen Industriezweige tragen“, so Bergemann.

Die Letzte Generation fordert die Bundesregierung auf, sich für einen weltweiten Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle bis 2030 einzusetzen. In den vergangenen Monaten hatten die Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen immer wieder mit Protestaktionen an Flughäfen auf sich aufmerksam gemacht, zuletzt Mitte August an den vier Flughäfen Berlin, Köln/Bonn, Nürnberg und Stuttgart. Die Bundesregierung plant, wegen der Störaktionen das Luftsicherheitsgesetz zu verschärfen.

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10 Kommentare

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  • Der ADV ist ja nur ein Rädchen in der gesamten Luftfahrtbranche. Er hat eine gesamtwirtschaftliche Verpflichtung den Luftfahrtgesellschaften Start- und Landeplätze zur Verfügung zu stellen. Rein rechtlich hätte ein Flughafen gar nicht das Recht sich, außer aus Sicherheitsgründen, einzuschränken und Starts- bzw. Landungen zu verweigern. Ich bin mir noch nicht sicher ob die Forderung einiger Klimaaktivisten nach einem "Rückbau des Luftverkehrs" dumm/naiv oder arrogant ist. Insofern ist der Standpunkt des Repräsentanten des AVDs verständlich, wenn er auf die rechtlichen Randbedingungen hinweist.

    • @maxwaldo:

      Der ADV ist ein Interessenverband, i.e. Verein, von Flughäfen, kein Rädchen im Getriebe. Als Fachverband entwickelt er fachliche Antworten auf Fragen, und das auf wissenschaftlicher Basis. Er soll die Fortentwicklung der zivilen Luftfahrt mitbegleiten und koordiniert sie teilweise auch. Die Erarbeitung von ausgewogenen Regeln für Umweltschutz in der Luftfahrt ist eine der zentralen Aufgaben.

      Der ADV ist ein zentraler Akteur für die Frage, wie eine umweltverträgliche Luftfahrt in Zukunft auszusehen hat. Ich erwarte produktive Zusammenarbeit, denn diese Frage gehört zu den anspruchsvollsten der menschlichen Gegenwart. Man kann sich nichtmehr auf die Position zurückziehen, wo der Andere schlicht kriminell sei.

      Man sieht, wie noch immer nicht das Gewicht dieser Fragen in das Denkvermögen mancher Akteure durchgedrungen ist. Manchen schlichten Gemütern genügt immer noch die blanke Beurteilung nach Gewinn und Verlust. Unangemessen.

      • @THu:

        Letztendlich entscheidet der Passagier ob und wie oft er nach Malle, Thailand oder zur Besprechung nach London oder Mailand fliegen will. Oder auch wieviele Kiwis aus Neuseeland in deutsche Supermärkte eingeflogen werden. Der ADV ist ein Repräsentant einiger Dienstleister der Luftfahrtbranche. Er vereint die Interessen derer, die dazu beitragen, dass og. Dienstleistung erbracht werden kann. Wenn die durch ihn vertretenen Dienstleister ihre Aufgabe nicht erfüllen weicht der Kunde aus. (siehe andere Kommentare). So funktioniert Marktwirtschaft. Aber das ist hier ja ein Randthema. Es geht doch um die Willensbildung in einer Demokratie, ganz einfach wie, Demokratie funktioniert. Ich habe den Eindruck, dass hier noch viel mehr Nachholbedarf bei den Beteiligten herrscht. Ändern werden die Klimakleber nichts am Flugverhalten der Deutschen. Vielmehr bringen sie die gesamte Klimabewegung in Misskredit. Man wird genau das Gegenteil erreichen. Es sind keine Helden, nein es sind Kriminelle, wie die Gerichte feststellen.



        Der Flugverkehr verursacht ca. 3,5% des weltweiten CO2 Ausstosses. Der grösste deutsche Flughafen FRA hat liegt weltweit an 18. Stelle, halb so gross wie Atlanta. Ohne die gena

        • @maxwaldo:

          Haben Sie mal die Vereinsziele des ADV gelesen? Sie phantasieren hübsch daran vorbei.



          .



          Auch die Deutung von Marktwirtschaft ist in sich geschlossen. Da passt kein Blatt Papier mehr dazwischen.

  • 10% E-Fuels ab 2025 und 100% bis 2030!

  • Na hoffentlich kann ich noch zu meinem Herbsturlaub in Thailand aufbrechen. Sonst müsste ich von Tschechien oder Österreich aus losfliegen.

  • Der Flughafenverband als Wachstumsbranche wird sicher nicht auf die Maximalforderung eingehen und bis in fünf Jahren (!) den Flugverkehr in D einstellen.



    Und alles andere (effiziente Triebwerke, Emissionskompensation etc) wird als greenwashing von der LG zurückgewiesen.



    Und die LG wird sich Aktionen vorbehalten.



    Gespräch erledigt, ohne jede Reisetätigkeit.

  • So ein Gespräch ist wegen entgegengesetzter Interessen zum Scheitern verurteilt.

    Hinzu kommt, dass die Verband-Mitarbeiter gar nicht anders können, als "offizielle" Positionen zu vertreten. Es wäre etwas anderes, wenn man mit echten Unternehmer*n sprechen würde, die zu einer Abwägung zwischen kommerziellen Aspekten und "privaten Interessen" als verantwortungsvolle Mitbürger in der Lage wären. Doch auch könnten infolge des Wettbewerbs nicht viel bewegen. Wäre beispielsweise Ryanair im Alleinbesitz des Gründers, und würde dieser zu einem Umlenken überzeugt werden, würden sofort andere in die Marktlücke vordringen. Unternehmer in der Luftfahrbranche werden aber bestimmt nicht diejenigen mit hoher Klimasensibilität, und Lobbyist erst recht nicht.

    Am Ende kommt es darauf an, den Gesetzgeber zu Änderungen zu bringen.

  • Was verspricht sich der Flughafenverband von so einem Treffen?

    Was soll da mit Klimaaktivist*innen besprochen werden, die den "Rückbau der Luftfahrtbranche" fordern?

    • @gyakusou:

      Wenn ich der Flughafenverband wäre würde ich darüber reden wollen ob man Übereinkünfte über den Modus Operandi treffen kan n. Also ob bestimmte Rollbahnen oder bestimmte Zeiten tabu sein sollen. Ob man Signale ausmachen kann damit nicht jedesmal das volle Antiterrorprogramm aktiviert werden muss. Wie sich die Aktivisten verhalten müssen um die Sicherheit nicht zu gefährden. usw. usf.