Transparenz bei Lebensmittelpreisen: Wissen, wie viel das Essen kostet

Verbraucherzentralen wollen Lebensmittelpreise beobachten, um ungerechtfertigten Preiserhöhungen auf die Spur zu kommen. Frankreich ist schon Vorbild.

Wie die Schiebetür: Lebensmittelpreise sollten transparent sein, sagt der vzbv Foto: Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/imago

BERLIN taz | Weniger in der Packung bei gleichem Preis oder billige Rohstoffe auf der Zutatenliste: Das sind Erfahrungen, die Kunden im Supermarkt in den letzten Jahren immer wieder machten. „Die Verbraucherzentralen haben im vergangenen Jahr so viele Mogelpackungen gefunden wie nie zuvor“, stellt Ramona Pop, Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) fest.

Neben solch verdeckten Preiserhöhungen gab es reihenweise offene Steigerungen, abgekoppelt von der allgemeinen Teuerung. 2023 stiegen die allgemeinen Lebenshaltungskosten um 5,9 Prozent, während Verbraucher für Lebensmittel 12,4 Prozent mehr ausgeben mussten.

Warum das so ist, scheint niemand genau zu wissen. „Lebensmittelpreise sind eine Blackbox“, sagt Pop. Um das zu ändern, plädiert der vzbv für eine unabhängige Transparenzstelle, die die Kosten aller an der Erzeugung, der Verarbeitung und am Vertrieb beteiligten Akteure offenlegt. So sollen ungerechtfertigte Preiserhöhungen schneller auffallen.

In anderen Ländern gibt es das bereits, etwa in Frankreich. Aus dem Bericht der dort zuständigen Stelle an das Parlament geht zum Beispiel hervor, dass von einem Liter H-Milch zum Ladenpreis von 88 Cent 24 Cent beim Bauern, 36 Cent bei den Verarbeitern und 23 Cent beim Handel landen. Dazu kommt noch die Mehrwertsteuer.

„Verbraucher vor zu hohen Preisen schützen“

„Eine Preisbeobachtungsstelle kann unfaire Praktiken aufdecken und so Verbraucher vor zu hohen Preisen an der Ladentheke schützen“, hofft Pop. Laut Pop geben die Deutschen im Durchschnitt zwar nur 11 Prozent ihres Budgets für Nahrungsmittel aus. Doch bei Geringverdienern mit weniger als 1.300 Euro im Monat verschlingt der Einkauf fast ein Viertel des Einkommens.

Ob die Umsetzung des vzbv-Vorschlags möglich ist, hat der Verband von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) untersuchen lassen. Das Ergebnis wurde nun vorgestellt: Eine Beobachtung der Preisentwicklung entlang der gesamten Wertschöpfungskette bei Lebensmitteln ist demnach umsetzbar.

Langer Weg zum Verbraucherpreis Infografik: AMI nach OFPM (Observatoire de la formation des prix et des marges des produits alimentaires)

AMI-Studienautor Hans-Christoph Behr zeigt am Preis für ein Kilogramm Tomaten in Deutschland 2019, wie er transparent dargestellt werden kann. Die Verbraucher zahlten 2,59 Euro. 17 Cent davon kassierte das Finanzamt an Mehrwertsteuer. Zwei Euro bezahlte der Händler beim Einkauf. Das machte eine Bruttomarge von 42 Cent für den Supermarkt. Der Anbieter der Tomaten wiederum erwarb die Rohware für 1,17 Euro beim Erzeuger. Abzüglich seiner Kosten blieben 18 Cent als Marge übrig. Bei den Landwirten am Anfang der Kette kam ein Plus von 16 Cent heraus. Der Rest ging für den Anbau, die Ernte oder die Heizenergie drauf.

EU beobachtet Lebensmittelpreise

Viele für die Preiszusammensetzung benötigte Daten liegen schon vor. Die Europäische Kommission hat im April 2024 das „Agriculture and Food Chain Observatory“ (AFCO) gegründet, das die Preise EU-weit beobachten soll. Der vzbv will, dass sich Deutschland in Brüssel für einheitliche Berichtspflichten in den Mitgliedstaaten einsetzt.

Die Bundesregierung solle die Transparenzstelle bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ansiedeln, die dem Bundeslandwirtschaftsministerium unterstellt ist. Die Ergebnisse der Marktbeobachtung soll das BLE einmal jährlich in einem Bericht an den Bundestag zusammenfassen. Allerdings gab der Bund bisher keine entsprechenden Pläne bekannt.

Laut Pop könnten die Datenlücken bei Preisen und Kosten durch Meldeverordnungen geschlossen werden. Ein Ziel sei auch die Kooperation mit land- und ernährungswirtschaftlichen Organisationen, um vorhandene Daten nutzbar zu machen.

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